Zum Inhalt springen

Header

Video
16.03.04: Auto-Ersatzteile: Hersteller und Importeure behindern den freien Markt
Aus Kassensturz vom 16.03.2004.
abspielen. Laufzeit 12 Minuten 20 Sekunden.
Inhalt

Umwelt und Verkehr Auto-Ersatzteile: Hersteller und Importeure behindern den Markt

Seit 2002 ist der Automarkt in der Schweiz liberalisiert. Doch in der Praxis haperts: Markenvertreter und Hersteller wollen das lukrative Geschäft mit Autoersatzteilen nicht aus der Hand geben und schikanieren unabhängige Garagisten und Autokäufer weiterhin.

Vor zwei Jahren leistete sich Pascal Schwaller einen Neuwagen. Mit seinem Ford ist der Werkzeugmacher zufrieden. Mit dem Kundendienst von Ford Schweiz hingegen nicht: Als im vergangenen Herbst die Zentralverriegelung ausfiel, weigerte sich Ford, die Arbeit als Garantieleistung auszuführen und verrechnete 570 Franken.

Der Grund: Pascal Schwaller hatte zehn Monate zuvor den Service bei seinem Schwager Georg Lindenmann machen lassen, und der hat eine Opel-Vertretung. Ford schreibt auf Anfrage von Kassenturz: «..., dass man jeweils einen offiziellen Ford-Händler für die Service berücksichtigen muss. Falls dies nicht der Fall ist, behalten wir uns vor, die Garantie als hinfällig zu betrachten.»

«Das ist eine Art Erpressung, um die Kunden bei der Ford-Garage zu behalten», ärgert sich Schwaller. Ähnliches musste der unabhängige Garagist Fritz Vogel erfahren. Seitdem er sich sich vor sieben Jahren vom VW-Importeur Amag abnabelte, schikaniert sie ihn und seine Kunden.

Der aktuellste Fall: VW will einen Motorschaden, ausgelöst durch einen Mangel ab Werk nicht zahlen, weil Vogel die Wartung gemacht hat. Vor drei Wochen konfrontierte Kassensturz die Amag mit diesem Garantiefall. Letzte Woche kam die Antwort: «Unabhängig von Ihrer Anfrage hatte unser Kundendienst bereits entschieden, die Kosten für den von Ihnen genannten, uns schon bekannten Fall zu übernehmen. »

Das Nachgeben kommt nicht von ungefähr: In ganz Europa wird der Ersatzteilmarkt liberalisert. Auch in der Schweiz. Die Wettbewerbskommission hat bereits 2002 eine Bekanntmachung veröffentlicht, mit der sie die Tricks der Hersteller und Importeure unterbinden will. Doch viele schikanieren ihre Kunden weiter.

Der ehemalige TCS-Chef Peter Riedwyl nennt den Grund: Hersteller und Importeure wollen das hochrentable Original-Ersatzteil-Geschäft nicht aus der Hand geben. «Die Hersteller haben ihren Markenvertretern Auflagen gemacht, bei ihnen Originalteile zu beziehen. Das ist sehr lukrativ: Im Schnitt werden 400 Prozent draufgeschlagen, zum Teil massiv mehr», weiss Riedwyl.

Einer, der den Importeuren Marktanteile abjagen will, ist die Firma Derendiger. Sie ist der grösste Ersatzteilgrosshändler der Schweiz und beliefert unabhängige Garagen. Derendinger bietet identische Ersatzteile an wie die Importeure. Der einzige Unterschied ist oft der Preis: Ein Kühler für einen Opel Astra kostet beispielsweise bei Derendinger 496 Franken, der offizielle Preis beim Importeur beträgt 539 Franken.

Die Batterie für einen Mercedes E 420 kostet bei Derendinger 241 Franken, bei Mercedes 354 Franken. Ein Kühler für den BMW 320ci erhält der unabhängige Garagist bei Derendinger für Fr. 314.15. Beim Importeur kostet der identische Kühler Fr. 599.45. Das sind über 285 Franken mehr als bei Derendinger.

Gegen ungerechtfertigt hohe Preise und andere Tricks der Markenanbieter hat die Weko noch wenig Handhabe: «Bis jetzt konnten wir nur sagen, das dürft ihr nicht», sagt Patrick Krauskopf, Vizedirektor der Weko. Das wir sich ändern: «Wir werden die Unternehmen mit bis zu 10 Prozent des in den drei letzten Jahren in der Schweiz erwirtschafteten Umsatzes büssen können», sagt Krauskopf.

Die Schonfrist für Hersteller und Importeure läuft Ende Jahr aus. Wer danach noch gegen die neue liberale Regelung verstösst, kann zur Kasse gebeten werden.

Meistgelesene Artikel