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Foodporn im Mittelalter Herrlich assen nur die Herren

Während die Bauern assen, um zu überleben, ass beim Adel auch das Auge mit: Je wichtiger die Gäste, desto grösser das Spektakel.

Das Essen inszenieren und damit auf den sozialen Medien angeben: Was heute unter «Foodporn» läuft, war schon im Mittelalter gang und gäbe. Nicht bei den Bauern – die waren froh, wenn es überhaupt etwas zu essen gab –, dafür umso mehr bei den Herrschaften. Vor allem, wenn es galt, wichtigen Gästen zu imponieren.

Was auf die Festtafel kam, sollte nicht nur satt machen. Gekocht wurde auch für den Effekt: Die Gäste sollten staunen, sich amüsieren und manchmal auch zünftig erschrecken.

Verfremden, imitieren, amüsieren

Die spektakulärsten Schaugerichte wurden im Barock aufgetischt, aber schon im Mittelalter mangelte es den Köchen nicht an Einfallsreichtum. So wurden zum Beispiel am Ende eines langen Mahles sämtliche Speisen ein weiteres Mal aufgetragen – in Form von sorgfältig hergestellten Replikaten aus Teig oder Marzipan. In Originalgrösse!

Weitere Beispiele für hemmungslose mittelalterliche Kreativität:

  • Pasteten, aus denen Kaninchen sprangen oder kleine Singvögel flatterten.
  • Spanferkel, aus denen sich lebende Aale wanden
  • Exotisch eingefärbte Speisen wie blaues Morchelmus oder grünes Spanferkel. Als «Lebensmittelfarben» dienten Petersiliensaft (grün), zerstossene Blüten (blau), Safran (gelb), Randen (rot) oder verbrannten Lebkuchenstücke (schwarz, braun).
  • Güldene Speisen, die mit Blattgold beklebt waren
  • Imitationen von beliebten Fleischgerichten aus Marzipan, Reis- und Mandelkäse, gefärbtem Fisch- und Krebsfleisch. So konnten auch während der Fastenzeit «Würste» und ähnliches aufgetischt werden.
  • Pfauen und Schwäne, denen nach dem Kochen ihr Federkleid wieder so angeklebt wurde, dass sie lebendig erschienen.
  • Coqz Heaumez, der «behelmte Hahn»: Ein Kapaun reitet in Ritterrüstung auf einem Spanferkel
  • Cockentrice: Aus dem vorderen Teil eines Ferkels und dem hinteren eines Kapauns wird ein neues Tier, das einem Biest der antiken Mythologie nachempfunden ist.
  • Das Riesenei des Basilisken: Das todbringende Zwitterwesen aus Hahn, Schlange und Kröte schlüpft der Sage nach aus einem riesigen Ei, das nur ein schwarzer, siebenjähriger Hahn legen kann.

Wie sich das damals tatsächlich furchteinflössende Riesenei auch ganz ohne Zauberkräfte fabrizieren lässt, ist in einem zeitgenössischen Rezept überliefert:

Rezept: Wir kochen uns ein Riesenei


Ein essen von dreyssig ayern
Wiltu machen ein essen von dreyssig ayeren oder virtzig zu einem ey nym zwo sew plosenn daz dy ein cleiner sey den dy ander vnd swern sie gar schon mit wasser jnwendig vnd nyrn den dy ayer vnd scbel sie schon von ein ander daz weisz besunder vnd dy totter besunder vnd nyrn denn dy clein plossen vnd rur dy totteren dutch ein ander vnd geusz sie in dy plassen daz sie vol werd vnd verpint die denn schon vnd wirffs in ein haffen vnd lasz sie wol sieden daz ez hert werde vnd schel denn dy plotter ab den dottren vnd nym den dy plassenn vnd sneid den ein loch dor ein daz der totter dor ein mug gen vnd ne den dy dotterr in dy plossen schon vnd clopff den daz weisz dutch ein ander vnd nyrn denn ein trichter vnd stosz in in daz loch vnd geusz denn daz weisz auff dy totteren hinein daz dy plosz vol werd vnd pint sie denn zu vnd leg sie den in den haffen vnd losz sie aber sieden so sewd sich daz weisz vmb den tottern vnd wirt ein ay vnde gib ez hin vnd einen essig dor zu.


Eine Mahlzeit aus 30 Eiern
Um aus 30 bis 40 Eiern ein einziges grosses Ei herzustellen, nimmst Du zwei Schweineblasen, eine grosse und eine kleinere. Spüle beide Blasen sorgfältig aus. Dann schlage die Eier auf und trenne ihr Eigelb vom Eiweiss. Nimm die kleinere Blase und fülle sie mit dem verrührten Eigelb. Dann binde sie sorgfältig zu und lege sie in einen Topf und lasse sie darin sieden, bis das Eigelb hart ist. Entferne sodann die Blase vom Eigelb, nimm die grössere Schweineblase und schneide ein Loch hinein, damit das grosse Eigelb in sie hineinpasse. Leg das Eigelb hinein und nähe das Loch wieder zu. Verrühre nun das Eiweiss und fülle es mit einem Trichter in die Blase, bis sie ganz voll ist. Nähe die Blase zu, lege sie in den Topf und erhitze ihn erneut, damit das Eiweiss um das Eigelb fest wird. Das grosse Ei serviere schliesslich mit einer Essigsauce.

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