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Zürich Film Festival «In zehn Jahren hat sich Virtual Reality im Kino durchgesetzt»

Virtual Reality soll fester Teil des Kinos werden. Das 13. Zürich Film Festival gibt VR-Filmen deshalb eine Bühne. Tragen wir im Kino also bald alle klobige Brillen? Wir haben mit einem gesprochen, der es wissen muss: Ted Schilowitz, «Futurist in Residence» bei Paramount Pictures.

Ted Schilowitz bestimmt mit, wie in Hollywood die Zukunft aussieht. Als Futurist bei 20th Century Fox und jetzt bei Paramount Pictures zeigt er Studio-Bossen, Regisseuren und Produzenten die Möglichkeiten von neuen Technologien wie Virtual Reality und Augmented Reality.

Portraitaufnahme des Futuristen Ted Schilowitz.
Legende: Ted Schilowitz berät als «Futurist in Residence» das Hollywood-Studio Paramount im Umgang mit neuen Technologien. NIFFF

So entstand mit seiner Mithilfe zum Beispiel «The Martian VR Experience» – ein interaktives Begleitstück zu Ridley Scotts «The Martian», bei dem das Publikum selbst den Steuerknüppel eines Mars-Rovers in die Hand nehmen kann.

Schilowitz ist überzeugt: In zehn Jahren werden solche Virtual-Reality-Erlebnisse im Kino zum Alltag gehören. Die Technologie sei gut unterwegs: VR-Brillen kämen heute zwar noch vornehmlich beim Gamen zum Einsatz, doch in Hollywood es gebe schon viel mehr Virtual-Reality-Projekte, als er für den jetzigen Zeitpunkt erwartet hätte.

Mixed Reality soll den Massenmarkt erobern

Und in den nächsten fünf bis sieben Jahren werde die Virtual-Reality-Technologie gleich mehrere Generationen-Schritte vorwärts machen: «Sie wird sich von der reinen Virtual Reality wegbewegen hin zu Augmented-Reality- und Mixed-Reality-Anwendungen», sagt Schilowitz.

VR, AR, MX?

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VR: Virtual Reality (z.B. Oculus Rift, HTC Vive, Playstation VR) schirmt den Betrachter von der Aussenwelt ab und zeigt nur die virtuelle Welt auf dem Display der VR-Brille. AR: Augmented Reality (z.B. Hololens) zeigt die reale Welt, zusätzlich können auch virtuelle Elemente eingeblendet werden. MX: Mixed Reality ist die Kombination von beidem.

Mixed-Reality-Geräte wie die Hololens von Microsoft erlaubten Filmemachern mehr Freiheiten als reine VR-Brillen, weil sie die Aussenwelt nicht völlig abschirmen. «So hat der Regisseur die Wahl, einen Teil der Aussenwelt ins Erlebnis mit einzubeziehen. Er kann aber auch die ganze Aussenwelt zeigen oder gar nichts davon. Das ist der Unterschied zu herkömmlicher Virtual Reality, bei der das Publikum durch die Brille stets von der Aussenwelt abgeschirmt ist.»

Die nächsten Generationen dieser Geräte werden leichter sein als heute, nicht mehr an den Computer gebunden, vielseitiger, leistungsstärker und mit Displays ausgestattet, auf denen keine Pixel mehr zu sehen sind, wie das bei VR-Brillen heute noch der Fall ist, prophezeit Schilowitz. Und er ist überzeugt: «Solche Brillen werden den Massenmarkt erobern».

Bei seiner Arbeit als Futurist hat der Amerikaner schon jetzt Zugang zu Technologien, die sich noch im Entwicklungsstadium befinden. Und die scheinen vielversprechend: «Sie sind so raffiniert, dass ich selber Mühe habe zu unterscheiden, ob das, was ich sehe, noch echt ist oder nicht», schwärmt der Zukunftsforscher.

Klassisches Kino ergänzen, nicht verdrängen

Im Sommer hat Ted Schilowitz am Neuchâtel International Fantastic Film Festival (NIFFF) über die Herausforderungen gesprochen, die Virtual- und Augmented-Reality für das Geschichtenerzählen mit sich bringen. Denn die neuen Technologien haben zur Folge, dass Filmemacher den Blick ihres Publikums nur noch beschränkt lenken können. Die 360-Grad-Sicht in einer Virtual-Reality-Brille lässt ein Mass an Interaktion zu, das sich das Kino im Vergleich etwa zu Games nicht gewohnt ist.

Ein Microsoft-Mitarbeiter demonstriert die Hololens und lässt sich ein «Minecraft»-Bauwerk einblenden.
Legende: Augmented Reality: Die Hololens von Microsoft kann zusätzlich zur realen Welt auch virtuelle Elemente einblenden. Keystone

Eine neue Filmsprache, die diesen Möglichkeiten gerecht wird, ist bislang noch nicht gefunden. Doch es gibt Beispiele, die zeigen, wohin die Reise gehen kann: So kann der Blick des Zuschauers durch Musik und Geräusche in die Richtung bewegt werden, in der sich etwas Wichtiges abspielt. Ein anderer Ansatz weist dem Zuschauer die Rolle des Nebendarstellers zu, der vom Hauptdarsteller durch die Geschichte geführt wird.

So werden Erzählformen entstehen, die sich deutlich vom heutigen Kino-Erlebnis unterscheiden. Doch Ted Schilowitz ist überzeugt, dass Kino, wie wir es heute kenne, nicht verschwinden wird. Virtual- und Mixed-Reality seien ein neues Medium, welches das klassische Kino um eine neue Erfahrung ergänzen werde.

Implantate direkt ins Gehirn

Genau so sicher ist Schilowitz aber auch, dass das Publikum der Zukunft die Unterhaltungsindustrie herausfordern wird: «Wer wie die Jungend von heute in einer interaktiven Welt aufwächst, gibt sich mit einem einfachen Bildschirm oder einer Leinwand nicht mehr zufrieden. So jemand will mit allen Sinnen angesprochen werden und das Erlebte selbst mitbestimmen können.»

Interview mit Ted Schilowitz

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Das vollständige Gespräch mit Ted Schilowitz ist im Digital Podcast vom 7. Juli 2017 zu hören.

Das Interesse an solchen Erzählformen wachse stetig. Grosse Game-Studios seien zum Beispiel dabei, im filmischen Erzählen Fuss zu fassen. In zehn Jahren werde Storytelling mit Virtual- und Augmented-Reality-Techniken deshalb massentauglich werden, sagt Schilowitz.

Und er schaut noch weiter in die Zukunft, in der auch VR-Brillen ein Relikt der Vergangenheit sind: «Irgendwann werden sogar Implantate möglich sein, die Bilder, Töne, Gerüche und Geschmäcker direkt ins Hirn speisen.»

Den meisten Leuten seinen solche Vorstellungen heute noch zuwider. Aber schliesslich würden wir schon lange technische Geräte wie zum Beispiel Herzschrittmacher direkt in den Körper verbauen. Der Futurist glaubt deshalb: «Es wird die Zeit kommen, in der solche Unterhaltungstechnologien gesellschaftlich akzeptiert sind.»

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