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Digital Virtuelle Realität: Teuer – aber toll!

Lange war sie bloss ein leeres Versprechen. Doch jetzt hält die virtuelle Realität tatsächlich Einzug in unsere Wohnzimmer. An Sonys Playstation Experience 2016 konnte sich SRF-Digital-Redaktor Jürg Tschirren eines der neuen VR-Geräte jetzt schon genauer ansehen.

2016 schickt sich an, das Jahr der virtuellen Realität zu werden. Mit der Oculus Rift, der HTC Vive und Sonys Playstation VR kommen in diesem Jahr drei lang erwartete Virtual-Reality-Brillen der Oberklasse in die Läden.

VR-Brillen im Überblick

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  • Oculus Rift: Wird schon ausgeliefert; kostet rund 800 Franken, braucht leistungsstarken Windows-PC
  • HTC Vive: Verkaufsstart im April, kostet rund 800 Franken, braucht leistungsstarken Windows-PC
  • Playstation VR: Kommt im Oktober, kostet rund 500 Franken, braucht Playstation 4

Den Anfang macht die Oculus Rift, von der die ersten Exemplare bereits ausgeliefert sind. Die HTC Vive soll in Kürze folgen und im Oktober schliesslich das Modell von Sony.

An der Playstation Experience 2016 in München konnte ich die VR-Brille für Sonys Playstation schon testen. Wie die Geräte der Konkurrenz sieht auch Sonys Modell aus wie eine etwas zu gross geratene Skibrille.

Dank individuell anpassbarer Kopfhalterung sitzt die Brille angenehm und ohne Druckpunkte am Kopf. Brillenträger haben genug Platz, um ihre Sehhilfe anzubehalten.

Die Games: Haie beissen zu...

Die für die Brille gemachten Games werden entweder mit einem Playstation-Gamepad gespielt oder mit Sonys Move-Controllern. Es gibt auch Spiele, die ganz ohne Eingabegerät auskommen. Im Unterwasser-Abenteuer «The Deep» werden wir in einem Tauchkäfig in die Tiefe gelassen und können uns unter Wasser umschauen. Egal wie wir den Kopf drehen – nach oben, unten, links oder rechts – überall ist Bild.

Wer zuvor noch nie eine Virtual-Reality-Brille getragen hat, kann allein durch dieses Erlebnis schon ziemlich aus dem Häuschen geraten. Und wird erschrocken zurückzucken, wenn plötzlich ein weisser Hai beginnt, den Tauchkäfig in Stücke zu beissen...

...und Controller machen das Erlebnis noch packender

Games, die per Move-Controller gesteuert werden, lassen noch tiefer in die virtuelle Realität eintauchen. Dort erkennt die Kamera der Playstation (die wie die Controller separat zur VR-Brille gekauft werden muss) die Position unserer Hände im Raum und kann sie in Echtzeit ins Spiel rechnen.

Ein Mann mit Virtual-Reality-Brille und Controllern mit leuchtenden Punkten in der Hand
Legende: Mit Controller macht es mehr Spass: Die Kamera der Playstation erkennt die Position der Hände im Raum und kann sie in Echtzeit ins Game rechnen. SRF

Im Mini-Shooter «The London Heist: Getaway» etwa greifen wir mit der linken Hand eine Uzi und schiessen auf unsere Verfolger. Wenn wir ausgeschossen sind, schnappen wir uns mit der rechten Hand ein neues Magazin und schieben es in die Maschinenpistole – genau so, wie man das als Gangster auf der Flucht machen würde.

Bei Games wie «Eve: Valkyre» oder «Battlezone», die wir per Gamepad steuern, fehlt dieses zusätzliche Element der Immersion. Doch auch bei diesen beiden Titeln bin ich nach ein paar Minuten so sehr ins Spiel eingetaucht, dass ich meine Umwelt ganz vergass. Zum Eindruck der Räumlichkeit trugen auch die Kopfhörer der Playstation VR einiges bei, die meine Ohren mit 3D-Audio beschallten.

Die Bilder: Von HD noch ein gutes Stück entfernt

Sowieso: Etwas vom Erstaunlichsten am Virtual-Reality-Erlebnis ist für mich immer wieder, wie schnell ich jeweils vollständig in die Spielwelt eintauchte. Dabei störte diesmal auch nicht, dass die Bilder der Playstation von High Definition noch ein gutes Stück entfernt sind.

Eine Frau mit Virtual-Reality-Brille.
Legende: Brille mit Kopfhalterung: Die Playstation VR ist angenehm zu tragen und bietet Brillenträgen genug Platz, ihre Sehhilfe anzubehalten. SRF

Wenn sich im Game einmal nicht viel bewegt oder eine einfarbige Fläche zu sehen ist, lässt sich leicht das Fliegengitter-Muster des Bildschirms ausmachen.

Um ein täuschend echtes Bild zu zeichnen, fehlt den VR-Maschinen heute noch die Rechenpower. Doch schon jetzt sind die Eindrücke der VR-Games so stark, dass es für mich trotz sichtbarer Pixel stets zu einem «Suspension of disbelief» kam.

Kurz: Die Unterhaltung war zu gut, als dass ich aus der Illusion des Games hätte flüchten wollen.

Die Technik: Flüssige Bilder...

Dass Sonys VR-Brille der Konkurrenz technisch etwas hinterherhinkt sollte deshalb nicht ausschlaggebend für den Verkaufserfolg sein. Während die Playstation VR eine Auflösung von 1920x1080 Pixel hat (also 960x1080 Pixel pro Auge), sind es bei der Oculus Rift und HTC Vive jeweils 2160x1200 Pixel.

Dafür bietet die Sony eine Bildwiederholfrequenz von bis zu 120 Hz. Rift und Vive können beide nur 90 Hz, was Bewegungen im Bild weniger flüssig aussehen lassen kann.

...und ein Gemeinschaftserlebnis

Zusätzlich zum eigentlichen Bild der Brille kann die Playstation VR ein zweites Bild an einen externen Monitor ausgeben. So können sich auch Mitspieler ohne VR-Ausrüstung am Game beteiligen. Der zweite Monitor zeigt eine andere Szene. Im Game «Ghost House» etwa sehen nur die Spieler ohne Brille, wo sich ein Geist befindet und lotsen den geisterjagenden VR-Brillenträger zu seinen Zielen. So wird Virtual Reality zum Gemeinschaftserlebnis.

Audio
Die Playstation VR im Selbstversuch (SRF4)
03:50 min
abspielen. Laufzeit 3 Minuten 50 Sekunden.

Im Gegensatz dazu sind Spieler mit Oculus Rift oder HTC Vive eher Einzelkämpfer. Allerdings mit mehr Bewegungsraum: Dank sogenanntem «Room scale VR» wird die Bewegung im Raum erfasst und die Spieler können selbst im Game herumgehen – bei der Vive immerhin auf einer Fläche von bis zu 25 Quadratmetern. Bei der Rift sind es etwas weniger. Bei der Brille von Sony muss der Spieler sitzen bleiben, der Playstation fehlen die nötigen Sensoren, um seine Position im Raum zu berechnen.

Virtual Reality ist nicht billig

Weil jedes der drei Geräte seine Vor- und Nachteile hat, lässt sich zu diesem Zeitpunkt kaum sagen, welches sich schliesslich durchsetzen wird. Gut möglich, dass jedes seine Nische findet und die VR-Welt segmentiert bleibt. Denkbar auch, dass sich für jede Brille unterschiedliche Anwendungsbereiche finden. Games für die eine, virtuelle Stadtrundgänge und Immobilien-Besichtigungen für die andere, Telekonferenzen mit VR-Avataren für die dritte.

Zwei Virtual-Reality-Brillen: Die Oculus Rift und die HTC Vive
Legende: So sieht die Konkurrenz aus: Oculus Rift (links) und HTC Vive. Beide Brillen kosten um die 800 Franken und brauchen leistungsstarke Windows-PCs. Produktbilder

Die Playstation VR jedenfalls gute Chancen, am Markt zu bestehen. Denn im Gegensatz zur Oculus Rift (hinter der Facebook steht) und der HTC Vive (eine Zusammenarbeit zwischen dem Handyhersteller HTC und dem Game-Entwickler Valve) hat das Modell von Sony eine fest definierte Kundenbasis: Die Besitzer einer Playstation 4, die bis heute fast 40 Millionen mal verkauft wurde.

Wer schon so eine Konsole sein eigen nennt, muss zum Eintauchen in die virtuelle Realität «nur» noch die rund 500 Franken teure VR-Brille kaufen (und allenfalls zusätzlich Move-Controller und Playstation-Kamera). Zum Vergleich: Oculus Rift und HTC Vive kosten beide um die 800 Franken und funktionieren nur mit leistungsfähigen Game-Computern, die noch einmal mit gut 1000 Franken zu Buche schlagen.

Auch was die Auswahl an Titeln angeht, hat Sony im Moment noch die Nase vorn: Die Firma arbeitet mit gut 250 Studios an neuen VR-Titeln, noch in diesem Jahr sollen 50 VR-Games erscheinen. Allerdings schläft die Konkurrenz nicht: Auch für die Oculus Rift sind dutzende neuer Games angekündigt. Und um die HTC Vive werden die Entwickler ebenfalls kaum herumkommen, schliesslich steht mit Valve auch der Betreiber der Online-Game-Plattform Steam hinter dem Projekt.

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