«Deine Heimat ist das Meer, deine Sehnsucht ist die Ferne» – so singt es der junge Freddy und macht sich auf, als Matrose die Welt zu erkunden. Sein einziges Gepäckstück ist eine Gitarre. Es locken exotische Städte wie Bali und Shanghai, wo die Welt noch in Ordnung ist.
Mit ihm zusammen träumen sich abertausende Menschen in Deutschland weit fort, und entfliehen so ihrer zerbombten Heimat. Aber es ist nicht nur Fernweh, was die Menschen in den 1950er und 1960er-Jahren bewegt. Deshalb handeln Freddys Hits genauso von Heimweh und Trennungsschmerz.
Tiefe Wunden
Der Krieg hinterlässt nebst sichtbaren Trümmerfeldern auch unsichtbare, tiefe seelische Wunden. Viele ehemalige Soldaten sind traumatisiert von ihren Erlebnissen an der Front oder in der Kriegsgefangenschaft. Auch bei den Daheimgebliebenen ist die Sorge um vermisste Familienangehörige und Verluste noch allgegenwärtig.
So kehren deutsche Kriegsgefangene zum Teil erst Jahre nach Kriegsende wieder in ihre Heimat zurück – viele davon bleiben für den Rest ihres Lebens gezeichnet. Laut Angaben des Suchdienstes des Deutschen Roten Kreuzes ist das Schicksal von 1'300’000 deutschen Militärangehörigen bis dato ungeklärt, sie gelten als vermisst.
Seelenklempner
Freddy Qinn gilt als eine Art Seelenklempner, der mit Träumen gegen das Kriegstrauma ankämpft. Schon mit seinem ersten Hit «Heimweh» im Jahr 1956 greift er die Ängste und Sehnsüchte der Bevölkerung auf. Weitere Evergreens wie «Heimatlos», «Unter fremden Sternen» und «Die Gitarre und das Meer» folgen demselben Muster.
«Junge, komm bald wieder»
Diese Erfolgsmasche zieht besonders bei Freddys grösstem Hit «Junge, komm bald wieder» im Jahr 1962. Ursprünglich war das Lied für eine Revue-Operette gedacht, landete dann aber vorerst in einer Schublade. Zehn Jahre später sieht der Komponist Lotar Olias, dass mit Freddy als Interpret der richtige Zeitpunkt für «Junge, komm bald wieder» gekommen ist.
Er schreibt die dazugehörige Operette in ein angesagtes Musical um. Freddy übernimmt die Hauptrolle bei «Heimweh nach St.Pauli» nicht nur auf der Bühne, sondern auch im entsprechenden Film.