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Musik 20 Jahre Lovebugs: der ewige Sonnenaufgang scheint weiter

Sie gehören wohl zu den kitschigsten Popbands der Schweiz. Und doch scheinen die Basler Lovebugs weit mehr als nur dem Mainstream-Publikum zu gefallen. Heute werden sie 20. Zeit für einen Versuch, die persönliche Hassliebe zu fassen - anhand einer DVD-Review.

Sie singen gerne über Engelsherzen, Kaffee und Zigaretten im Bett und erklimmen mit ihren keimfrei polierten Popsongs die höchsten Höhen. Seit 20 Jahren schreiben die Basler Lovebugs sozusagen Britpop-Geschichte - in der Schweiz. Das ist ja schon ein Widerspruch in sich, jedoch spätestens seit Polo Hofer Bob Dylan Songs singt, absolut legitim. Dass die Lovebugs mit ihren schmerzlosen Popsongs aber nicht nur Kuschelrock-Herzen zum Flattern bringen, belegt das vorliegende Geständnis. Die Beichte eines Musikredaktors (dem Schreibenden), der sich normalerweise eher von der dunklen Seite des Mondes als dem Sonnenaufgang angezogen fühlt. Ausser bei den Lovebugs.

Was macht diesen kitschigen Sonnenaufgang bloss so verdammt erträglich?

Diese Frage geht mir unentwegt durch den Kopf beim Anschauen der neuen Lovebugs-Jubiläums-DVD. An dem Konzert geben die Lovebugs ihre Songs zusammen mit dem Sinfonieorchester Basel zum Besten. Da werden ausnahmslos alle Register gezogen: Medleys rausgehauen, Violinenwände aufgebaut, Kesselpauken geschlagen und sogar die Kirchen-Orgel des Stadtcasinos Basel wird effektvoll im Set integriert (Avalon).

Als ob diese Lovebugs-Songs nicht auch schon ohne Sinfonieorchester genug Sülze anhäuften.

Na gut, kann man ja machen. Aber ist es nötig? Und gut? Ja. Ist es. Weil hier eben nicht nur ein Orchester Popsongs nachspielt, sondern weil die ganze Chose echt gut durcharrangiert daher kommt und zusammen etwas Neues gibt.

Altersmilde

Oh Mann oh Mann, werde ich langsam alt und brauche nun schon schmerzfreie, klar strukturierte Popsongs, um mich nicht im furchtbaren Lärm dieser Welt zu verlieren? Oder verliere ich gerade eben meinen Geschmackssinn? Ich weiss nicht, was es ist. Aber irgendwie funktioniert das Ganze gerade ganz gut.

Der Orchesterdirigent Robert Emery geht auf seinem Podest ab wie eine Rakete, trägt rockig-frech weder Pinguin noch Schlips und könnte, seinen Bewegungen zufolge, ebenso gut Chef-Choreograf einer nicht anwesenden Tänzergruppe sein.

Aber er macht seinen Job verflucht gut. Er hat auch definitiv eine der schwierigsten Aufgaben auf dieser Bühne, er muss die Brücke schlagen zwischen der treibenden Rhythmik einer Popband und den agogischen Schwelgereien eines Monster-Orchesters. Von A bis Z erfüllt, Herr Emery.

Music Makes My World Go Round

Und jetzt heben sie an zu diesem «Ever-Green», wie ihn Frontmann Sieber anpreist, ihren Gassenknaller «Music Makes My World Go Round». «Please don’t say I’m losing you, we went so wrong and it’s all over, over again…», singt er. Und bevor ich es merke, summe ich mit. Und ich glaube genau dieser Effekt ist es, der sie erfolgreich machte und über all die Jahre grösser werden liess: Dieser unverschämte Sinn für gute Melodien, die sich in deinem Unterbewusstsein einnisten, sich nach dem ersten Hören wie Würmer durch deine Gehörgänge schlängeln und dich nie mehr loslassen. Nicht tot zu kriegen. Du wirst gezwungen diesen schrecklichen Sonnenaufgang wieder und wieder zu betrachten. Und schaust dabei nicht mal weg! Verdammt. Ich hasse euch für alle diese grossartigen Melodien. Happy Birthday liebe Lovebugs!

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