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Games Review: «Destiny»

Das neue Spiel von «Halo»-Macher Bungie ist einer der grössten Titel des Jahres, mit 500 Millionen Dollar Umsatz am ersten Tag bereits ein Kassenschlager. Die Kritiker sind allerdings etwas enttäuscht. Ich nicht: Ich finde «Destiny» grossartig.

Ich bin verwirrt. Nach einem gewaltigen Hype im Vorfeld fallen nun die Reviews von «Destiny» nur lauwarm aus. Die Kritiker reagieren so: ¯\_(ツ)_/¯. Ich verstehe nicht warum. Denn ich finde «Destiny» so: \(^▽^)/.

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Der Game-Tipp zu «Destiny» (SRF 3)
06:08 min
abspielen. Laufzeit 6 Minuten 8 Sekunden.

«Destiny» ist von Bungie, Link öffnet in einem neuen Fensterim Browser öffnen, dessen «Halo»-Serie ein Gigant der Game-Geschichte ist: über 50 Millionen mal verkauft, 3.4 Milliarden Dollar Umsatz. «Halo» hat fast im Alleingang die Xbox zu einem Erfolg gemacht. «Destiny» ist nun Bungies erster Titel nach «Halo», nicht mehr bei Microsoft, sondern bei Activision verlegt. Und Activision plant gleich mehrere Spiele und prahlt damit, für Entwicklung und Marketing der Serie unglaubliche 500 Millionen Dollar, Link öffnet in einem neuen Fensterim Browser öffnen einsetzen zu wollen.

Entsprechend hoch waren die Erwartungen an den Titel. Am ersten Verkaufstag spielte «Destiny» bereits 500 Millionen Dollar ein und ist damit laut Activision, Link öffnet in einem neuen Fensterim Browser öffnen der umsatzstärkste Start einer neuen Videospielmarke.

Die Kasse klingelt, aber die Kritiker maulen. Die wichtigsten Argumente sind diese zwei:

  • Die Geschichte sei seltsam, unverständlich, sinnfrei.
  • Die Missionen seien zu gleichförmig, zu repetitiv; nach einigen Stunden fange das Spiel an, sich wie Arbeit anzufühlen.
Ein Raumschiff landet bedrohlich.
Legende: Juhui! Der Glacé-Verkäufer kommt! Screenshot

Es fallen gar fiese Wortspiele, Link öffnet in einem neuen Fensterim Browser öffnen wie «World of Chorecraft» und Vernichtendes wie «role-playing grind in shooter form».

Es ist selten, dass mein Empfinden so diametral anders als das der Mehrheit der Kritiker ist. Gleich begründe ich, warum. Doch lasst mich zunächst «Destiny» beschreiben.

Der Reisende gegen die Dunkelheit

Die Geschichte dreht sich um den «Reisenden», eine riesige Kugel, die plötzlich über dem Mars auftauchte und den Menschen neue Technologie brachte. Worauf ein goldenes Zeitalter in Wohlstand, Fortschritt und Frieden anbrach und die Menschheit andere Planeten kolonisieren konnte. Doch der Reisende hat einen Feind. Die «Dunkelheit» jagt ihn – als sie ihn findet, vernichtet sie die Menschheit fast ganz. Wir sind die «Hüter» und kämpfen gegen die Dunkelheit mit verschiedenen ausserirdischen Fraktionen an ihrer Seite.

Das ist also ein Schiessspiel – und wie ich es von Bungie nicht anders erwarte, ist diese Grundmechanik absolut gelungen. Wie schon in «Halo» sind auch hier die Schauplätze meist breit, offen, Bewegung ist zentral. Wir rennen nicht durch schmale, unsichtbar beschränkte Korridore, wo Gegner nur von vorn kommen und wir hinter der immer gleichen Deckung kauern. Sondern wir bewegen uns frei über das Schlachtfeld, flankieren, springen hoch durch die Luft.

Auf einem Raumgleitertöff gegen Aliens kämpfen.
Legende: Töfflibuben FTW. Screenshot

Das tun wir auf Schauplätzen, die schlicht atemberaubend toll aussehen – in einem alten sowjetischen Kosmodrom auf der Erde, auf Mond, Mars oder Venus. Diese Anlage gefällt mir sehr gut: mystische Science Fiction, die aber nicht in der Ferne stattfindet, sondern hier.

Noch wichtiger ist allerdings, dass «Destiny» etwas schafft, das andere auch schon probiert haben, aber daran scheiterten (beispielsweise «Titanfall»): organisch Einzel- und Mehrspieler-Aktivitäten zu verbinden.

Alleine, mit anderen oder gegen andere kämpfen

So sind wir in «Destiny» immer online und spielen in einer Welt, in der wir immer wieder anderen Spielern über den Weg laufen. Das gibt uns das Gefühl, dass diese Welt auch ohne uns existiert, dass immer etwas passiert, auch wenn wir gerade nicht spielen.

Dabei wechseln wir nahtlos zwischen verschiedenen Spiel-Modi hin und her: Wir können die Geschichte verfolgen. Wir können einen bestimmten Sektor patrouillieren. Wir können uns einer Gruppe von Spielern anschliessen und einen besonders schwierigen Abschnitt gemeinsam bewältigen. Oder wir können uns in das Schlachtgetümmel des kompetitiven Multiplayer stürzen.

Public Event gegen einen Panzer.
Legende: Es ist im Fall sehr schwierig, mitten im Gefecht Screenshots zu machen. Screenshot

So sind wir beispielsweise auf einer Patrouille damit beschäftigt, ein Gebiet zu kartografieren. Plötzlich wird aus einem Raumschiff ein riesiger Panzer abgeworfen, ein sogenannter «Public Event». Alle Spieler, die gerade in der Gegend sind, bekommen das mit und kommen daher gerannt, und wir bekämpfen den Panzer ad hoc gemeinsam. Danach gehen alle wieder getrennte Wege.

Ob wir allein oder mit anderen kämpfen, geht also oft fliessend ineinander über, eine schlicht grossartige Innovation.

Klar abgetrennt ist dagegen der kompetitive Multiplayer, wo wir nicht mit, sondern gegen andere Spieler kämpfen. Der ist erbarmungslos hart, wie das auch in «Halo» war. Ich bin da vor allem Kanonenfutter. Dennoch gefielen mir die Maps: mal eng und hektisches Gemetzel, mal breit mit Kanonen-Töffs und Geschütztürmen zur strategischeren Gebietskontrolle.

Mein Erlebnis mit «Destiny» war bis jetzt also grossartig. Noch keineswegs übersättigt will ich noch viel mehr Zeit mit dem Spiel verbringen.

Doch nun zu den Argumenten der Kritiker.

Geschichte zu unklar? Nein!

Dass «Destiny» vorgeworfen wird, eine doofe Geschichte zu erzählen, verstehe ich nicht. Denn Bungie wendet die gleiche Erzählmethode wie auch schon in «Halo» an – und da wurde gerade die Geschichte immer hochgejubelt.

So ist auch in «Destiny» die Science Fiction nicht nur technologisch kalt, sondern mit mystisch kultischen Elementen angereichert, mit Priestern, Mönchen, Magiern und Kathedralen-ähnlichen Schauplätzen. Bungie lässt vieles offen und unklar, erzählt nur bruchstückhaft oder mittels Klischee-Schablonen.

Schwerkampf gegen einen Dunklen Prinzen.
Legende: Kein Spiel von Bungie ohne riesige Schwerter. Kompensiert da jemand etwas? Screenshot

Deswegen haben wir beim Spielen oft ein grosses Fragezeichen über dem Kopf. Doch das mag ich sehr: Bungie vertraut darauf, dass wir Details selber ergänzen, auf Websites nachlesen, diskutieren. Dass man uns nicht ständig bei der Hand nehmen muss.

Und so sind bereits tolle Theorien entstanden, Link öffnet in einem neuen Fensterim Browser öffnen, beispielsweise diese: Nicht wir sind die Guten, die gegen die Dunkelheit kämpfen; sondern der Reisende ist böse und hat uns so manipuliert, dass wir uns freudig für seinen Vernichtungskrieg gegen andere Ausserirdische instrumentalisieren lassen. Wir wären also die Dunkelheit! Ob das plausibel ist, kann man debattieren – klar ist aber, dass eine solche Theorie nur dank des offenen Erzählstils überhaupt entstehen kann. Ich sehe nicht ein, was daran schlecht sein soll.

Zu repetitiv? Nein!

Der Vorwurf der immer gleichen Missionen, die sich wie Arbeit anfühlen, wiegt schwerer. Doch auch den verstehe ich nicht.

Denn natürlich ist die Struktur jeder Mission die gleiche: Renne dort hin, erledige alle Gegner, wiederholen. Diese Mechanik kennt man aus Rollenspielen und dort wird sie oft kritisiert. Doch diese Kritik auf das Schiessspiel «Destiny» zu übertragen, ist nicht fair. Denn während ein Rollenspiel eine Geschichte zu erzählen versucht, geht es hier um das Ballern. Die Mission stellt nur den Kontext her; das Fleisch am Knochen ist das Schiessen selbst, dort entstehen Geschichten. Dank der breiten Schauplätze und der Bewegung der Gegner waren mir diese Kämpfe immer abwechslungsreich und vielfältig genug.

Das Portrait der Spielfigur
Legende: Meine Jägerin ist vor lauter Neid auf dein Loot ganz grün im Gesicht. Screenshot

Wie alle modernen Schiessspiele setzt auch «Destiny» auf «leveln»: Wir verbessern die Fähigkeiten unserer Spielfigur mit der Zeit und verstärken sie mit besserer Ausrüstung.

Zu Beginn des Spiels geht das schnell voran – später nimmt das Tempo des Fortschritts deutlich ab. Haben wir mit einer Figur Level 20 erreicht, können wir sie nur noch verstärken, wenn wir seltene Ausrüstungsgegenstände finden oder konstruieren.

Das bedeutet zwangsweise, dass wir viel Zeit investieren müssen, um ein bestimmtes Teil zu finden. Natürlich kann sich das nach einer Weile wie Arbeit anfühlen. Doch wer diesen Vorwurf an «Destiny» richtet, müsste das bei «Battlefield» oder «World of Warcraft» ebenso tun – auch da benötigt man viel (ich würde gar behaupten mehr) Zeit, seine Figur gut auszustatten. Hätte sich Bungie entschieden, den Zugang zu seltener Ausrüstung zu vereinfachen, hätten dieselben Leute wohl gejammert, das Spiel sei zu einfach oder es gebe nichts mehr zu tun.

Vor der Veröffentlichung gab es eine längere Betaphase. Activision weigerte sich, die Kritiker im Voraus mit einem Review-Exemplar auszustatten, mit dem Argument, nur wenn alle Server online seien, könne man das Spiel beurteilen. Deswegen nahmen wohl die meisten Kritiker an dieser Beta teil. Damit kamen sie im Gegensatz zu mir nicht frisch in das Spiel und haben sich vielleicht schlicht schon etwas überessen.

Ich würde es so sagen: Isst man so viel Chriesi-Gomfi, bis sie einem zu den Ohren herauskommt, ist die Chriesi-Gomfi selbst deswegen nicht plötzlich widerlich.

Liege ich falsch?

Ich finde «Destiny» gelungen. Ich renne gerne in dieser neuen Welt herum, ich kämpfe gerne darin. Die Schauplätze sind wunderschön anzusehen, die Kämpfe sind bewegungsreich und vielfältig. Der Fortschritt der Spielfigur trifft meinen Geschmack zwischen «fokussiert, nicht zu viele Optionen» und «genug Vielfalt» recht genau. Und kein Spiel zuvor hat Einzel- und Mehrspieler-Modi eines Shooters so elegant verwoben.

Deshalb verstehe ich die etwas enttäuschten Reaktionen nicht. Aber vielleicht liege ich falsch. Wer mag, klärt mich in den Kommentaren auf.

«Destiny» ist für Playstation 3 & 4 und Xbox 360 & One. Es ist ab 16. Das Haikiew ist hier.

Reibungsloser Start

Box aufklappen Box zuklappen

Ein Online-Spiel ist nur spielbar, wenn die Server laufen. Trotz des enormen Andrangs verlief der Start von «Destiny» reibungslos. Dass das nicht selbstverständlich ist, müssen beispielsweise «Battlefield»-Fans neiderfüllt bestätigen.

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