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Überteuerte Medikamente: BAG arbeitet an Gesetzesänderung
Aus Espresso vom 09.10.2015. Bild: Keystone
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Gesundheit Überteuerte Medikamente: BAG arbeitet an Gesetzesänderung

Ein neuer Vergleich des Preisüberwachers zeigt: Generika sind in der Schweiz noch immer rund 60 Prozent teurer als im restlichen Europa. Nun arbeitet das Bundesamt für Gesundheit an einer Gesetzesänderung, die dieses Problem endlich lösen soll.

Nachahmerprodukte, also Generika, sind gemäss einer aktuellen Studie des Preisüberwachers in der Schweiz im Durchschnitt immer noch doppelt so hoch wie im Ausland. Ein Extrembeispiel ist das Präparat Pantoprazol.

Während Patienten in der Schweiz für eine Packung des Magensäure-Hemmers 41.90 Franken bezahlen, kostet die identische Packung in Holland 2.50 Franken. «Unglaublich!», ärgert sich Preisüberwacher Stefan Meierhans gegenüber dem Konsumentenmagazin «Espresso» von Radio SRF 1. Und fordert einen Systemwechsel.

«Schuld am Missstand ist die Abstandsregel»

Preistabelle
Legende: Ein Preisvergleich von Santésuisse. Santésuisse

Der Grund für diese frappanten Unterschiede ist gemäss Preisüberwacher die sogenannte «Abstandsregel». Diese besagt, wie viel billiger ein Generikum im Vergleich zum Originalpräparat mindestens sein muss. Das Problem ist, dass die Generikahersteller dies als fixe Preisvorgabe missverstehen und ihre Präparate selten günstiger anbieten, als vom Gesetz gefordert.

Künftig soll stattdessen für jeden Wirkstoff ein Höchstbetrag bestimmt werden, welcher die Krankenkasse maximal vergütet. Dieser Festbetrag soll sich laut dem Vorschlag des Preisüberwachers am Durchschnitt des günstigsten Drittels orientieren.

Wettbewerb soll gestärkt werden

Generika selber finden:

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Auch innerhalb der Schweiz sind die Preisunterschiede zwischen Original und Generika, sowie zwischen verschiedenen Generika riesig. Hier erfahren Sie, wie Sie schnell ein Medikament mit dem gleichen Wirkstoff finden. Weiter

Dieser Systemwechsel werde dazu führen, dass Patienten eher zu günstigen Nachahmerprodukten greifen. Der Wettbewerb unter den Präparaten verstärke sich – und so würden schlussendlich auch die Preise der Original-Medikamente unter Druck kommen, ist Stefan Meierhans überzeugt.

Mittlerweile hätten rund 20 europäische Länder dieses sogenannte «Festbetragssystem» eingeführt, so Meierhans. «Und Studien zeigen klar auf, dass dieses System die Medikamentenpreise senkt und zudem keine negativen Auswirkungen auf die Gesundheit der Patienten hat.»

«Es ist bekannt, dass wir in der Schweiz höhere Kosten haben»

Der Branchenverband der Generika-Hersteller, Intergenerika, wehrt sich vehement gegen den geplanten Systemwechsel. Peter Huber, Präsident von Intergenerika, bemüht das Argument der Hochpreisinsel Schweiz: «Es ist ja bestens bekannt, dass wir in der Schweiz höhere Kosten haben. Also höhere Löhne, Mieten, Transportkosten etc. Wieso sollen genau Generika nicht teurer sein als im Ausland?»

Branchenverband fürchtet um Wahlfreiheit

Der Generika-Verband argumentiert auch mit dem Wohl der Patienten. Dieser Systemwechsel würde zu einer Einschränkung der Wahlfreiheit führen, so Peter Huber von Intergenerika: «Der Patient würde nicht mehr jenes Medikament erhalten, welches für ihn medizinisch optimal ist.»

«Stimmt nicht!», entgegnet der Preisüberwacher. Genau aus diesem Grund ist eine Ausnahmeregelung vorgesehen. «Wenn der Arzt aus gesundheitlichen Gründen ein bestimmtes Präparat oder eine bestimmte Darreichungsform verschreibt, soll die Krankenkasse dieses auch in Zukunft zu 100 Prozent erstatten», so Meierhans gegenüber «Espresso».

«400 Millionen Franken pro Jahr»

Mit dem Systemwechsel könnten gemäss Preisüberwacher Stefan Meierhans rund 400 Millionen Franken gespart werden – pro Jahr. Tendenz steigend. Für Meierhans besteht deshalb dringender Handlungsbedarf: «Letztlich bezahlen wir die überhöhten Preise alle über die Krankenkassenprämie. Es ist Zeit, dass sich etwas tut!»

Tatsächlich ist das Bundesamt für Gesundheit daran, einen Vorschlag für eine entsprechende Gesetzesänderung auszuarbeiten. Diese wird voraussichtlich im ersten Halbjahr 2016 in die Vernehmlassung gehen. Die Krankenkassen und die Stiftung für Konsumentenschutz SKS sind klar für einen Systemwechsel. Bei Patientenschutzorganisationen ist die Meinung geteilt.

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