Zum Inhalt springen

Header

Inhalt

Tina Nägeli SRF 3 Festivalsommer – fürs Publikum live dabei

Drei Monate, neun Festivals: Tina Nägeli ist den Sommer über mit SRF 3 auf Festivalmission. Fürs Publikum von SRF 3 bedeutet das über hundert Stunden Livemusik, Künstlerinterviews und abwechslungsreiche Festival-Berichterstattung. Was das Grossprojekt wohl für Tina Nägeli bedeutet?

«Du besuchst den ganzen Sommer über Festivals? Wow, ein Traumjob!» Diesen Satz höre ich oft, meist von Festivalbesuchern, die mich ansprechen. Jedes Mal nicke ich eifrig. Ja, mein Job als SRF-3-Festivalfrau ist ein grosses Privileg. Und auch ein Job, zu dem mehr gehört, als unser Publikum vermutlich ahnt.

Während der Festivalsommer für unser Publikum mit den ersten Festivals Ende Mai startet, beginnt für uns die Arbeit bereits gut ein halbes Jahr vorher. In dieser Phase gehts vor allem um die Frage: Wie soll die Berichterstattung an den Festivals aussehen? Wir treffen uns regelmässig und sammeln Ideen für drei Vektoren: Radio, Online (Website und Social Media) und TV.

Ab Anfang Juni verschiebt sich mein Arbeitsalltag vom Radiostudio nach draussen. Im Team bin ich während dreier Monate unterwegs, um von neun Festivals zu berichten: angefangen beim Greenfield Festival über das Open Air St. Gallen, Frauenfeld, Gurtenfestival, Paléo Festival in Nyon, Open Air Lumnezia, Heitere, Gampel bis zum Zürich Open Air.

Zum Team vor Ort gehören Kolleginnen und Kollegen aus der Onlineredaktion, Radio- und Fernsehproduzenten, Musikredakteure, Reporter, VJs, eine Fotografin, ein Cutter, unser Projektleiter und die Moderatoren für die Radioübertragungen.

Auch die Gspändli von SRF Virus sind mit uns unterwegs, denn im Festivalsommer arbeiten wir redaktionsübergreifend zusammen, statt mit zwei separaten Teams.

Und was mache ich eigentlich an all den Festivals? Nehmen wir beispielsweise das Gurtenfestival: Bevor wir nach der Anreise aus Zürich auf den Berner Hausberg fahren, deponieren wir unsere Sachen im Hotel. Nein, wir übernachten nicht auf den Festival-Zeltplätzen.

Unsere Tage sind in der Regel lang (im Schnitt gut und gern zwölf Stunden, manchmal länger) und anstrengend, weshalb wir auf die Nachtruhe angewiesen sind.

Auf dem Gurten angekommen, richten sich erstmal alle ein. Für jeden von uns ist in zwei Containern hinter der Hauptbühne ein Arbeitsplatz vorgesehen.

Gleich ist 14.30 Uhr und mein erster Termin steht an: ein Interview mit dem britischen Sänger Rag’n’Bone Man. Die Kameramänner sind bereit. Wir treffen Rory Graham, wie Rag’n’Bone Man eigentlich heisst, im Artist-Bereich, in einer abgesperrten Zone backstage.

Wir haben genau fünfzehn Minuten. Rorys Manager schaut ständig auf die Uhr und die Produzentin zeigt mir per Handzeichen regelmässig, wie viel Zeit noch bleibt.

Wir reden über Rorys Katze, die einen eigenen Instagram-Account hat (folgen lohnt sich: @ragnbonecat), und seine bevorstehende Vaterschaft. Und schon wird Rag’n’Bone Man fürs nächste Interview erwartet.

Welche Konzerte übertragen wir? Welche Interviews sind geplant? Wer setzt welche Videoformate um? Was ist für die Liveübertragung im Radio geplant? Backstage in der Teamsitzung besprechen wir den Tagesplan.

Im Redaktionscontainer wähle ich mich mit dem Handy für die Radioschaltung ein. Für eine bessere Tonqualität geh ich nach draussen, ausgerüstet mit Handy, Mikrofon und kleinen Kopfhörern. «Hoffentlich spricht mich niemand während der Schaltung an,» denke ich noch, dann legt die Kollegin im Radiostudio mit ihren Fragen los.

Während ich hinter der Hauptbühne hin und her tigere, erzähle ich vom Wetter und vom Publikum und dass beide um die Wette strahlten. Ein Musiker, an dessen Namen ich mich nicht erinnere (superpraktisch als Moderatorin), kommt mir entgegen und schreit euphorisch irgendwas ins Mikrofon.

Sowas passiert im Festivalsommer öfter, dass Menschen Dinge in mein Mikrofon schreien – egal, ob wir gerade live auf Sendung sind oder nicht.

Das gehört hier zum Alltag: Wir senden live mitten aus dem Trubel. Und egal, wie gut du dich vorbereitet hast – niemand kann dir sagen, was tatsächlich als nächstes passieren wird. Das liebe ich an meinem Job: diese Unvorhersehbarkeit, all diese Momente, in denen spontanes Improvisieren gefragt ist. Ich erkläre kurz, dass wir gerade von einem Musiker unterbrochen wurden und winke diesem hinterher.

Um 17.30 Uhr treffen wir Thomas aus Bern, der dem amerikanischen US-Rapstar Macklemore ähnlich sieht. Wie wird das Festivalpublikum wohl reagieren, wenn plötzlich ein vermeintlicher Superstar auftaucht? Das wollen wir im Video festhalten und ziehen mit Thomas, ausgestattet mit Hut, Sonnenbrille und meinem Leopardenmantel, los. Auf dem Gelände werden wir von diversen Leuten angesprochen, die ein Selfie mit «Macklemore» machen möchten. Und das, obwohl er sich die meiste Zeit im breitesten Berndeutsch mit mir unterhält. Faszinierend.

Das grosse Konzert-Highlight an diesem ersten Gurtentag ist definitiv der Auftritt von Macklemore. Wir planen ein Video, in dem wir die Reaktionen eines Macklemore-Fans während der ersten Konzertminuten einfangen. Kurz vor Konzertbeginn suche ich gemeinsam mit dem Kameramann eine junge Frau aus und mache ein kurzes Interview mit ihr.

Dann kommt Macklemore auf die Bühne. Während der Kameramann die junge Frau filmt, passe ich auf, dass niemand die Aufnahmen stört. Im Bühnengraben wimmelt es nur so von Sicherheitspersonal und Fotografen, die Chance, dass jemand vor die Kamera steht, ist gross.

Uns bietet sich ein eindrückliches Bild: auf der einen Seite tausende von schreienden Fans, auf der anderen Seite, wenige Meter entfernt auf der Bühne, Macklemore und seine Crew.

Ich bereite die Outfits für den nächsten Tag vor, bevor ich im Bett noch ein wenig lese. Selbst wenn ich müde bin – an Festivaltagen kann ich nie sofort einschlafen. Ich brauche einen ruhigen Moment für mich allein und lasse den Tag noch einmal Revue passieren.

Die Schweizer sind ein Volk von Festivalgängern. Das merke ich nicht nur an den Open Airs, wenn ich auf meinen Job angesprochen werde. Das zeigen auch die Reaktionen unseres Radiopublikums. Viele Hörerinnen und Hörer bedanken sich herzlich für unsere Arbeit und schreiben, sie hätten das Gefühl, als wären sie live dabei.

Das ganze Projekt fördert aber auch die heimische Musikszene und die Schweizer Festivalkultur. Dass wir unserem Publikum den ganzen Sommer lang Livemusik, spannende Künstler und tolle Geschichten von den Festivals bieten können, macht nicht nur Spass – darauf bin ich auch stolz.

Meistgelesene Artikel