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Porträt der Chat-Experten.
Legende: Dr. Christine Poppe und Prof. Michael Rufer. SRF
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Zwangsstörungen «Wo kann ich mich mit anderen Zwangserkrankten austauschen?»

Christine Poppe und Michael Rufer haben Ihre Fragen im «Puls»-Chat beantwortet.

Fachpersonen im «Puls»-Chat und am Telefon

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Dr. Christine Poppe

Chefärztin Psychotherapie und ambulante Psychiatrie

Sanatorium Kilchberg AG

Prof. Dr. Michael Rufer

Stv. Klinikdirektor

Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Zwangsstörungen

Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie

Universitätsspital Zürich

+++

Dr. phil. Aba Delsignore

Oberassistentin

Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie

Universitätsspital Zürich

Dipl. psych. Juliane Emmerich

Psychologin Sprechstunde Zwangsstörungen

Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie

Universitätsspital Zürich

Dr. phil. Batya Licht

Fachpsychologin für Psychotherapie FSP

Leitung Fachstelle Psychotherapie und

Spezialsprechstunde Zwangsspektrum und Perfektionismus

Sanatorium Kilchberg

Chatprotokoll

Wenn ich zur Wohnung raus gehe, muss ich einfach nochmal umdrehen und nachschauen, ob die Kaffeemaschine ausgeschaltet ist oder ob ich ein Fenster offen gelassen habe. Bin sogar schon einmal auf dem Weg in die Ferien auf der Autobahn umgekehrt und habe die anderen Male lange eni schlechtes Gefühl gehabt. Meine Freundinnen lachen und sagen, das sei doch nicht schlimm. Aber ist das noch normal???

Christine Poppe: Das kommt darauf an, ob diese Kontrollen so ausgeprägt sind, dass Sie dadurch Ihrem Alltag nicht mehr nachkommen können, da sie zu viel Zeit beanspruchen, und Sie selbst darunter leiden

Was sind Zwangsgedanken?

Christine Poppe: Unter Zwangsgedanken versteht man aufdringliche Gedanken aus dem Bewusstseinsstrom, die sich dem Betroffenen gegen seinen Willen aufdrängen, ihm inhaltlich absurd erscheinen, ihn ängstigen, so dass er versucht, diese Gedanken zu unterdrücken oder sich auf eine andere Art zu beruhigen. Sehr häufig handeln solche Gedanken von der Angst vor Verschmutzung, Ansteckung oder Ängsten, unbewusst etwas Schlimmes zu tun. Auch sexuelle und religiöse Inhalte kommen vor. Solche Gedanken kommen im Grunde genommen bei allen vor, Menschen, die unter einer Zwangsstörung leiden, bewerten diese jedoch als katastrophal und engagieren sich deshalb in neutralisierenden Verhaltensweisen, was zu deren Aufrechterhaltung beiträgt.

wie behandelt man so eine zwangsatörung

Christine Poppe: In der Behandlung von Zwangsstörungen kommen medikamentöse und psychotherapeutische Ansätze zur Anwendung. Medikamentös werden moderne Antidepressiva aus der Gruppe der Serotoninwiederaufnahmehemmer eingesetzt in einer höheren Dosierung als bei Depressionen üblich. Die Medikamente bewirken ein Nachlassen der emotionalen Anspannung, verschaffen eine gewisse Distanz zu den Zwangsinhalten und können zu einer Stimmungsverbesserung beitragen. Psychotherapeutisch hat sich die kognitive Verhaltenstherapie mit Expositionstraining und Reaktionsmanagement als die Methode mit der Wahl etabliert. Dabei geht es darum, dass sich der Betroffene den ängstigenden Situationen aussetzt und so die ERfahrung macht, dass die Angst auch ohne Ausführung der Rituale nachlässt und er so die Situation und die eigenen Möglichkeiten neu einschätzen kann. Weitere Hinweise hierzu können Sie auch auf den entsprechenden Seiten der Homepage der SGZ finden www.zwaenge.ch

Wie sehr muss ich darunter leiden, dass man es behandlen muss? Der Gedanken an die Kontrollen verfolgt mich schon den ganzen Tag, aber arbeiten kann ich eigentlich schon noch.

Christine Poppe: Ein Kriterium kann es sein, wie viele Stunden am Tag Sie mit diesen Gedanken beschäftigt sind. Ist es mehr als eine Stunde? Und ist dies so ausgeprägt, dass Sie sich nicht mehr konzentrieren können und Ihnen dadurch möglicherweise Fehler unterlaufen? Vermeiden Sie wegen Ihrer Ängste, das Haus zu verlassen? Können Sie noch in die Ferien fahren? Wenn Sie unsicher sind, ob die Kriterien einer Zwangsstörung auf Sie zutreffen, können Sie sich auch unverbindlich zu einem Abklärungsgespräch bei einem Psychologen oder Psychotherapeuten melden, der ERfahrungen mit Zwänge hat. Geeignete Adressen in Ihrer Nähe können Sie vom Sekretariat der Schweizerischen Gesellschaft für Zwangserkrankungen erhalten. www.zwaenge.ch

Gibt es einen Zusammenhang zwischen Wahnvorstellungen und Zwangsstörungen?

Christine Poppe: Bei Wahnvorstellungen und Zwangsstörungen handelt es sich um unterschiedliche Erkrankungsbilder. Menschen mit Zwängen haben in der Regel die Einsicht in die Unsinnigkeit ihrer Zwangshandlungen, selbst dann wenn es ihnen schwerfällt den Impulsen zu widerstehen. Bei wahnhaften Symptomen fehlt diese Einsicht, weshalb die Gedanken nicht korrigierbar sind und dem Betroffenen als sinnvoll erscheinen.

Geht eine Zwangsstörung (immer) auf ein Trauma zurück? Oder kann das hormonelle Ursachen haben und plötzlich auftreten? Und wie merke ich als Angehöriger das?

Michael Rufer: Eine Zwangsstörung geht nicht immer auf Traumata zurück. Ein plötzliches Auftreten ist durchaus möglich, hormonelle Einflüsse sind vielleicht im Einzelfall ein Faktor, aber sicher nicht ein klassischer Hintergrund für Zwangsstörungen. Als Angehöriger können Sie die Ursachen der Zwangsstörung vermutlich nicht klären, aber sie können den Betroffenen dazu ermutigen, mögliche Ursachen bei einer Fachperson abklären zu lassen.

seit jahren vermute ich bei mir formen von zwängen, sei dies bei der ernährung, reinigung, sport und tagesabläufe. Bereits seit einem Jahr bin ich wegen meiner essstörung (essattacken) in psychologischer behandlung. doch vorallem jetzt, gegen ende des Studiums - unter dem druck - sind die zwänge immer heftiger. das nicht mehr leben in der eigenen wohnug kommt mir sehr bekannt vor.ich kann nicht sagen, ob ich nicht koche wegen den verschmutzungen oder den kalorien- was hilft dagegen?was tun?

Christine Poppe: Das ist eine wichtige Beobachtung. Im Rahmen von Essstörungen kommen immer wieder zwanhafte Verhaltensweisen rund um das Essen, die Figur und das Gewicht vor. Davon abzugrenzen sind aber Zwänge im eigentlichen Sinn, die sich inhaltlich davon unterscheiden. Als erstes wäre es sehr wichtig, dass Sie Ihrem behandelnden Psychologen von diesen Symptomen berichten, damit dieser mit Ihnen die Symptome diagnostisch klar einordnen kann. Davon hängt die weitere Behandlung ab.

Ich habe eine diagnostizierte Zwangsstörung, aber was mir wahnsinnige Angst macht und mir auch etwas die Motivation nimmt, alles dagegen zu tun ist der Gedanke: Was ist, wenn ich irgendwann schizophren werde oder frühere Gedanken (mit ca. 11-18 Jahren hatte ich Gedanken, jmd. könnte mein Haustier oder mich vergiften oder absichtlich mit Krankheiten infizieren) schizophren waren? Muss ich mir da Sorgen machen? Und habe ich ein Risiko Schizophrenie zu vererben, wenn ich nur eine Zwangstörung habe?

Christine Poppe: Bei Zwangsstörungen und schizophrenen Erkrankungen handelt es sich um unterschiedliche Erkrankungen. Das Vorliegen einer Zwangsstörung erhöht das Risiko, an einer Schizophrenie zu erkranken oder das Risiko hierfür weiterzugeben nicht.

Gehen Nasenbohren und Nägelkauen usw.auch in die Richtung Zwangsstörungen?

Christine Poppe: Zwangsstörungen werden dadurch charakterisiert, dass die Betroffenen bestimmte Handlungen ausführen oder Situationen vermeiden, um etwas Schlimmes zu verhindern oder wieder gut zu machen. Emotional erleben sie dabei Angst und Anspannung. Nägelkauem hingegen geht nicht mit einer bestimmten Befürchtung einher. Es handelt sich viel mehr um eine gewisse Minderung der Impulskontrolle.

Ich muss bei meinen Kindern das Zimmer immer aufräumen, die Bücher müssen immer alle in einer Linie sein. Ich vermeide auch mit Ihnen zu Basteln, Backen, Kochen u.s.w, da es eine Unordnung geben könnte... Ich weiss es ist nicht gut für meine Kinder. Wie kann ich das ändern? Ich möchte dass nicht! Ich lese auch nie in Ruhe ein Buch oder entspanne mich, sondern putzte meistens die Wohnung.

Michael Rufer: Auf jeden Fall ist es eine gute Motivation, auch wegen der Kinder etwas an diesen Verhaltensweisen zu ändern. Zu Beginn am besten in kleinen Schritten, so dass Sie sich nicht überfordern. Und wenn das für Sie unangenehm ist, versuchen Sie das Gefühl auszuhalten. Vielleicht versuchen Sie sich daran zu freuen, wie Ihre Kinder darauf reagieren. Wenn das nicht geht, könnten Sie einen guten Ratgeber zum Thema Zwangserkrankungen lesen (z.B. Lee Baer: Alles unter Kontrolle). Und wichtig wäre dann auch, einmal ein Gespräch mit einer Fachperson zu führen, um zu klären, ob es sich überhaupt um Zwänge handelt und was Sie am besten dagegen tun können..

Guten Abend, ich lese immer von medikamentöser Behandlung nebst der psychologischen Betreuung. Wie handhaben Sie es mit homöopathischer Unterstützung anstelle der Chemie?

Christine Poppe: Bezüglich der medikamentösen Behandlung stützen wir uns in der Regel auf die aktuelle Studienlage und die Leitlinien der Fachgesellschaften. Bislang liegen keine entsprechenden Studien zur Wirksamkeit von homöopathischen Mitteln vor. Daher kann aktuell ihre Wirksamkeit nicht beantwortet werden und somit auch keine Empfehlung aus ärztlicher Sicht ausgesprochen werden.

Kann man etwas mit Hypnose erreichen?

Michael Rufer: Es gibt einzelne Behandlungsberichte über den Erfolg von Hypnotherapie bei Zwangsstörungen. Aber wissenschaftlich nachgewiesen werden konnte nicht, dass diese Art der Behandlung bei Zwangsstörungen wirksam ist. Von daher wird ein anderes Psychotherapie-Verfahren, die kognitive Verhaltenstherapie, in erster Linie empfohlen.

Meine Tochter (20) wechselt die Socken bis zu drei mal täglich.

Christine Poppe: Das kann erst einmal nur eine Marotte sein. Entscheidend ist, ob Ihre Tochter dies aufgrund von bestimmten Befürchtungen tut, unter dieser Verhaltensweise leidet und Einschränkungen erlebt. Eine Frage kann auch sein, ob weitere zwanghafte Verhaltensweisen hinzukommen.

ich leide unter Ordnungs- und Kontrollzwängen. Wollte fragen, wie der aktuelle Forschungsstand bezüglich der Wirksamkeit der transkraniellen Magnetstimulation auf solche Zwänge ist und wo in der Schweiz man eine solche TMS-Therapie machen könnte?

Michael Rufer: Diese Behandlungsform, die bei Depressionen einige Erfolge bringt, wird für die Behandlung von Zwangserkrankungen nicht empfohlen. Ich würde dazu raten, besser die Therapieformen in Anspruch zu nehmen, welche als wirksam nachgewiesen worden sind: Die kognitive Verhaltenstherapie, eventuell in Kombination mit serotonergen Antidepressiva.

Welche SSRI setzt man bei Zwangsstörungen ein? Mit welcher Dosis?

Christine Poppe: Grundsätzlich können alle SSRIs eingesetzt werden, es gibt keine Wirkungsunterschiede. Entscheidend bei der Wahl sind das Wirkungs- und Nebenwirkungsprofil sowie etwaige zu erwartende Interaktionen, wenn weitere Medikamente eingenommen werden. Eine Liste mit den üblichen Medikamenten und Dosierungen finden Sie auf www.zwaenge.ch. Meist wird die Dosis höher als sonst üblich gewählt. Auch muss man etwa 4-6 Wochen warten, bis die Wirkung komplett einsetzt.

Wie hilft man einer Person, die von sich behauptet, kein Problem zu haben? Es ist offensichtlich dass ein Problem vorhanden ist..

Christine Poppe: Das ist für die Aussenstehenden oft schwierig. Ein erster Schritt kann es sein, dem Betroffenen Informationsmaterial zur Verfügung zu stellen oder ihn zumindest zu einem Abklärungsgespräch bei einem Experten zu motivieren.

Ich habe gegen die Zwangsgedanken (vor allem magisches Denken, dass jemandem etwas passiert wenn ich dies oder das tue) mal Neuroleptika (Perazin) bekommen, was auch gewirkt hat. Ein anderer Therapeut war darüber eher schockiert und wollte mir niedrig dosiertes Antidepressiva (Fluoxetin) verschreiben. Wieso wirken denn beide gegen Zwänge und wirken die Neuroleptika "mehr" dass ich sie deshalb bekomme habe? Mein Arzt meinte nur, er verschreibe die zB auch wenn jmd. nicht einschlafen kann

Michael Rufer: Neuroleptika alleine wirken "eigentlich" nicht bei Zwangserkrankungen. Man kann sie aber in Kombination mit bestimmten Antidepressiva einsetzen, wenn die Antidepressive alleine nicht ausreichend wirken. Allerdings sollte die Antidepressiva hoch dosiert werden (nicht niedrig). Ausnahmen gibt es aber natürlich immer, so dass es nicht undenkbar ist, dass gerade Sie positiv auf das Perazin reagiert haben. Nichtsdestotrotz würde ich aber auch zu einem serotonergen Antidepressivum raten, wie z.B. Fluoxetin, auch wegen den meistens weniger problematischen Nebenwirkungen.

Nachts wenn ich wegen meiner noch kleinen Kinder aufstehen muss, kann ich später wenn ich wieder im Bett bin seit einiger Zeit nich mehr einschlafen. Ich bin dann hellwach und finde so den schlaf nicht mehr. Oft werden dann Angelegenheiten welche am Tag ganz normal sind für mich zu unlösbaren Problemen. So liege ich bis zu 3 Stunden wach bis ich entlich wieder einschlafe. Geht das auch unter Zwangsstörung? Was raten sie mir?

Christine Poppe: In diesem Fall muss man unterscheiden, ob es sich um ein Grübeln oder um Zwänge handelt. Beim Grübeln drehen sich die Gedanken ständig im Kreis, man verfängt sich in Sorgen und Ängsten um den Alltag. Beim Zwang hingegen handelt es sich eher um Befürchtungen, die sich aufdrängen, so dass man sich in wiedergutmachende Aktivitäten engagiert. In Ihrem Fall wäre es auf jeden Fall sinnvoll einen Arzt aufzusuchen, ob genauer abzuklären, um was es sich handelt. Unabhängig davon, ob es sich um Zwänge handelt oder nicht, ist es für die psychische Gesundheit auf Dauer belastend, wenn Sie nicht schlafen können und lange wach liegen.

Wie sind bei Kinder Zwangsstörungen ernst zu nehmen, bzw. wann ist eine Therapie nötig? Mein Sohn hat teilweise Zwänge wie das Glas immer mit beiden Händen berühren, verabschieden immer in der gleichen Position, teilweise auch Bewegungstiks. Alles paar Monate ändern die Zwänge... (Es wurde bei ihm Unterforderung in der Schule festgestellt, aber auch nachdem er eine Klasse übersprungen hat hörten die Zwänge nicht auf). Sollte das weiter abgeklärt werden?

Christine Poppe: Wenn die zwanghaften Symptome nicht von alleine aufhören und ihren Sohn beeinträchtigen, rate ich Ihnen auf jeden Fall zu einer Abklärung. In der Abteilung für Kinder-und Jugendpsychiatrie am Universitätsspital gibt es eigens für diese Frage eine Spezialsprechstunde.

Gibt es eine Möglichkeit, sich mit anderen zwangserkrankten Personen auszutauschen?

Michael Rufer: Ja, es gibt beispielsweise eine Möglichkeit sich mit diesen in einem Chat auszutauschen. Den Link finden Sie über die Homepage der Schweizerischen Gesellschaft für Zwangsstörungen SGZ. Bei der SGZ könnten Sie auch fragen, ob eine der Betroffenen die im Vorstand der Gesellschaft mitarbeiten, bereit ist sich mit Ihnen auszutauschen.

Guten Abend; unser 11-jähriger Sohn fragt mich immer; ich habe in die Sonne (oder Licht) geschaut, macht es nichts. Wenn ich verneine fragt er wieder; ganz sicher, oder versprichst du es mir. Er fragt z.B. auch wenn die Sonne gar nicht scheint. Ich weiss gar nicht mehr wie ich ihm das abgewöhnen kann. Wir haben schon viel ausprobiert. Akkupunktur, Osteopatie, Kinesiologie

Christine Poppe: Waren Sie bereits bei einem Kinder-und Jugendpsychiater oder einem Psychologen, der sich mit solchen Phänomenen auskennt? Dies könnte ein Schritt sein, um die Verhaltensweisen Ihres Sohnes besser einschätzen zu können. Dort können Sie selbst auch Beratung erhalten, wie Sie sinnvoll reagieren können.

Was soll ich machen wenn meine schwester das gefūhl hatt meine Waschbecken seien schmutzig obwohl sie es ūberhaupt nicht sind??oder sie Wāsche wascht wo ūberhaupt nicht schmutzig sind??oder staubsaugt obwohl es ūberhaupt nicht nōtig wāre??Ich kann bald nicht mehr

Christine Poppe: Das ist schwer auszuhalten als Aussenstehender. Haben Sie mit Ihrer Schwester bereits darüber gesprochen, sich untersuchen und ggf. behandeln zu lassen? Manchmal hilft es auch, Informationen zu vermitteln z. B. in Form eines entsprechenden Ratgebers.

Guten Abend. Ich tue seit etwa 5 jahren täglich mehrmals (5-6mal kann auch mehr sein...unbewusst) das selbe. Wenn ich ich irgendwelche arbeiten erledige muss ich diese 3 mal machen oder 3*3 oder 2*3 mal, wenn ich dies nicht mache plagt mich die ganze zeit ein gedanke bis ich es dann doch tue. Ich kann eigentlich normal arbeiten und mein zwang braucht nicht viel zeit (ca.20 min/tag) aber ab und zu habe ich von mir selber angst, dass ich denn zwang habe was dummes zu tun brauch ich hilfe?

Michael Rufer: Das ist im Chat leider sehr schwer zu beurteilen. Aber es klingt zumindest so, als könnten es Symptome einer Zwangsstörung sein. Ich würde Ihnen raten, einmal mit einer Fachperson im direkten Gespräch herauszufinden, ob es sich hierbei um Zwänge handelt und ob es ratsam ist, eine Behandlung zu machen.

Mein Mann ist arbeitssüchtig laut 2 Psychiaterinnen die 1. sagte es vor 13 Jahen in einer Beratung als die Kinder in den unteren Klassen waren. Die 2. weil ich eine mit Medi.s nicht gut einstellbare entzündliche Krankheit und Depression plus Schalfapne wusste ich erst später . Mein Mann will nichts dagegen tun, wir sind fast nie in die Ferien gegangen. Nun habe ich gelesen das Putzen und Arbeitszwang ähnlich sind stimmt das.

Christine Poppe: Im Chat ist schwer zu beantworten, was die beiden Psychiaterinnen mit 'Arbeitssucht' gemeint haben. Wenn jemand sich übermässig in der Arbeit engagiert und dafür andere Aspekte des Lebens vernachlässigt, kann dies zwanghaft anmuten, ohne dass man dies als eine Zwangsstörung im eigentlichen Sinne verstehen würde. Um dies jedoch differenziert beurteilen zu können, ist eine psychologische Untersuchung notwendig. Dies kann ein entsprechender Experte vornehmen.

Hatte seit Kindheit bis ca. 60 ganz schlimme Zwänge. Viel schlimmer als im gezeigten Film. Dann mein Aha-Erlebnis - das Wort 'Vertrauen' in Zusammenhang mit Spiritualität. All diese Densibilisierungs-Uebungen, etc. halfen mir nicht. Deshalb vermisse ich als Heilungsweg die Spiritualität. Davon wird nie gesprochen!? Warum? Ich weinte tagelang und war wie erlöst. So schön.

Michael Rufer: Das kann tatsächlich für einige Betroffene ein wichtiger Teil der Bewältigung von Zwangserkrankungen sein. Generell ist das Thema Spiritualität für einige Menschen mit langjährigen ("chronischen") Erkrankungen wichtig, sei es dass es Ihnen beim Umgang mit der Erkrankung hilft, sei es dass die Erkrankung zur persönlichen spirituellen Entwicklung beiträgt. Das trifft aber natürlich nur für einige Betroffene zu. Dennoch denke ich auch, das Thema könnte häufiger angesprochen werden.

Ich habe gehört, dass man eine Veranlagung zur Zwangsstörung vererben kann. Muss ich denn auch Angst haben, dass ich dann auch andere (schlimmere/unbehandelbare) psychische Krankheiten vererben könnte (zB Autismus), wenn man "nur" eine Zwangsstörung hat oder hat man da kein höheres Risiko als gesunde Menschen?

Christine Poppe: Es gibt Untersuchungen, die darauf hindeuten, dass die Nachkommen von Personen, die unter Zwängen leiden, ein höheres Risiko haben, selbst eine Zwangsstörung zu entwickeln. Eindeutige Hinweise, ob dies auch das Risiko für andere Erkrankungen erhöht, liegen jedoch nicht vor.

Kennen Sie hilfreiche Ratgeber-Bücher für Betroffene mit Zwangsstörungen?

Michael Rufer: Da gibt es mehrere, ein ganze Liste finden Sie auf der Homepage der Schweizerischen Gesellschaft für Zwangserkrankungen www.zwaenge.ch. Um hier zwei davon zu nennen: "Alles unter Kontrolle" von Lee Bear und ein Ratgeber von Susanne Fricke von Iver Hand.

ich stelle auch gerne wie die Frau im Filmbeispiel meine Schuhe ganz gerade nebeineinander und schaue auch, dass meine Kleider im Schrank perfekt versorgt sind. Aber es macht mir eben nicht nur Angst, wenn etwas nicht schön ist, sondern es stört mich auch ästhetisch, ich habe Freude daran, wenn alles perfekt ist. Ist es unter diesen Umständen überhaupt möglich, seinen Ordnungszwang loszuwerden?

Michael Rufer: Ja, das ist dennoch möglich. Gar nicht so selten kommt eine solche Mischung (unangenehme Zwänge und perfektionistische Persönlichkeitszüge zum Beispiel) vor. In der Therapie wird es dann darum gehen, mit Ihnen zusammen individuelle Ziele zu definieren, die für Sie erstrebenswert sind.

Wie kann ich als Angehörige helfen bei einer vermuteten Zwangsstörung? Derzeit lehnt der Betroffene alle Hilfe ab, hat eine Psychologische Beratung abgebrochen, lebt trotz guter Ausbildung noch zuhause, ist nicht in der lage, sich ein Leben ausserhalb aufzubauen.

Christine Poppe: Als Angehöriger ist so eine Situation verständlicherweise schwierig. Wichtig ist dann, dass Sie auf Ihre eigenen Grenzen achten und deutlich machen, wie viel Sie mittragen möchten. Vielleicht können Sie dem betroffenen Angehörigen Mut machen, einen erneuten Therapieversuch zu wagen. Im Sekretariat der SGZ können Sie Adressen von erfahrenen Therapeuten erhalten. Letztendlich muss der Betroffenen aber die Entscheidung für eine Therapie selbst treffen. Hinweise finden Sie in dem Ratgeber von Herrn Rufer 'Der Zwang in meiner Nähe'

Chat-Admin: Der Live-Chat zu Zwangsstörungen ist beendet. Mehr Informationen zum Thema finden Sie auf http://www.srf.ch/gesundheit/psyche/vom-putzfimmel-zur-zwangserkrankung

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