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Songs & Alben «Der Holland Job»: Xatar und Haftbefehl machen gemeinsame Sache

Ich sage immer: Rap ist wie ein guter Kinofilm. Man guckt zu und wird unterhalten. Beim neuen Kollaboalbum von Haftbefehl und Xatar braucht man den Relativierungsschritt der Kino-Metapher überhaupt nicht: «Der Holland Job» von Coup ist WIRKLICH wie ein Kinofilm – und kommt in drei Akten.

Dass die beiden Deutschen Rapper Haftbefehl und Xatar auf ein gemeinsames Album zielen, war lange in Planung – noch bevor «Alles oder Nix»-Labelchef und Goldrapper Xatar 2011 für den Ruf-gebenden Goldraub ins Gefängnis musste.

Xatar: Aus dem Knast zum Soloalbum

Nach Xatars Entlassung vor zwei Jahren hat dieser zuerst sein ewig erhyptes Soloalbum «Baba aller Babas» veröffentlicht.

Mit dem Erfolg des Albums – und als Labelchef von «Alles oder Nix» und «Kopfticker Records» – konnte sich Xatar breit platzieren. Aus der deutschen Raplandschaft ist der Rapper kurdischer Abstammung nicht mehr wegzudenken.

Sein Stil, genauso wie die allgemeine Soundfarbe der Künstler seines Labels (SSIO, Schwesta Ewa, Kalim): Der sample-starke 90er-Sound, irgendwo zwischen Ostküsten-Samplebeats und kalifornischem G-Swagger.

Xatar und Haftbefehl
Legende: Xatar und Haftbefehl: Der Trainingsanzug sitzt. ZVG

Haftbefehl: Eine Stimme wie eine peitschende Geissel

Auch Haftbefehl ist ein altbekannter. Spätestens seit «Chabos wissen wer der Babo ist» wissen restlos alle, vom Germanistikstudenten über den Feuilletonleser, bis zu Rapfans und Clubgängern, wer der Offenbacher mit der peitschenden Geissel einer Stimme ist.

Haftbefehl klang und klingt noch immer anders als alle anderen. Seine fauchende, zischende Aussprache, sein Vokabular und sein kopfsprengender Flow machen ihn einzigartig und unglaublich feierbar. Haftbefehl packt seine Instrumentals, beisst sie in Stücke, spuckt sie wieder aus und lässt sie nie mehr gleich klingen wie zuvor.

Haftbefehl + Xatar: Passt das zusammen?

Wenn jetzt ein Rapüberfan wie ich, der von beiden Künstlern mehr Passagen auswendig mitrappen kann als er zugeben möchte, Wind davon bekommt, dass die beiden ein Kollaboalbum machen, dann wird sich erst mal übermässig gefreut. Je näher das Releasedatum rückt, je mehr frage ich mich jedoch: Kommt das gut? Xatars Smoothness und Haftbefehls Tasmanischer-Teufel-Energielevel – geht das wirklich zusammen?

«Gib Geld» feat. Haiyti

Zuerst einmal: Props für das Featuring. Haftbefehl meint über die Hamburger Rapperin Haiyti «die ist geil, weil die was neues macht, was sonst niemand macht». Das Featuring ist überraschend und freut.

Und wenn die ersten beiden Songs schon Bretter waren, dann will man zu diesem dritten Beat (Haft und Xatar ziehen übrigens das 4-Takt-Trading weiter) schon ein paar Molotovs werfen.

Der Holland Job
Legende: Müsste das nicht «Niederlande» heissen? Four Music

«Ich zahle gar nix»

Xatar der «Streber», der immer pünktlich im Studio war und seine Texte stets aufnahmebereit und zeitig schrieb, ist auf einer Grosszahl der Songs auf diesem Album jeweils der erste, der anfängt zu rappen. Schlicht und einfach, weil er vor Haftbefehl im Studio war.

Auf diesem Track beginnt er mit acht Takten auf dem brachialsten Beat des Albums – die Struktur der Abwechslung der beiden MCs macht Spass und wirft Fokus auf ihre Unterschiede. ICH ZAHLE GAR NICHTS!

«Tach Tach»

Auf diesem Beat stimmt alles, was zuvor nicht passte. Xatar schiesst auf die Hook und trifft 10 von 10 Punkten. Beide Rapper spielen auf dem Instrumental in ihrer Komfortzone. Definitiv der «hip-hoppigste» Moment und mein Favorit des Albums.

Xatars Verse über den besagten Roly-Kauf ist auf «Zwei Rolys am Arm», verzeih den Ausdruck, etwas «Standard». Wobei man auch sagen muss: Wenn Haftbefehl im Refrain Sachen wie «Ich trag zwei Rolys pro Arm, fick dich du Hurensohn» rappt, dann macht das schon Spass.

Ich höre mir das Album gerne an. Beim zweiten Mal skippe ich zwar sicher 3 bis 4 Songs, aber die Schläge in die auditive Magengrube, die man bei Songs wie «Tach Tach» oder «Ich zahle gar nix» erhält, will ich immer und immer wieder spüren.

Ein Kollaboalbum zwischen zwei grossen, eigenen und unterschiedlichen Künstlern klingt meistens nach einer guten Idee, von solchen Projekten wurde ich in der Vergangenheit aber schon öfters enttäuscht.

Bei «Coup» überwiegt jedoch die Freude über die gelungenen Hits. Eine Hymne fehlt dem Album zwar – es ist kein «Cbabos wissen» und kein «Original» drauf – aber das macht beim Durchhören durch diesen chaotischen Gangsterfilm überhaupt nichts.

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