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Die «Swisspass-Strafe»: Langjährige SBB-Kunden benachteiligt
Aus Espresso vom 13.09.2016. Bild: key
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Umwelt und Verkehr Die «Swisspass-Strafe»: Langjährige SBB-Kunden benachteiligt

Seit August 2015 ist der Swisspass bei der SBB Pflicht. Stossend: Mit dem Wechsel gelten neue Vertragsbedingungen. Auch langjährige Kunden werden als «Neukunden» behandelt – mit finanziellen Folgen.

GA-Kundin Maja Gysi traute ihren Augen kaum, als sie ihr Abo zwei Monate vor dem offiziellen Ablauf zurückgeben wollte: Anstatt der erwarteten rund 610 Franken erhielt sie bloss etwas mehr als die Hälfte zurück. Konkret: 355 Franken.

Sie glaubt an einen Irrtum, doch am Schalter bestätigte man den Sachverhalt. Die Begründung: Obwohl sie seit acht Jahren ununterbrochen ein GA besitze, sei sie erst seit einem Jahr Swisspass-Kundin. Und für Neukunden gälten schlechtere Bedingungen bei der Aborückgabe.

Die «Swisspass-Strafe»

Tatsächlich: Die Geschäftsbedingungen haben mit der Einführung des Swisspass geändert. Neu unterschiedet die SBB zwischen Kunden im 1. und Kunden im 2. Abojahr. Für erstere gelten bei der Rückgabe des Abos schlechtere Bedingungen als für langjährige Kunden.

Maja Gysi ist konsterniert. Wieso sollte sie plötzlich als Neukundin gelten? «Ich habe seit Jahren ein GA und wurde dann zum Wechsel auf den Swisspass gezwungen. Wieso werde ich dafür jetzt auch noch bestraft?»

«Unter Umständen zu Kulanz bereit»

Die SBB bestätigt auf Anfrage des SRF-Konsumentenmagazins «Espresso» die neue Praxis. Wegen des Systemwechsels auf den Swisspass gälten alle Kunden «leider» als Neukunden. In «Einzelfällen» wie bei Maja Gysi, die just im ersten Jahr ihr Abo zurückgeben wollten, sei man aber «unter Umständen zu Kulanz bereit».

Vorteile ab dem zweiten Abojahr

Kulanz? Einen Monat lang muss «Espresso» bei der SBB insistieren, bis in dieser Sache ein Entscheid fällt. Dennoch verkauft die SBB die kundenunfreundliche Praxisänderung gar noch als Vorteil: «Ab dem 2. Abojahr gelten dafür bessere Rückgabebedingungen als früher. Langjährige Kunden werden also nach wie vor belohnt», argumentiert SBB-Sprecher Olivier Dischoe.

Für Pro-Bahn Schweiz «ein Skandal»

Kurt Schreiber von Pro Bahn Schweiz, der Interessevertretung der ÖV-Kunden, findet für das Vorgehen der SBB deutliche Worte. «Ich habe überhaupt kein Verständnis», sagt Schreiber gegenüber «Espresso».

Langjährige Kunden mit bürokratischen Regeln wie diesen zu vergraulen, sei dem Ruf nicht einträglich. «Einmal mehr verschlechtert die SBB eine Dienstleistung einfach so, obwohl es gar nicht nötig wäre», ärgert sich Kurt Schreiber.

Dank «Espresso» erhält SBB-Kundin Maja Gysi die fehlenden rund 300 Franken übrigens nun doch noch zurück. Beim Verkauf des Swisspass sei bei ihr «ein Fehler passiert», so die Begründung. Die SBB-Kundin freuts nur bedingt: «Für mich ist es zwar erfreulich, aber nicht für alle anderen Kunden, die sonst noch betroffen sind!»

Übrigens: Viele Kunden, die sich über die automatische Aboverlängerung bei der SBB ärgern, künden ihr Abo jeweils um es dann selber zu verlängern. Wer dies tut, ist ebenfalls von der «Swisspass-Strafe» betroffen. In diesem Fall gilt man jedes Mal wieder als Neukunde und muss die schlechteren Konditionen in Kauf nehmen.

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