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Wiedergelesen: Res Strehle liest Siegfried Lenz. Claudia Storz vertieft sich noch einmal in Max Frisch.
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Res Strehle und Claudia Storz: Was wir 1968 gelesen haben

Sie haben viel gelesen, damals im Jahr 1968. Der Journalist und Autor Res Strehle war 17, die Autorin Claudia Storz 20. Für «BuchZeichen» werfen sie einen Blick auf die Jahresbestseller-Liste 1968 und erzählen, was ihnen diese Bücher bedeutet haben und wie sie sie heute lesen.

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Eric Malpass: Morgens um sieben ist die Welt noch in Ordnung
Der Unterhaltungs-Roman des englischen Autors war das ganze Jahr auf Platz 1 der Spiegel Bestseller-Liste. Es geht um einen Jungen und die kleinen alltäglichen Katastrophen einer Familie. Wurde 1968 verfilmt. James Last komponierte die Titelmelodie.
Res Strehle: Habe es nicht gelesen. Ist wahrscheinlich so etwas wie James Last zwischen Buchdeckeln.

Siegfried Lenz: Deutschstunde
Der Roman-Klassiker gehört zu den wichtigsten Werken der deutschen Nachkriegsliteratur und zeigt, wie blinde Autoritätsgläubigkeit und kritiklose Pflichterfüllung in die Katastrophe führt.
Claudia Storz: Das beste Buch von Siegfried Lenz. Hat sich in meinem Kopf eingebrannt. Res Strehle: Auch aus heutiger Sicht immer noch grossartig. Die Auflehnung gegen die Autorität, gepaart mit der Friedensutopie hat das Lebensgefühl damals perfekt getroffen.

Henry Miller: Stille Tage in Clichy
Zwei amerikanische Schriftsteller vertreiben sich in Paris die Zeit mit Sex und wechselnden Frauenbekanntschaften.
Claudia Storz: Heute fast nicht mehr geniessbar, aber damals haben wir das mit roten Ohren verschlungen. Aber noch lieber hatten wir Frauen Anaïs Nin. Oder später (1975) haben wir «Häutungen» von Verena Stefan gelesen.

Hermann Hesse: Siddharta
Der Läuterungsweg von Siddharta, dem Sohn eines Brahmanen. Ein Klassiker, den die 68er Generation gelesen hat, um sich mit der indischen Philosophie auseinanderzusetzen.
Claudia Storz: Heute kann ich nichts mehr damit anfangen. Reiner Kitsch. Res Strehle: Damals waren wir beeindruckt. Weil eine Sinnsuche beschrieben wird, Spiritualität, Drogenerfahrungen – aber heute ist das Kitsch. Geht mir auch so.

Wiedergelesen: Claudia Storz und Res Strehle haben für «BuchZeichen» ein Buch, das ihnen 1968 viel bedeutet hat, nochmal gelesen. Zwei Theaterstücke, weil sie sich schon damals fürs Theater begeisterten.

Bertold Brecht: Die heilige Johanna der Schlachthöfe
Res Strehle: Brecht versetzt die berühmte Jeanne dArc nach Chicago. Sie glaubt an die Veränderbarkeit der Welt und setzt sich ein für die Arbeiter auf den Schlachthöfen, die unter unmenschlichen Bedingungen arbeiten und zuwenig Lohn bekommen. Wenn ich das heute wiederlese, finde ich es ziemlich plakativ. Das Stück stammt aus einer Zeit, in der Brecht «schwarz/weiss» geschrieben hat. Später wird er interessanter und facettenreicher.

Max Frisch: Biografie. Ein Spiel
Claudia Storz: Es hat mich damals fasziniert, dass jemand die Möglichkeit bekommt, seine Biografie zu ändern und das Leben nochmals zu leben. Heute kenne ich Bücher von Max Frisch, die mir mehr unter die Haut gehen. Trotzdem habe ich das Stück gerne nochmals gelesen und mich dabei amüsiert.

Bücher von Claudia Storz und Res Strehle
Claudia Storz: Sperriges Leben. Erzählungen (eFeF, 2017)
Claudia Storz: Jessica mit Konstruktionsfehlern (eFeF, 1977)
Res Strehle: Salinger taucht ab (Elster, 2018)
Res Strehle, Eugen Sorg: Mein Leben als 68er (Echtzeit, 2008)

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