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Patientendossier darf nicht teuer sein

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Wie zählen Ferien nach einem Unfall?

Laufzeit 2 Minuten 23 Sekunden. , Gabriela Baumgartner / Matthias Schmid

«Espresso»-Hörerin Gertrude Schwienbacher aus Muri (AG) stürzte im Januar beim Skifahren und zog sich schwere Verletzungen zu. Bis am 1. April war sie ganz, bis Mitte Juli zu 50 Prozent arbeitsunfähig. Ende Juni bezog Gertrude Schwienbacher zwei Wochen Ferien. Jetzt will ihr der Chef beide Wochen voll dem Ferienkonto belasten. «Dabei war ich noch gar nicht voll arbeitsfähig», schreibt sie uns. Und möchte wissen: «Darf mir mein Chef die Ferien voll belasten?»

Ferien sind zur Erholung da, zum Auftanken und Entspannen. Das ist laut Rechtsexpertin Gabriela Baumgartner jedoch nicht möglich, wenn eine Arbeitnehmerin mit einer Grippe im Bett liegt, sich nach einem Unfall von einer Operation erholen muss und regelmässige Arzt- oder Physiotherapiebesuche anstehen. In solchen Fällen sind Arbeitnehmende nicht nur arbeitsunfähig sondern auch ferienunfähig. In diesem Fall darf ein Arbeitgeber keine Ferien anordnen.

Bei Gertrude Schwienbacher ist die Sache etwas komplizierter. Sie hat zwei Ferienwochen bezogen, als sie noch zu 50% arbeitsunfähig war. Ob ihr Chef die ganzen zwei Wochen anrechnen darf oder nur eine, hängt von Schwienbachers Gesundheitszustand während ihrer Ferien ab. Ein Arbeitnehmer mit einem Gips am Bein zum Beispiel ist erholungs- und damit ferienfähig. Vorausgesetzt, er muss keine starken Medikamente schlucken und nicht ständig zum Arzt oder in die Physiotherapie hetzen.

Ob jemand ferienfähig ist, hängt also von medizinischen Kriterien ab. Im konkreten Fall muss der behandelnde Arzt in einem Attest gegenüber dem Arbeitgeber begründen, warum seine Patientin trotz der 50-prozentiget Arbeitsfähigkeit nicht ferienfähig gewesen ist. Liegt ein solches Arztzeugnis vor, darf der Arbeitgeber nur eine Woche als Ferien verbuchen.

Bei längeren Absenzen wegen Krankheit oder Unfall darf der Arbeitgeber allerdings die Ferien kürzen. Dauert die Absenz mehr als vier Wochen, darf das Ferienguthaben für jeden darüber hinausgehenden vollen Monat um 1/12 gekürzt werden. Im Beispiel: Gertrude Schwienbacher war von Januar bis Mitte Juli ganz- oder teilweise arbeitsunfähig: Für die «angebrochenen» Monate im Januar und Juli sowie den ersten «vollen» Monat ihrer Absenz darf keine Kürzung erfolgen. Bleiben 4 Monate, was einer Kürzung von 1/3 des Ferienanspruches bedeutet.

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Patientendossier darf nicht teuer sein

Laufzeit 3 Minuten 19 Sekunden. , Muriel Jeisy

Viele Leute möchten wissen, was ihr Arzt im Patientendossier über sie notiert. Oder sie brauchen die Unterlagen für einen Arztwechsel. Der Arzt muss die Krankengeschichte herausgeben, er kann aber Geld dafür verlangen.

Die «Espresso»-Hörerin Samantha Donauer aus Lupfig (AG) war schockiert, als man ihr in einem Spital sagte, sie müsse 300 Franken bezahlen, wenn sie ihr Patientendossier in Papierform brauche. «Das ist doch viel zu viel, bisher war das meistens gratis», meint sie.

Nicht mehr als 300 Franken
Margrit Kessler, Präsidentin der Schweizerischen Patientenorganisation, bestätigt, dass die meisten Ärzte und Spitäler das Patientendossier gratis herausgeben. Für das Kopieren eines umfangreichen Dossiers dürften sie aber auch etwas verlangen. Allerdings nicht mehr als 300 Franken. Umfangreich ist ein Dossier zum Beispiel, wenn jemand in einem Spital auf der Intensivstation war. Oder wenn jemand in vielen verschiedenen Abteilungen behandelt wurde.

Nicht alles anfordern
Dass jemand 300 Franken bezahlen muss für seine Krankengeschichte, findet Margrit Kessler trotz allem nicht gerechtfertigt: «Für diesen Preis müsste ja jemand sechs Stunden lang Papier kopieren.» Besteht ein Arzt oder ein Spital auf diesen Betrag, gibt Margrit Kessler den Tipp, nur das Nötigste anzufordern. Meistens würden ein paar wenige Unterlagen reichen, um eine Krankengeschichte nachvollziehen zu können. Wenn man nicht weiss, welche Unterlagen wichtig sind, kann man einen Arzt oder die Patientenorganisation um Rat fragen.

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Öffentliche WCs in der Beiz

Laufzeit 4 Minuten. , Simon Thiriet / Roger Müller

Restaurants und Geschäfte sollen ihre Toiletten für Passanten öffnen. Diese Idee aus Deutschland wird in mehreren Schweizer Städten diskutiert. Solothurn will damit bis nächstes Jahr den sanitären Notstand in der Altstadt beseitigen.

Im Solothurner Stadtkern herrscht WC-Mangel. In den letzten acht Jahren habe die Stadt alle öffentlichen Toiletten in der Altstadt schliessen müssen, erklärt Stadtschreiber Hansjörg Boll die aktuelle Lage. Eine Sanierung der alten Anlagen wäre zu teuer gewesen. Für eine neue, moderne Toilette fehlen der Platz und das Geld. «Die letzte Toilette, die wir gebaut haben, hat gegen eine halbe Million Franken gekostet», sagt Hansjörg Boll. Dazu kommen jährlich rund 100‘000 Franken für die Betreuung der Toilette. Eine Toilettenaufsicht ist nötig, um Schäden durch Vandalismus vorzubeugen.

Einen kostengünstigen Ausweg fand Boll bei Solothurns Partnerstadt Heilbronn. Heilbronn ist eine von 127 Städten in Deutschland, die das Konzept «nette Toilette» anwenden: Restaurants und Läden öffnen ihre WCs gratis für die Öffentlichkeit. Im Gegenzug bezahlt die Stadt einen Teil der Unterhalts- und Reinigungskosten.

Die Idee, die Gastronomen einzubinden, findet Hansjörg Boll bestechend: «Das ermöglicht ein dichtes Netz an betreuten Toiletten auf kleinstem Raum.» Ziel ist es, das Konzept bis nächstes Jahr in Solothurn einzuführen. Zunächst muss die Stadt aber abklären, wie viel sie den Beizern für den Unterhalt der Toiletten bezahlen kann und welche Betriebe mitmachen würden.

An der Umsetzung sind jedoch schon andere Schweizer Städte gescheitert. In Luzern und St. Gallen wurde die Idee diskutiert und verworfen. Die Stadt Dübendorf hat ein ähnliches Projekt 2011 abgebrochen. «Die Gastronomen waren dafür nicht zu begeistern», sagt der Dübendorfer Stadtschreiber David Ammann dazu. Die Beizer betonten, dass Passanten schon jetzt Restaurant-Toiletten nutzten. Zudem sei das WC-Problem eine öffentliche Aufgabe.

In Interlaken hat das Parlament die Gemeinde aufgefordert, das Konzept der «netten Toilette» zu testen. Der geplante Versuchsbetrieb liegt derzeit aber auf Eis. Hinter dem Vorstoss steckt Gemeinderatspräsident David Bühler/EVP. Er leitet selbst eine Herberge und glaubt, dass das Gastgewerbe profitieren würde: «Ein Plus sind mehr Laufkundschaft und ein positives Image.»

Das bestätigt die deutsche Stadt Aalen, die das Konzept vor zehn Jahren aus der Taufe hob. Die Zahl der beteiligten Betriebe hat sich inzwischen verdoppelt. Für neue Interessenten gibt es eine Warteliste. Die Stadt konnte Kosten sparen, indem sie zwei von sieben öffentlichen Toiletten dicht machte - trotzdem finden Passanten heute flächendeckend gratis Klos.

Besonders wichtig ist dieser Aspekt für Bruno Raffa. Er ist Präsident der Schweizerischen Morbus Crohn/Colitis ulcerosa Vereinigung und vertritt in dieser Funktion die Interessen von Menschen mit Darmerkrankungen. «Für viele dieser Menschen ist es schwierig am öffentlichen Leben teilzunehmen - aus Angst, dass keine Toilette vorhanden ist», sagt Bruno Raffa.

Er setzt sich dafür ein, dass mehr private Toiletten frei zugänglich sind. Allerdings könne ein Konzept in der Form der «netten Toilette» nur als Ergänzung zu öffentlichen WCs dienen. Denn: «Im Gegensatz zu vielen öffentlichen Toiletten sind WCs in Gastbetrieben nur zu den jeweiligen Geschäftszeiten geöffnet. Ebenfalls könnte das Problem der behindertengerechten öffentlichen Toilette so nicht gelöst werden.»

In der Sendung «Regional-Diagonal» war die «nette Toilette» letzhin ebenfalls Thema. In der Region Unterengadin - genauer in Ftan - ist das System bereits in Betrieb - mit Erfolg!

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