Sagen waren Heidi Bracher bis jetzt fremd. Bis vor Kurzem erzählte die ehemalige Primarlehrerin mit Leidenschaft Märchen. Diese begleiten die 63-Jährige schon seit ihrer Kindheit. Ihre Eltern erzählten ihr viele Grimm-Märchen – die Mutter während des Bügelns und der Vater am Sonntagmorgen noch im Bett. Später, als Primarlehrerin, baute sie Märchen in ihrem Unterricht mitein. Vor 12 Jahren machte Heidi Bracher dann eine Ausbildung zur Märchen-Erzählerin.
Neu entdeckte Sagenwelt
SRF Musikwelle suchte Sagen aus dem Seeland und stiess auf Heidi Bracher. Sie zögerte zuerst bei der Anfrage, ob sie auch Sagen fürs Radio erzählen würde. Doch dann suchte sie zehn Sagen aus dem Seeland aus. Bei ihrer Auswahl achtete sie darauf, dass man als Zuhörerin oder Zuhörer mit einem guten Gefühl zurückbleibt.
Ich mag keine Sagen über die Burgunderkriege erzählen.
Inzwischen ist bei Heidi Bracher ein richtiges Feuer für Sagen entfacht. Sie überlegt sich sogar, einen Sagen-Abend zu organisieren.
Sagen aus dem Seeland
«Dr Tüfu uf Brutschou»
Wahre Liebe lässt sich nicht kaufen. Da helfen auch Kleider aus Samt und Seide mit Edelstein-Knöpfen nichts. Während Marie sehnsüchtig auf ihren verschollenen Toni wartet, versucht der Teufel im edlen Gewand sie zu umgarnen. Doch schliesslich siegen Hoffnung und Liebe über die abgründigen Machenschaften.
«Dr Söilihirt vo Twann»
Ein armseliger Schweinehirt träumt sich die Karriereleiter hoch und wünscht sich schlussendlich doch wieder sein altes Dasein zurück. Denn egal ob Bauer, Händler, Offizier, Minister oder gar König, jeder Berufsstand hat so seine Tücken.
«D'Rose vo Beroche» – Teil 1
Mehrere Gemeinde am Neuenburgersee haben eine Rose in ihrem Wappen. Diese verdanken sie einer jungen hilfsbereiten Frau. Die junge Rosa ruderte eine unbekannte weisse Frau über den See und wurde von ihr mit einem Strauss Heilkräuter belohnt. Die von Rosa zubereiteten Heilmittel waren bald einmal in der ganzen Gegend gefragt.
«D'Rose vo Beroche» – Teil 2
Der tyrannische Fürst ist gar nicht darüber erfreut, dass Rosa wegen ihrer Heilmittel so beliebt ist. Aus Eifersucht ertränkt er sie im See. Daraufhin verwandelt sie die unbekannte weisse Frau in eine wunderschöne Rose und den Fürsten in einen steinernen Bären.
«Dr starchi Chnächt»
Ein starker Knecht lehrt den kaltblütigen Schlossherrn von Erlach das Fürchten. Trotz aller Schikanen erfüllt der Knecht alle Aufträge mit links. Als der Schlossherr ihn beim Bau des Sodbrunnens mit einem Felsbrocken erschlagen will, wird er selber zum Gejagten.
«D'Zwärgli im Bänzehag»
Die Zwergen waren scheue Wesen. Sie breiteten ihr weisses Tuch mit ihren Habseligkeiten immer nur dann am Waldrand aus, wenn die Menschen sie nicht sehen konnten.
«Dr verschwundeni Herzog»
Damit er um die Hand seiner Angebeteten anhalten kann, fehlt es Johannes an Geld. Sein Glück verbirgt sich in einer alten Eiche. Diese beheimatet nicht nur den Geist eines Herzogs, sondern auch einen mächtigen Schatz. Um diesen zu erlangen, muss sich der Jüngling aber erst beweisen.
«S' Fischermeitschi»
Ein Fischermädchen verliebte sich in einen Jüngling und sang für ihn jeden Abend ein Liebeslied auf dem See. Eines Abends, als es stürmte, sah der Junge das Fischermädchen auf stürmischer See. Als er es am nächsten Morgen suchen wollte, war es bereits zu spät.
«D'Schöpfig vo dr Petersinsle»
Ein Riese verbrachte einst eine Nacht bei seiner Geliebten. Am nächsten Tag musste er bei Schneefall wieder zurück zu seinem Volk. Der Rückweg war sehr mühsam, seine Laune schlecht. Irgendwann wurde er so wütend, dass er einen Stiefel im hohen Bogen in den Bielersee warf. Darauf entstand mit der Zeit die Sankt Petersinsel.
«D'Gschicht vo dr chline Colombe»
Ein junger Müller verliebte sich in ein Mädchen, das das Volk la petite colombe nannte. Ein böser Ritter wollte das Mädchen für sich haben und erstach den Müller während des Brautzugs. Die junge Frau liess sich aber nicht gefangen nehmen und stürzte sich tief in die Schlucht. Daraufhin stieg eine weisse Taube empor.