Nach der Gewalteskalation vom vergangenen März, bei der mehrere Polizisten von Reitschul-Chaoten mit Steinen beworfen und verletzt wurden, musste die Berner Stadtregierung ihr Sicherheitskonzept verschärfen. Heute wird es im Stadtparlament diskutiert. Doch kann man das Gewaltproblem rund um die Reitschule mit einem Vertrag lösen? Bisher haben die Reitschul-Betreiber wenig Interesse gezeigt, die Chaoten in ihren Reihen in die Schranken zu weisen. Die Stadtbehörden ihrerseits zeigen wenig Lust, es sich mit dem weitherum geschätzten Kulturzentrum zu verscherzen, und der Polizei sind die Hände gebunden. Was kann in der verfahrenen Situation die Lösung sein? Nur die Schliessung, wie bürgerliche Kreise verlangen?
Christoph Reichenau hat als Kulturjournalist die Anfänge der Reitschule in den bewegten 80er Jahren miterlebt, als städtischer Kultursekretär hat er zwischen den Behörden und den Reitschulbetreibern vermittelt. Und als ehemaligem Vizedirektor im Bundesamt für Kultur ist ihm auch der manchmal verwunderte Blick von aussen auf dieses Berner Phänomen nicht fremd. Er sieht die Reitschule als «Ort anderen Rechts»: Im Innern funktioniert sie basisdemokratisch und mit grosser gegenseitiger Toleranz, nach aussen jedoch ist sie dem gängigen Recht unterworfen. Das kann zu unterschiedlichen Ansichten führen, wie zum Beispiel mit Krawalltätern umzugehen ist. Dem neuen Sicherheitskonzept steht Reichenau kritisch gegenüber. Er hält es für falsch, dass die Polizei nicht in das Konzept eingebunden ist.