Es ging alles schief, was schiefgehen kann.
Als Laura während ihrer Schwangerschaft in eine Routineuntersuchung geht, wird bei ihr ein frühzeitiger, innerlicher Fruchtblasensprung festgestellt. Da sie aber keine Wehen verspürt, müssen diese bei der angehenden Mutter künstlich eingeleitet werden. «Ich kam völlig in Panik, da ich schon viele Horror-Stories über eingeleitete Geburten gehört hatte, weil es durch die künstlich ausgelösten Wehen zu grösseren Schmerzen kommen kann.»
Ich hatte das Gefühl, als Frau komplett versagt zu haben.
Im Kreissaal gehen die Wehen plötzlich von einem Moment auf den anderen los. «Die Schmerzen kamen so plötzlich und ich war überhaupt nicht darauf vorbereitet.» Den Schmerzen entsprechend, beginnt Laura stark zu schreien. Doch darauf motzen sie Arzt und Hebamme nur an. Sie sei eine Egoistin, weil sie sich mehr aufs Schreien, als auf ihre Geburt konzentriere, sagen sie.
Als es nach sechs Stunden immer noch nicht voran geht, wird beschlossen einen Notkaiserschnitt zu vollziehen und Lauras Tochter erblickt gesund, jedoch zu klein und untergewichtig das Licht der Welt.
Angst als Mutter zu versagen
Nach der Geburt bleiben ihre Tochter und sie noch eine Weile im Krankenhaus. Laura kann ihre Tochter nicht stillen, da ihre Brustwarzen zu klein sind. «Ich hatte das Gefühl, als Frau komplett versagt zu haben, da ich mein Kind nicht normal gebären konnte und mit der Baby-Flasche ernähren musste.»
Durch die komplizierte Geburt und schwierige Zeit im Krankenhaus entwickelt Laura immer gössere Ängste und setzt sich selber unter Druck. «Ich hatte Angst, dass mir das Baby unter den Armen wegstirbt.» Darauf holt sie sich Rat bei einer Psychologin, welche vermutet, dass Laura übermüdet sei und einfach unbedingt eine Auszeit brauche.
Als meine Tochter einen Monat alt war, dachte ich daran mich umzubringen und sie mitzunehmen.
Laura fällt immer mehr in einen Teufelskreis aus Zweifeln, Ängsten und Überforderung. Es kommt soweit, dass sie an Selbstmord denkt. «Ich habe wirklich angefangen auf den Zugfahrplan zu schauen, um zu sehen, wann die Züge fahren und ich vom Gleis springen kann. Dabei überlegte ich mir sogar, ob ich meine Tochter mitnehmen will oder nicht.» Als ihr dieser düstere Gedanke kommt, erkennt Laura, dass sie dringend Hilfe braucht und wendet sich an ihren Hausarzt.
Ohne meinen Mann wäre ich komplett aufgeschmissen gewesen. Er musste mir alles abnehmen, weil ich Angst hatte, alles falsch zu machen.
Therapien und Klinikaufenthalte
Der Arzt rät der jungen Mutter dringendst eine Klinik aufzusuchen. «Ich hatte ständig Angst, mein Kind kriegt von mir nicht genug zu Essen und wird von mir schlecht versorgt. Es machte mich wahnsinnig.» Laura besucht während der folgenden drei Jahren drei verschiedene Kliniken, weil sie unbedingt an ihren Ängsten und an der Beziehung zu ihrem Kind arbeiten will.
Um zu lernen, wie sie mit ihrer Tochter eine tiefe Beziehung aufbauen kann, nimmt sie ihr Baby sogar in einen der Klinikaufenthalte mit. «Wenn ich mein Kind anschaute, merkte ich schon, dass ich sie gerne habe, aber ich spürte nicht die Liebe, welche eigentlich empfunden wird, wenn jemand sein Kind anschaut.»
Durch die Klinikaufenthalte und Unterstützung geht es Laura heute wieder gut. «Heute kann ich meinem Kind endlich die Liebe geben, welche ich ihr von Anfang an geben wollte.» Eigentlich wollte Laura immer zwei Kinder. Doch durch die schwierigen Erlebnisse und Situation im Kreissaal, kann sie sich das nicht mehr vorstellen.
Depressionen nach der Schwangerschaft sind immer noch ein Tabuthema.