Zum Inhalt springen

Header

Audio
Gefärlicher Indikator: Auch wenn ein Land seine Wälder komplett abholzt, kann das BIP noch Wachstum verzeichnen.
Reuters
abspielen. Laufzeit 25 Minuten 41 Sekunden.
Inhalt

Neuer Wohlstandsindex soll BIP ablösen

Seit Jahrzehnten gilt das Bruttoinlandsprodukt, kurz BIP, als Massstab für den Wohlstand von Ländern. Doch es regt sich zunehmend Kritik an diesem ausschliesslich ökonomisch ausgerichteten Index.

Download

Seit Jahrzehnten gilt das Bruttoinlandsprodukt (BIP) als Massstab für den Wohlstand von Ländern. Doch es regt sich zunehmend Kritik an diesem ausschliesslich ökonomisch ausgerichteten Index. Am Nachhaltigkeitsgipfel in Rio lanciert die UNO nun einen «umfassenden Wohlstandsindex», der das BIP erweitern soll.

«Der Indikator BIP ist überholt. Er wurde um 1940 in den USA entwickelt, in Zeiten des wirtschaftlichen Zusammenbruchs. Damals machte es Sinn, das Wirtschaftswachstum als Messgrösse für den Wohlstand zu verwenden», sagt Pablo Muñoz von der Universität der Vereinten Nationen in Bonn.

Bereits der BIP-Entwickler warnte
Bereits der Entwickler des BIP, der spätere Ökonomie-Nobelpreisträger Simon Kuznets, warnte davor, seinen Indikator als alleiniges Mass für den Wohlstand zu verwenden. De facto ist in den letzten 70 Jahren aber genau das geschehen, so Muñoz.

Ein Land könne nämlich sämtliche Wälder abholzen, die Bodenschätze plündern - sein BIP aber vermelde Wachstum, also Wohlstand - bis der letzte Baum gefällt und der letzte Tropfen Öl gefördert ist.

Naturkapital und menschliches Kapital
Muñoz ist der wissenschaftliche Direktor eines UNO-Projekts, das an einem neuen, umfassenden Mass für den Wohlstand arbeitet. Als Uno-Initiative hofft man, eine breite Akzeptanz zu finden. Das Fernziel: in Zukunft sollen alle Staaten den «umfassenden Wohlstandsindex» verwenden, wie das Forscherteam seinen Indikator getauft hat.

«Für unseren Index messen wir die Bestände eines Landes: Wälder, Fischbestände, Öl oder Gas. Neben diesem so genannten Naturkapital messen wir auch das menschliche Kapital: die Bildung und Gesundheit zum Beispiel. Dazu kommt die Leistung der Wirtschaft», erklärt Muñoz.

Australien: steigendes BIP, sinkender Wohlstandsindex
Australien, zum Beispiel, hat laut dem herkömmlichen Indikator, dem wirtschaftsorientierten BIP, in diesen 18 Jahren gut abgeschnitten: um 2,2 Prozent stieg das BIP pro Jahr. Der Wohlstandsindex sank aber - um jährlich 0,05 Prozent. Ursache dafür ist die Ausbeutung von Bodenschätzen und die Zerstörung der Natur.

Wie schnell dieser Wohlstandsindex das Brutto-Inlandprodukt ablösen kann, möchte Muñoz nicht sagen. Auch beim BIP habe es Jahre gedauert, bis alle Staaten es übernommen hätten.

Die Debatte sei nun eröffnet und am Nachhaltigkeitsgipfel der Uno, der übernächste Woche in Rio de Janeiro stattfindet, wolle man weiter dafür werben. Zu guter letzt entscheide die Politik.

Einzelne Beiträge

Zum Audio

Neuer Wohlstandsindex soll BIP ablösen

Laufzeit 4 Minuten 42 Sekunden. , Thomas Häusler

Seit Jahrzehnten gilt das Bruttoinlandsprodukt (BIP) als Massstab für den Wohlstand von Ländern. Doch es regt sich zunehmend Kritik an diesem ausschliesslich ökonomisch ausgerichteten Index. Am Nachhaltigkeitsgipfel in Rio lanciert die UNO nun einen «umfassenden Wohlstandsindex», der das BIP erweitern soll.

«Der Indikator BIP ist überholt. Er wurde um 1940 in den USA entwickelt, in Zeiten des wirtschaftlichen Zusammenbruchs. Damals machte es Sinn, das Wirtschaftswachstum als Messgrösse für den Wohlstand zu verwenden», sagt Pablo Muñoz von der Universität der Vereinten Nationen in Bonn.

Bereits der BIP-Entwickler warnte
Bereits der Entwickler des BIP, der spätere Ökonomie-Nobelpreisträger Simon Kuznets, warnte davor, seinen Indikator als alleiniges Mass für den Wohlstand zu verwenden. De facto ist in den letzten 70 Jahren aber genau das geschehen, so Muñoz.

Ein Land könne nämlich sämtliche Wälder abholzen, die Bodenschätze plündern - sein BIP aber vermelde Wachstum, also Wohlstand - bis der letzte Baum gefällt und der letzte Tropfen Öl gefördert ist.

Naturkapital und menschliches Kapital
Muñoz ist der wissenschaftliche Direktor eines UNO-Projekts, das an einem neuen, umfassenden Mass für den Wohlstand arbeitet. Als Uno-Initiative hofft man, eine breite Akzeptanz zu finden. Das Fernziel: in Zukunft sollen alle Staaten den «umfassenden Wohlstandsindex» verwenden, wie das Forscherteam seinen Indikator getauft hat.

«Für unseren Index messen wir die Bestände eines Landes: Wälder, Fischbestände, Öl oder Gas. Neben diesem so genannten Naturkapital messen wir auch das menschliche Kapital: die Bildung und Gesundheit zum Beispiel. Dazu kommt die Leistung der Wirtschaft», erklärt Muñoz.

Australien: steigendes BIP, sinkender Wohlstandsindex
Australien, zum Beispiel, hat laut dem herkömmlichen Indikator, dem wirtschaftsorientierten BIP, in diesen 18 Jahren gut abgeschnitten: um 2,2 Prozent stieg das BIP pro Jahr. Der Wohlstandsindex sank aber - um jährlich 0,05 Prozent. Ursache dafür ist die Ausbeutung von Bodenschätzen und die Zerstörung der Natur.

Wie schnell dieser Wohlstandsindex das Brutto-Inlandprodukt ablösen kann, möchte Muñoz nicht sagen. Auch beim BIP habe es Jahre gedauert, bis alle Staaten es übernommen hätten.

Die Debatte sei nun eröffnet und am Nachhaltigkeitsgipfel der Uno, der übernächste Woche in Rio de Janeiro stattfindet, wolle man weiter dafür werben. Zu guter letzt entscheide die Politik.

Mehr von «Wissenschaftsmagazin»