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Konsum Die Post verschickt «Umzugssets» an Tote

«Espresso» deckt ein peinliches Problem der Post auf: Personen, die von Angehörigen bei der Post als verstorben gemeldet werden, erhalten ein Umzugsset. «Für Ihre neuen vier Wände. Alles, damit Sie sich gleich wieder zuhause fühlen», heisst es im «Zügel»-Set, das die Post an die Toten verschickt.

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Die Post verschickt «Umzugssets» an Tote
aus Espresso vom 04.10.2013. Bild: SRF
abspielen. Laufzeit 3 Minuten 43 Sekunden.

Wie von der Post gewünscht, hat Susanna Schaer den Tod ihres Vaters mit einem original Totenschein bestätigt. Damit sollten die Briefe an ihren verstorbenen Vater an sie umgeleitet werden. Anstelle der Briefe hat sie aber ein Umzugsset – adressiert an ihren Vater – erhalten. «Wir stehen Ihnen beim Wohnungswechsel gerne bei», hiess es in dem Schreiben. «Das ist verletzend», sagt die Tochter des Verstorbenen gegenüber dem Konsumentenmagazin «Espresso» auf Radio SRF 1.

Ein Toter als Untermieter

Noch zynischer: Anstelle der Post des Vaters, hat sie einen Zettel in ihrem Briefkasten vorgefunden, aufdem sie zurechtgewiesen wurde. Sie solle bitte ihren neuen Untermieter am Briefkasten beschriften. Ansonsten könne man ihr die Post nicht zustellen. «Ich weiss nicht, ob ich meinen toten Vater wirklich an meinem Briefkasten beschriften muss?» fragt die Trauernde.

Am meisten stört sich Susanna Schaer aber, dass sie bei der Post keinen Ansprechparnter findet, der ihr hilft. Das Problem werde immer auf sie gewälzt, sie hätte angegeben, dass der Vater umgezogen sei, heisst es in Antwortschreiben oder am Telefon. Das Problem hat sich zusätzlich noch verschärft: Inzwischen bekommt sie weitere Briefe von Unternehmen, die ihren verstorbenen Vater zum Umzug beglückwünschen. «Die Post hat offenbar diese Daten weiterverkauft», so die Vermutung der «Espresso»-Hörerin.

«Die Post soll wieder sauber arbeiten»

Auf der Redaktion von «Espresso» haben sich weitere Angehörige gemeldet: Auch die Trauer-Familie Santschi hat das Umzugsset für den verstorbenen Vater zugestellt bekommen. Darin enhalten Gutscheine und Rabatte, verbunden mit den besten Wünschen. Die Post hoffe, man möge sich am neuen Wohnort doch hoffentlich bald schon wohlfühlen. «Umgezogen ist mein Vater zwar», erklärt Christian Santschi mit schwarzem Humor. «Dass er die Gutscheine einlösen wird, wage ich aber zu bezweifeln.»

Neue Post-Software führt zu Problemen

«Espresso» fragt bei der Post nach, Mediensprecherin Nathalie Dérobert zeigt sich betroffen. «Wir können den Unmut absolut verstehen und möchten uns zu tiefst bei den Betroffenen entschuldigen». So etwas dürfte wirklich nicht geschehen.

Gleichzeitig bestätigt sie Recherchen von «Espresso»: Eine neue Software, die seit Mitte Juli im Einsatz ist, ist Schuld an den peinlichen Problemen. Seit der Einführung der neuen Software habe sich die Erfassung solcher Aufträge verändert. «Dabei haben sich bei der Erfassung diese bedauerlichen Fehler gehäuft», gibt Dérobert zu. Es seien aber Sofortmassnahmen eingeleitet worden – unter anderem werde das Personal auf solche Fälle sensibilisiert.

«Post soll sich wieder auf Kerngeschäft konzentrieren»

Auch wenn Christian Santschi in einer Zeit der Trauer die Angelegenheit mit Humor nehmen kann, sagt er, was viele denken: «Es wäre schön, wenn die Post sich wieder auf ihr Kerngeschäft konzentrieren und dies sauber erledigen würde, anstatt Papeterie, Kaugummi und Gummibärchen am Postschalter zu verkaufen.»

In beiden Fällen steht eine angemessen Entschuldigung der Post aus. «Es hätte sich ja irgendwann mal jemand von der Post entschuldigen können», resümiert Susanna Schaer. «Ausser vorgefertigte Mails habe ich aber nichts erhalten».

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