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«Mir sind mit em Velo da!» – Oder doch nicht…?
Aus Espresso vom 09.05.2014. Bild: Keystone
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Umwelt und Verkehr «Mir sind mit em Velo da!» – Oder doch nicht…?

Kinder und Jugendliche haben immer mehr Mühe auf dem Velo – wenn sie denn überhaupt eines besitzen. Laut Studien hat sich die Velonutzung in den letzten 20 Jahren halbiert. Zudem bestehen immer mehr Schüler die Veloprüfung nicht. «Espresso» zeigt auf, woran das liegt.

Im Kanton Bern sind die Veloprüfungen an der Schule obligatorisch. Immer wieder werden Schülerinnen oder Schüler jedoch gar nicht zugelassen, sagt Bruno Spichiger, Dienstchef der Abteilung Verkehrssicherheit der Kantonspolizei Bern. Dies, weil sie so schlecht Velo fahren können, dass eine Teilnahme zu gefährlich wäre.

«Sie können nicht mehr zurückschauen»

Doch auch jene, die antreten können, würden die Prüfung immer öfter nicht bestehen: «Sie haben oftmals motorische Defizite. Sie können nicht gleichzeitig ein Handzeichen geben, zurückschauen und die Spur halten.» Diese Schüler hätten sich die Kompetenzen nie angeeignet, weil sie auch in der Freizeit nie oder nur selten mit dem Velo unterwegs seien.

Eine wichtige Rolle dabei würden Eltern spielen, sagt Yvonne Müller von der Organisation Pro Velo. «Wenn die Eltern nicht Velo fahren, wird es auch für die Kinder sehr schwer, dies zu lernen.» Andererseits hätten Eltern – auch solche die Velo fahren – vielfach Angst um ihre Kinder. Diese Angst sei jedoch in den allermeisten Fällen unbegründet, auch wenn der Verkehr zugenommen habe.

Eltern sind oft übervorsichtig

Dies bestätigt auch Daniel Sauter, Co-Autor einer Studie über die Velonutzung von Kindern und Jugendlichen im Kanton Basel Stadt. Hier habe sich gezeigt, dass zwar die Infrastruktur mangelhaft sei. «Doch Kinder und Jugendliche, die viel mit dem Velo unterwegs sind, nehmen den Verkehr keineswegs als gefährlich wahr. Entscheidend ist, dass sie durch viel Übung die nötige Sicherheit gewinnen.»

Vielfach gebe es im Umfeld der Kinder und Jugendlichen jedoch keinen Raum, um das Velofahren von Grund auf zu üben. Dies bestätigt auch Erziehungswissenschaftler Marco Hüttenmoser vom Netzwerk Kind und Verkehr. Früher seien auch kleine Kinder häufig draussen anzutreffen gewesen. Heute sei dies nicht mehr so oft der Fall.

Der ÖV ist cooler als das Velo

Aus diesen Erkenntnissen folgt die Forderung: Mehr verkehrsberuhigte Begegnungszonen und Eltern, die ihren Kinder dort auch ermöglichen, das Velofahren zu lernen. Dies nützt jedoch nur bedingt, wenn das Velofahren später in der Schule nicht angesagt ist.

Die Basler Studie zeigt: Viele Jugendliche benutzen eher die öffentlichen Verkehrsmittel als das Velo, weil sie sich dort treffen und zusammen fahren können. Zudem gelten Velohelme unter Jugendlichen oft als uncool. Da die Eltern jedoch auf der Benutzung bestehen, werde oft ganz auf das Velo verzichtet.

«Die Talsohle ist erreicht»

Um das Velofahren wieder «cool» zu machen setzt die Organisation Pro Velo auf die Aktion «Bike2School». Schulklassen fahren während einem Monat möglichst geschlossen mit dem Velo zur Schule und können so Preise gewinnen. Dies kommt an: Laut Projektleiterin Yvonne Müller haben letztes Jahr rund 300 Schulklassen teilgenommen.

Auch Daniel Sauter zieht aus der Basler Studie vorsichtig positive Schlüsse. «Die Talsohle ist erreicht. Gerade bei Primarschülern und über 16-Jährigen gibt es Anzeichen, dass die Zahlen der Velonutzung wieder steigen.» Dies liegt zum Teil sogenannten Fixies, leichten Velos mit nur einem Gang, die unter Jugendlichen sehr beliebt sind.

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