Ausgerechnet Olga, das Waisenmädchen aus ärmsten Verhältnissen und Herbert, der Sohn des reichsten Gutsbesitzers im Dorf, verlieben sich ineinander. Aber solche Standesunterschiede lassen damals, zu Beginn des 20. Jahrhunderts, eine Heirat nicht zu. Herbert zieht es in die Welt hinaus – zuerst als Soldat nach Afrika, wo er dazu beitragen möchte, «Deutschland gross zu machen und mit Deutschland gross zu werden».
Dieser Machthunger bezahlt er bereits in jungen Jahren mit dem Leben: er will die Deutsche Flagge am Nordpol hissen und verschwindet - kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges - spurlos im ewigen Eis. Olga bleibt bis zu ihrem Tod diesem ersten Geliebten treu, arbeitet als Lehrerin und verfolgt mit Entsetzen die politischen Entwicklungen in ihrem Land: «Sie hatte den Nationalsozialismus von Anfang an abgelehnt - wieder sollte Deutschland zu gross werden, nachdem Bismarck es schon zu gross gewollt und gemacht hatte.»
Bernhard Schlink verwendet eine nüchterne, präzise Sprache, wechselt mehrfach die Erzählperspektive und spielt mit Motiven aus früheren Büchern: Geheimnisse, die erst allmählich ans Licht geraten, Ideologien, die Menschen den Verstand trüben und immer wieder die zentrale Frage: Was macht ein gelungenes Leben aus?
Luzia Stettler hat Bernhard Schlink in Berlin zum Gespräch getroffen.
Bernhard Schlink. Olga. Diogenes, 2018.
«Olga» von Bernhard Schlink
In «Olga» beschäftigt sich Bernhard Schlink einmal mehr mit deutscher Vergangenheit: kritisch seziert er den Grössenwahn seines Volkes und spannt den zeitlichen Bogen über fast hundert Jahre. Gleichzeitig zeichnet er das Porträt einer mutigen Frau, die unbeirrt ihren Weg geht.
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