Zum Inhalt springen

Header

Inhalt

Eine Ikone! Die Lichtgestalt Whitney Houston und ihre Abgründe

Brillant war sie. Eine Stimme hatte sie wie keine andere. Und ein Leben, in dem sich Höhenflug und Absturz die Hand gaben. Whitney Houston war Superstar und trauriger Engel zugleich. Was bleibt, ist die Erinnerung an eine der grössten Stimmen aller Zeiten.

Drogen und eine Herzerkrankung waren ausschlaggebend, dass Whitney Houston vor zehn Jahren kurz vor der Grammy-Verleihung in L.A. in einer Hotel-Badewanne ertrank. Die einst so strahlende Diva, die mit ihrer Stimme alles konnte, mit ihrer Schönheit und ihrem Charisma zur Ikone wurde, stand die letzten Jahre ihres Lebens immer nah am Abgrund und starb im Alter von 48 Jahren einen einsamen Tod.

Warum es so kam. Warum sie sich in der Öffentlichkeit vom strahlenden zum gefallenen Engel verwandelte – oder genauer: Wer Whitney Houston wirklich war, das beschäftigt bis heute und das wird auch in Zukunft so sein. Dokumentationen gibt es bereits, ein Biopic läuft aktuell in den Kinos. Die Suche nach einer Erklärung sorgt noch immer für Spekulationen – und manchmal auch für Schlagzeilen.

Die Suche nach dem Warum

Die Sängerin, an der in den 1980er- und 1990er-Jahren niemand vorbeikam, fasziniert bis heute. Hatte der Bad Boy an ihrer Seite Schuld an ihrem unsteten Lebenswandel, ihrem Drogenmissbrauch? War es tatsächlich die toxische Beziehung zu Bobby Brown? Ein Missbrauch als Kind? War es die Liebe, ihre verheimlichte Bisexualität? War der frühe Ruhm der Grund für eine Rebellion, die aus dem Ruder lief und zum Absturz führte?

Die generelle Antwort gab sie selbst. Sie sei ihr ärgster Feind, der Dämon sei in ihr, sagte Whitney in einem Interview bei US-Talkerin Diane Sawyer.  

Vieles kommt zusammen in der von ihr ausgesprochenen inneren Zerrissenheit. Und doch sind es lediglich Erklärungsansätze, das Mysterium und die Frage rund um das Warum bleibt.

Dafür werden wir sie immer lieben

Wie die Erinnerungen an sie: die Stimme unvergessen. Drei Oktaven umfassend, mit Leichtigkeit mit Höhen und Tiefen jonglierend. Man kam oft aus dem Staunen nicht heraus: Wann holt sie Atem, wie geht das? So klar, so rein, so Gänsehaut auslösend. Whitney Houston war und bleibt eine der grössten Soul-Sängerinnen aller Zeiten. Songs hat sie nie selbst geschrieben, aber sie hat immer etwas Eigenes daraus gemacht.

Als sie Dolly Partons Abschieds-Hymne «I Will Always Love You» aus dem Jahr 1974 für den Kassenschlager «Bodyguard» performt und zu einem Mega-Hit macht, bleibt selbst der Country-Legende die Luft weg. Whitneys Version habe sie zum ersten Mal im Auto gehört, erklärte sie später in einem Interview. Sie habe anhalten müssen. «Ich dachte, mein Herz würde zerspringen. Das war eines der überwältigtsten Gefühle meines Lebens.»

Die einst unantastbare Königin und ihr Fall

Genau das macht Whitney Houston aus. Der Zauber und die Magie. Die Kunst, Herzen zu berühren, Seelen zu trösten, im Nu direkt die emotionalen Seiten in uns anzusprechen. Einfach so, scheinbar mühelos. Deshalb war ihr Aufstieg so riesig. 1985 eroberte sie mit ihrem Debüt-Album nach und nach die US-Charts, bis sie ganz oben war. Rekorde brach, Preise einheimste. Danach erlag die ganze Welt dem Charme und dem Können der Sängerin.

Zehn Jahre lang war sie die unantastbare Königin ihres Fachs. Ihr Ruf war makellos, fast klinisch, so bemängelten es Kritiker zu Beginn ihrer Karriere. Das änderte sich, wie wir alle längst wissen. Die Gekrönte kam zu Fall und man konnte ihren Niedergang öffentlich in der Klatschpresse mitverfolgen. Drogen, Alkohol, Gewalt, Skandale, Comeback-Versuche. Der Glamour war dahin. Sie war zu einer Legende geworden, die sich selbst im Weg stand.

Heute wäre wohl alles anders

Die Tragik ihres Absturzes mag zwar in unserem Gedächtnis eingebrannt sein. Die Bewunderung sollte aber vor allem für eine Soul-Königin bleiben, die musikalisch unschlagbar war und den Weg für weibliche, emanzipierte Pop-Stars freigemacht hat.

Und wer weiss: Würde Whitney heute ihre Karriere starten, dann wären ihre inneren Kämpfe gegen aussen wohl nicht tabu – eher im Gegenteil: Heute sind sie Markenzeichen. Vermeintliche Schwächen werden zu Stärken. Outings sorgen für Authentizität, machen menschlich und machen Stars einmalig und erst richtig gross.

SRF 3 / 10.2.21

Meistgelesene Artikel