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Fotograf, Künstler, Gründer eines Hilfswerks
Aus DOK vom 13.10.2016.
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SRF DOK Das bewegte Leben des Hannes Schmid

Als «DOK»-Filmerin Belinda Sallin den Fotografen Hannes Schmid kennenlernte, kam sie aus dem Staunen nicht heraus. Was für eine Biographie! So viele Begegnungen mit Superstars. So viele Reisen an ungewöhnliche Orte. Ist so etwas in einem Menschenleben überhaupt möglich, fragte sie sich?

Es war im Frühling 2014, als ich Hannes Schmid zum ersten Mal traf. Ich steckte damals mitten in einer Filmproduktion über den Künstler HR Giger. Über einige Ecken hatte ich Schmid angefragt, Giger für die Filmpromotion zu fotografieren. Eigentlich eine etwas übermütige Anfrage, schliesslich gehört Schmid international zu den ganz grossen Namen in der Fotografenszene. International wurde er mit seiner Interpretation des Marlboro Man berühmt – heute eine Werbeikone. Seine Modefotografien haben Kultstatus und seine Reisen mit seinen ethnografischen Fotografien sind legendär.

Ziemlich Respekt einflössend also, wie ich fand, und ich war überrascht und erfreut, als er einem Treffen zustimmte. Doch gleich darauf zweifelte ich erneut: Das ist wahrscheinlich ein Mensch mit einer «Hab-ich-schon- alles- gesehen-Haltung», dachte ich mir. Oder er ist arrogant, oder aber er fährt mit einer riesigen Entourage ein – mit Beleuchter, Make-up-Artist und Assistenten. Mit so jemandem hätten die Gigers Mühe.

Porträt HR Giger von Hannes Schmid
Legende: Hannes Schmid fotografierte das letzte Porträt von Künstler HR Giger. Hannes Schmid

Schicksalhafte Begegnungen

Meine Befürchtungen lösten sich in nichts auf. Keine Spur von Arroganz. Allein und ohne Hilfsmittel kam er aufs Set. Es war eine Freude mit Schmid zusammen zu arbeiten. Er war es denn auch, der HR Giger zum allerletzten Mal fotografierte. Fünf Tage nach dem Fotoshooting starb er. Es war eine wunderbare letzte Begegnung. Es passt gut in Schmids Biographie, dass ausgerechnet er der letzte sein sollte, der Giger fotografierte.

Oft schon hatten seine Begegnungen etwas Schicksalhaftes: Er war bei Bob Marley als er starb, er war mit AC/DC auf Tour als die Band ihren Leadsänger Bon Scott verlor. Er sass mit Bob Geldof im Hotelzimmer, als dieser für seine Band «Boomtown Rats» den Welthit «I don't like Mondays» schrieb.

Hannes Schmid und Geldof hatten 1979 zusammen die Nachrichten gesehen und erfuhren so, dass die 16-jährige Brenda Ann Spencer ein Attentat auf eine Schule verübte hatte, was Geldof schliesslich zu diesem Song inspirierte. Es gibt unzählige solcher Anekdoten. Kaum jemand kam den damaligen Stars so nah wie Schmid. Hätte er nicht die unzähligen Fotos, ca. 1,4 Millionen in seinem Archiv und einen Teil davon in Büchern veröffentlicht, man würde es ihm nicht glauben. Mit Schalk ging Schmid damals drogenfrei durchs Epizentrum der «Sex, Drugs and Rock'n'Roll»-Zeit:

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Das Geheimnis von Schmids weissem Pulver
Aus DOK vom 13.10.2016.
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«Ich hatte als Kind schreckliches Heimweh»
Aus DOK vom 13.10.2016.
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Selfmademan

Schmids Biographie würde ganze Bücher füllen. Was auffällt, ist seine Neugier und seine Offenheit. Diese haben ihm immer den Schritt ins nächste Abenteuer ermöglicht. Eines ergab das andere. Dabei hat er sich nie davor gefürchtet, sein Umfeld komplett zu verändern. Das ist es, was Schmid so inspirierend macht: «Geh weiter, aber bleib dir und deinen Wurzeln treu», könnte einer seiner Leitsätze sein.

Schmid ist das, was man einen Selfmademan nennt. Ganz selbstverständlich verkehrt er mit Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft. Dabei konnte er nie auf eine grosse Schulbildung zurück greifen. Sechs Jahre Primarschule, zwei Jahre Realschule, mehr lag nicht drin. Eine Tuberkuloseerkrankung hatte ihn weit zurück geworfen.

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«Wir waren mausarm»
Aus DOK vom 13.10.2016.
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Dazulernen

Auch die Armut, die er in seiner Kindheit erfuhr, hat ihn geprägt. Aber wenn er darüber spricht, schwingt keine Bitterkeit mit. Und nie war er sich zu schade, etwas von Beginn an komplett neu zu lernen. Als er begann, seine Cowboys zu malen, hat er das Rezept seiner Frau Hillary Schmid Huang angewandt: Sie sagte ihrem Mann, der noch nie gemalt hatte: «Geh in den Keller und übe solange, bis du es kannst, so jedenfalls macht man das in China.»

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Hilfe für Spital in Phnom Penh
Aus DOK vom 13.10.2016.
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Vernetzen

Das Alter bremst ihn nicht: Mit 68 Jahren hat er das Hilfswerk «Smiling Gecko» gegründet. Es sind eher diverse Start-ups als ein Hilfswerk im herkömmlichen Sinn. Er ist ein Meister darin, Partner zu suchen, sich zu vernetzen. Viele Schweizer Institutionen, Schulen und Firmen hat er an Bord geholt. Zudem unterstützt er auch andere NGOs. Zum Beispiel das «Children’s Surgical Center» in Phnom Penh. Der Leiter, Dr. James G. Gollogly, ist ein alter Freund von ihm. Wenn es Gollogly an TukTuks mangelt, hilft ihm Schmid aus.

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«Mit 65 ist man noch nicht auf dem Abstellgleis»
Aus DOK vom 13.10.2016.
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Planen

Am 13. Oktober 2016 wird Schmid 70 Jahre alt, zufälligerweise wird genau an diesem Tag mein Film über ihn ausgestrahlt. Mit 70 Jahren richtet er also nochmals mit der grossen Kelle an, hat riesige Pläne. Insofern ist Schmid auch im Umgang mit seinem Alter vorbildlich. Wieso sollte man sich zur Ruhe setzen, wenn man noch so viel zu sagen hat? Die Message von Hannes Schmid ist unmissverständlich: Wer körperlich und geistig fit ist, sollte mit 65 nochmals von vorne beginnen!

Buchhinweise

  • Rockstars
    Legende: Rockstars Hannes Schmid

    Rockstars

    Hannes Schmids Bilder von unsterblichen Rocklegenden wie Queen, Motörhead, Kiss, AC/DC, ABBA, Blondie, Kraftwerk, Depeche Mode und vielen anderen wurden zu Ikonen für Generationen von Fans. Er hat die Bands und die einzelnen Stars ganz nah mit der Kamera begleitet, nicht als Paparazzo, sondern als freundschaftlich verbundenes «Mitglied» der Bands.

  • Concerned Photography
    Legende: Concerned Photography Hannes Schmid

    Concerned Photography

    Das Buch ist im Zusammenhang mit Hannes Schmids Engagement für das Hilfswerk «Smiling Gecko» entstanden. Es dokumentiert das Leben der Menschen in Südostasien, insbesondere den schwierigen Alltag der verarmten Bevölkerung in Phnom Penh und Sihanoukville.

Zur Autorin

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Zur Autorin

Belinda Sallin *1967 in Freiburg, ist seit September 2014 Redaktionsleiterin der «DOK» Eigenproduktionen. Ihr letzter Film, «Dark Star – HR Gigers Welt», gelangte 2014 in die Kinos.

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