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Human-Brain-Projekt an ETH Lausanne «europaweit einzigartig»

Der Zuschlag für das Human-Brain-Projekt ist ein grosser Erfolg für die ETH Lausanne. Ihr Präsident, der Neurowissenschaftler Patrick Aebischer, sieht grosse Chancen für die Genfersee-Region und die Schweiz. Und die Möglichkeit, Verpasstes aufzuholen.

Patrick Aebischer, die ETH Lausanne erhält den Zuschlag für das EU-Flaggschiff-Projekt Human Brain. Was ist Ihre Reaktion?

Aebischer: Ich freue mich enorm! Sie können sich vorstellen, dass wir mehrere Jahre Arbeit in dieses Projekt gesteckt haben. Der Zuschlag ist der Abschluss von Arbeiten, die wir mit dem Projektleiter Henry Markram im Jahr 2002 begonnen haben. Er war der erste Professor im Bereich Biowissenschaften, den ich damals angestellt hatte. Es bestätigt unsere Vision, dass sich die Welten verschiedener Disziplinen annähern: Informatik, Physik, Mathematik und Hirnforschung.

Audio
Human Brain Project – Revolutionär und illusionär (Daniel Eisner)
aus SRF 4 News aktuell vom 28.01.2013.
abspielen. Laufzeit 1 Minute 56 Sekunden.

Was bedeutet dieses Grossprojekt für die ETH Lausanne?

Die Mittel, die wir erhalten, sind natürlich wichtig – aber es ist mehr als das. Die ETH Lausanne wird europäischer Koordinator. Ich hoffe deshalb, dass wir im Feld der Hirnforschung und der Simulation eine gewisse Beachtung erhalten. Das bringt uns europaweit in eine einzigartige Position. Wir haben das US-System für eine europäische Universität adaptiert. Nun zeigt sich, dass wir Einzigartiges erreichen, wenn wir das Beste aus beiden Welten vereinen.

Zudem ist dieses Flaggschiff von grosser Wichtigkeit für die Schweiz, weil unter den letzten vier Projekten deren drei aus der Schweiz waren. Alle drei stammten von den Eidgenössischen Technischen Hochschulen. Das belegt die Qualität der Schweizer Wissenschaft und vor allem die Qualität der technischen Hochschulen.

Jetzt hat das Human-Brain-Projekt der ETH Lausanne das Rennen gemacht. Wird jetzt die EPFL die grosse Schwester der ETH Zürich?

(Lacht) Nein, nein, ich finde, die ETH Zürich ist eine wunderbare Universität. Sie hatte tatsächlich eine kleine Schwester. Aber diese ist nun erwachsen geworden.

Frau am Mikroskop, dahinter auf einem Bildschirm eine Neurone.
Legende: Mit dem Human-Brain-Projekt erhält die ETH Lausanne in den Biowissenschaften eine europaweit einzigartige Rolle. keystone

Das Human-Brain-Projekt ist nicht ganz unumstritten. Es gibt Personen, die nicht an das Projekt glauben. Sie finden, im Vergleich zu den geringen Erfolgsaussichten fliesse zu viel Geld. Was antworten Sie diesen Kritikern?

Das ist interessant, es gibt immer neue Kritikpunkte. Die Wissenschaft ist relativ konservativ, weshalb es immer viel Kritik am Projekt gab. Und was die «Big Science» anbelangt: Man sagt, dass eine Milliarde ein enorm hoher Betrag ist. Aber verteilt auf zehn Jahre sind es noch 100 Millionen im Jahr. Wenig im Vergleich zu den jährlich rund 200 Milliarden, die weltweit in die Hirnforschung investiert werden.

Welche praktischen Folgen hat das Projekt für Lausanne – beispielsweise für den neugeplanten Gebäudekomplex Neuropolis?

Lausanne und Region Genfersee haben entschieden, sich in der Hirnforschung zu profilieren. Die Waadtländer Regierung hat über die Finanzierung eines Gebäudes entschieden. Weiteres Geld dafür kommt von der Firma Rolex, die bereits ein Learning Center finanziert hat. Somit haben wir ein Gebäude, das wir nutzen können. Das ist für uns sehr wichtig.

Aber das ist nicht nur im Bereich der Simulation in der Hirnforschung wichtig, sondern im so genannten Bereich Computation Biology. Ich glaube, dass das eine wichtige Domäne für die Schweiz ist. Die Schweiz hat im Moment den Anschluss bei den so genannten «Genom Projects» ein bisschen verpasst. Diese Entwicklung darf sie nicht verpassen. Und hier wird die Region Genfersee und vor allem Lausanne grosse Investitionen tätigen.

Wir investieren auch im Bereich der Neuroprothesen, weil durch die Alterung der Bevölkerung die neurologischen Krankheiten ein grosses Problem werden. Alzheimer und andere Krankheiten betreffen rund 50 Prozent der Menschen über 90 Jahren. Ich glaube, dass die Schweiz mit ihrer Pharmaindustrie alle Voraussetzungen bietet, in diesem Bereich Grosses beizutragen. Lausanne hat entschieden, dass der Bereich der Hirnforschung ein wichtiger Teil sein wird, in den Gelder gesteckt werden. Man muss viel investieren, damit man sich von anderen Universitäten abhebt.

Und offenbar haben Sie damit Recht behalten?

Ich hoffe es. Die Zukunft wird es weisen.

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