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Louis van Gaal und die Schwalbe von Arjen Robben gegen Mexiko.
Legende: Erfolg um jeden Preis: Die Niederländer gewinnen Spiele und verspielen Sympathien. Keystone (Bildmontage: SRF)
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Aktuell Auf einmal unsympathisch: Das Oranje-Team von Louis van Gaal

Ein Trainer mit Monster-Ego, ein fallsüchtiger Superstar und ein provozierender Penalty-Killer – selten war es für neutrale Fans so schwer, den Niederländern die Daumen zu drücken. Das schöne Spiel blitzt nur noch gelegentlich auf, für den Erfolg ist der Mannschaft inzwischen jedes Mittel recht.

Früher sammelten die Niederländer an Weltmeisterschaften fleissig Sympathiepunkte. Mit den lustigsten Fans und schönem Spiel sorgten sie für Spektakel und galten regelmässig als Mitfavorit, flogen aber immer ohne den Pokal nach Hause. Im Geiste Johan Cruyffs starb man stets in Schönheit. Das hat sich geändert. Die Fans sind zwar immer noch einzigartig, doch schon 2010 sah die Welt ein wild entschlossenes Team, das die meisten Gelben Karten sammelte, es bis in den Final schaffte und dort den grossen Favoriten Spanien an den Rand einer Niederlage brachte. Mit allen Mitteln. Voetbal Brutaal statt Voetbal Totaal.

Louis van Gaal: Siegertyp, nicht Sympathieträger

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Sammelt Titel, nicht Freunde: Louis van Gaal
aus Audio Aktuell SRF 3 vom 08.07.2014.
abspielen. Laufzeit 4 Sekunden.

Auch 2014 gibt es für viele Fans drei gute Gründe, gegen die Niederlande zu sein. Der erste sitzt auf der Bank. Ja, Louis van Gaal ist ein toller Trainer. Wo er ist, ist Erfolg. Mögen muss man ihn deshalb noch lange nicht. Wie ein General steht er am Spielfeldrand. Mit stechendem Blick und der Ausstrahlung eines Eisbergs. Er wirkt arrogant und lässt seine Gesprächspartner häufig spüren, was er von deren Meinung hält. Nämlich nichts. Weltmeister sein – das entspräche haargenau seinem Selbstverständnis. Wer gönnt ihm das?

Arjen Robben: Mal Überflieger, mal Schwalbenkönig

Der zweite Grund, weshalb der eine oder andere den Niederländern den Titel nicht gönnen würde, flitzt über den rechten Flügel. Ja, Arjen Robben ist ein genialer Spieler. Meistens. Seine Tempoläufe und Tore gehören in jeden Highlight-Zusammenschnitt der WM. Doch es gibt eben auch die andere Seite des Superstars. Wenn er bei der kleinsten Berührung abhebt und theatralisch auf den Rasen sinkt, wünscht man ihm nur einen weiteren Flug – den Heimflug.

Tim Krul: Penalty-Held und Fair Play-Versager

Der dritte Grund, gegen Holland zu sein, stand gerade mal zehn Minuten auf dem Platz. Ja, Tim Krul hat toll gehalten. Der Goalie kam zum Penaltyschiessen gegen Costa Rica ins Spiel, provozierte zunächst ungestört vom Schiedsrichter die gegnerischen Schützen und parierte dann zwei Versuche. Selten hat sich ein Spieler beim Grossteil der Fans schneller unsympathisch gemacht. Fair Play? Egal. Es zählt der Erfolg um jeden Preis, nach dem begeisternden Auftaktsieg gegen Spanien dieses Mal auch für die Niederländer. Womit das Team zu den Trendsettern der WM gehört.

Kein Turnier der grossen Künstler

Pragmatischer Power-Fussball ist angesagt. Die Brasilianer kämpfen sich mit Möbelpackern wie Hulk durchs Turnier und treffen nach Standards, die Argentinier spielen langweilig und hoffen auf Messi, die Deutschen haben sich vom leichtfüssigen Spiel der letzten Jahre verabschiedet. Künstler werden mit übertriebener Härte aus dem Verkehr gezogen. Noch ist Zeit, mal wieder ein paar spielerische Akzente zu setzen. Sonst bleibt nur die Frage: Wer tritt sich zum Titel?

Die Fairnesstabelle der Halbfinalisten

TeamBrasilienNiederlandeArgentinienDeutschland
Fouls96915457
Gelbe Karten10754

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