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Kostenexplosion bei MS-Medikament
Aus Espresso vom 08.10.2014. Bild: zvg
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Gesundheit Kostenexplosion bei MS-Medikation

Das Pharmaunternehmen Biogen hat soeben ein Medikament für Multiple Sklerose auf den Schweizer Markt gebracht. Die jährlichen Behandlungskosten explodieren deshalb von rund 2000 auf über 20‘000 Franken. Die deutlich günstigeren Alternativen werden von den Krankenkassen nicht mehr übernommen.

Patient O.S. (Name der Redaktion bekannt) leidet unter Multipler Sklerose – und er versteht die Welt nicht mehr: Von seiner Krankenkasse hat er ein Schreiben erhalten. Darin wurde ihm mitgeteilt, die Dimethylfumarat-Tabletten, welche er über seine Apotheke für rund 3 Franken pro Stück bezieht, würden nicht mehr vergütet, da jetzt das Medikament Tecfidera in der Schweiz zugelassen sei.

Will sich O.S. weiterhin mit dem Wirkstoff Dimethylfumarat gegen MS behandeln lassen, muss er auf das rund zehnmal teurere Medikament umsteigen. Seine jährlichen Behandlungskosten steigen von rund 2000 Franken pro Jahr auf weit über 20‘000 Franken.

Längst bekannter Wirkstoff

Dimethylfumarat (DMF) ist ein Wirkstoff, der ursprünglich zur Behandlung von Schuppenflechte eingesetzt wurde. Durch ein Zufall wurde entdeckt, dass DMF bei Patienten mit Multipler Sklerose die Anzahl der Krankheitsschübe deutlich verringert. Seither stellen diverse Apotheken Präparate mit DMF her – MS-Patienten, welche den Wirkstoff verschrieben bekommen, wurden die Kosten für die Tabletten bis anhin vergütet.

Mit der Zulassung von Tecifidera in der Schweiz ändert sich dies nun: Die Schweizer Gesetzgebung sieht vor, dass die Krankenversicherer nur offiziell zugelassene Medikamente vergüten.

«Ausnahmen sind nicht möglich», sagt Oliver Peters, Vizedirektor vom Bundesamt für Gesundheit gegenüber dem Konsumentenmagazin «Espresso» auf Radio SRF 1: «Solange es ein zugelassenes Medikament gibt für die entsprechende Behandlung, muss auch dieses vergütet werden.»

Entwicklungskosten soll Preisexplosion erklären

Markus Ziegler von Biogen rechtfertigt gegenüber «Espresso» den riesigen Preisunterschied damit, dass «das Produkt über eine patentierte Formulierung mit magensaftresistenten Mikrotabletten verfügt, welche gewährleisten, dass der Wirkstoff zur richtigen Zeit, in der richtigen Menge und am richtigen Ort im Körper abgegeben wird.»

Zudem sei es das einzige Produkt, welches ein vollständiges Entwicklungs-Programm durchlaufen habe, das die Wirksamkeit und Sicherheit des Präparats in grossen klinischen Studien mit über 3600 Patienten wissenschaftlich belege, schreibt der stellvertretende Direktor für Marktzugang bei Biogen, Markus Ziegler.

Lösung zeichnet sich ab

An der absurden Situation soll sich nun aber etwas ändern: Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) prüft momentan einen Antrag, der den Wirkstoff Dimethylfumarat auf die sogenannte Arzneimittelliste mit Tarif setzen will.

Wäre der Wirkstoff auf dieser Liste aufgeführt, könnten die Krankenkassen auch wieder die günstigeren DFM-Tabletten von Apotheken übernehmen. «Bis in drei Monaten sollte ein Entscheid gefällt sein», betont BAG-Vizedirektor Peters gegenüber «Espresso».

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