Wenn Sie ans Grillieren am Waldrand denken, an was denken Sie? Gäbe es keine Würste, wäre Ihnen das wurst? Erinnern Sie sich noch, als 2008 mangels Därmen aus Brasilien das Aus der Nationalwurst Cervelat drohte? Die Wurst wurde gar zum Politikum. Wurst ist eben auch Heimat. Die Wurst ist Teil unserer Kultur.
Die Geschichte der Wurst
Die Wurst hat bekanntlich zwei Enden, doch wo liegt ihr Anfang? Die ältesten bekannten Innschriften zur Wurst sind 7000 Jahre alt und stammen aus Ägypten. Auch Odysseus und seine Mannen stärkten sich auf ihrer Irrfahrt mit Würsten. «Hier sind Ziegenmagen, mit Fett und Blute gefüllet», steht im 18. Gesang von Homers Epos geschrieben.
Die Wurst sei die älteste Art, ein Lebensmittel haltbar zu machen, erklärt Autor Fritz von Gunten. Er beschäftigt sich seit Jahren mit der Wurst als Kulturgut und hat dazu auch ein Buch publiziert.
Die Wurst war die erste Erfindung im Kampf gegen Foodwaste.
Würste ass man auch in der Schweiz. Bereits im Mittelalter gab es ein reichhaltiges Sortiment. Allerdings war das Wursten gemäss zünftigem Recht ein Privileg der Bräter. Eine richtige Renaissance des Wurstens erlebte die Schweiz 1874. Die Gewerbefreiheit wurde in der Bundesverfassung verankert. Die Metzger wurden von der Zunftpflicht befreit und konnten loswursten.
Jedem seine Extrawurst
2019 gingen laut der Branchenorganisation Proviande 42'581 Tonnen Wurstwaren über den Ladentisch. Das sind knapp fünf Kilogramm Wurst pro Einwohner. Wieviele Würste zusätzlich in der Gastronomie verspiesen wurden, ist nicht erhoben.
In der Schweiz gibt es mit mindestens 400 Wurstsorten eine grosse Wurstdichte. Cervelat, Bratwurst und Mini-Pic isst man im ganzen Land. Doch jede Region hat auch ihre eigenen Wurstspezialitäten: In Bern isst man Zungenwurst, die St. Galler verehren ihre Bratwurst und die Beinwurst gibt es nur in Graubünden. Letztere widerlegt übrigens die berühmte Redewendung, denn sie hat kein Ende. Sie ist eher ein Klumpen.
Die Wurst ist ein Spiegelbild unserer Vielfalt, des Schweizer Föderalismus. Jeder hat seine Extrawurst.
Würste sind regionale Spezialitäten. Fritz von Gunten sprach in allen Kantonen mit Metzgern, Historikern und Touristikern, auf der Suche nach Wurstgeschichten und Wurstbräuchen.
Das Waadtland zum Beispiel soll seine berühmte «Saucisse aux choux» dem deutschen Kaiser Karl dem Dicken zu verdanken haben. Der Monarch habe bei einem Aufenthalt in Orbe (VD) so viel gegessen, dass das Fleisch knapp wurde. Deshalb sei ein Bürger der Stadt auf die Idee gekommen, das Wurstfleisch mit Weisskohl zu strecken.
Die Wurst als Symbol
Die Wurst habe auch die kirchenpolitische Landschaft unseres Landes mitgeprägt, erzählt von Gunten, während der Reformation. In der vorösterlichen Fastenzeit, in welcher der Fleischkonsum eigentlich untersagt war, wurde die Wurst zum provozierenden Symbol. Kein geringerer als Huldrich Zwingli habe in Zürich das bewusste Wurstessen und Fastenbrechen gutgeheissen, als Zeichen der Auflehnung gegen die Obrigkeit.
Die Wurst war ein Symbol für die Auflehnung gegen die Obrigkeit.
Die Wurst ist also weit mehr als Nahrung. Es gebe nichts besseres als eine handfeste Wurst, um bei Anlässen mit Anderen ins Gespräch zu kommen und um etwas über Land und Leute zu erfahren. Die Wurst sei ein Stück vom Volk, meint von Gunten. Vielleicht auch darum finden wir die Wurst auch so oft in unserer Alltagssprache wieder. Ist das Ihnen eigentlich Wurst? Dann lesen Sie nicht weiter.
Redewendungen
- Legende: Colourbox
Es geht um die Wurst
Es geht um die Entscheidung. Eine Ableitung, die vermutlich von volkstümlichen Wettkämpfen kommt, bei denen der Sieger eine Wurst erhielt.
- Legende: imago images / Steinach
Beleidigte Leberwurst
Jemand, der vor lauter Beleidigtsein wie eine Wurst zugebunden, sprich zugeknöpft, ist.
- Legende: imago images / Steinach
Hanswurst
Hofnarr, Dummkopf, Lückenbüsser. «Hanswurst» ist eine bekannte, im 16. Jahrhundert belegte, norddeutsche Schelte eines unbeholfenen Dicken, dessen Gestalt einer Wurst gleicht.
- Legende: Colourbox
Wurst wider Wurst
Gleiches mit Gleichem vergelten. Wie du mir, so ich dir. Die Redensart kommt von der alten Sitte, sich beim Schweineschlachten gegenseitig mit Wurst zu beschenken.
- Legende: Colourbox
Jemand ist ein Würstchen
Oder auf italienisch «sei un salame». Gutmütig über eine schwächliche Person spotten. Despektierlich ist auch das französische «Elle est un boudin» (Blutwurst) für eine Person, die sehr beleibt und eher kleinwüchsig ist.
- Legende: Colourbox
Alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei
Jedes Ding hat zwei Seiten. Jede Medaille hat eine Vor- und eine Rückseite. Und ein bekannter Schlagerhit aus dem Jahre 1987 von Stephan Remmler.
- Legende: Reuters
Extrawurst
Eine Sonderbehandlung, eine Ausnahmebehandlung beanspruchen. Einen eigenen, speziellen Weg einschlagen.
- Legende: Reuters / LaszloBalogh
Verwursteln
Durcheinander bringen. In Unordnung bringen. Unauffindbar machen.
- Legende: Colourbox
Es ist mir wurst
Es ist mir egal. Weil eine Wurst zwei Enden hat, an der man sie anschneiden kann, ist es «wurst» wo man anfängt. Auch: «Schnuppewurst».
- Legende: Colourbox
Cervelat-Prominenz
Abwertende Bezeichnung für weniger wichtig einzustufende Schweizer Lokalberühmtheiten.
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