Seit über einem Jahr warten die Sportanlässe in der Schweiz auf einen Lichtblick. Letzte Woche ist er gekommen: Der Bundesrat hat die Bedingungen vorgelegt, damit Grossveranstaltungen wieder mit Zuschauern stattfinden könnte.
«Es ist ein Schritt nach vorne, der uns Planungssicherheit gibt», sagt Ruedi Kunz, Präsident von SwissTopSport, der Vereinigung der 20 grössten Sportveranstaltungen der Schweiz. Der Direktor des Beachvolleyball-Majors in Gstaad weiss aber aus eigener Erfahrung, dass die Unsicherheit gross ist. «Jeder hat Angst, dass man einen Verlust davonträgt.»
Aufwand für Einlasskontrollen
Dazu kommen viele offene Fragen: Da sind etwa die strengen Schutzkonzepte. Nur geimpfte, genesene oder negativ getestete Personen dürfen ins Stadion. Das verlangt strenge Zutrittskontrollen, allenfalls intensive Tests und umfassende Schutzmassnahmen. Noch ist nicht klar, ob ein einheitliches Covid-Zertifikat hier Entlastung bieten kann.
Beim Diamond-League-Meeting «Athletissima» in Lausanne rechnet man damit, dass diese Schutzmassnahmen nicht nur viel Zeit in Anspruch nehmen, sondern auch hohe Kosten verursachen. «Die Einnahmen durch Eintritte werden diese Kosten sicher nicht decken», ist OK-Präsident Jacky Delapierre überzeugt.
Auch der Fahrplan mit 3000 Zuschauern ab Juli und 10'000 ab September ist für Delapierre schwer zu verstehen. Er hätte statt Fixtermine lieber Meilensteine, weil heute nicht absehbar sei, wie die Situation in vier Monaten aussehe. «Athletissima ist am 26. August vorgesehen mit 3000 Zuschauern. 10 Tage später sind zu Weltklasse Zürich 10‘000 Personen zugelassen. Das verstehen die Zuschauer nicht.»
Schutzschirm für Grossanlässe
Damit die Veranstalter in unsicheren Zeiten eine Planungssicherheit erhalten, hat das Parlament schon in der Frühjahrssession einen Schutzschirm beschlossen. Mit diesem würde bei einer kurzfristigen Absage eines Events ein Grossteil der Kosten von Bund und Kantonen gedeckt.
«Eine geniale Massnahme», findet Kunz. Nur haben erst drei Kantone bisher die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen, damit dieser Schutz auch wirklich in Kraft treten könnte. «So wird es für Events sehr schwierig, weil diese Bedingungen möglicherweise erst im September geschaffen werden.»
Innerschweizer Schwinger halten zusammen
Und dann gibt es auch noch Sportanlässe, für die der Fahrplan des Bundesrates zu spät kommt. Das Innerschweizer Schwingfest wird trotz der Öffnung für Publikum ab Juli ohne Zuschauer stattfinden. «Wir müssten jetzt die Tribünen, Toilettenanlagen und Verpflegung bestellen und damit Kosten auslösen», sagt Ständerat und OK-Präsident Othmar Reichmuth. «Bei der aktuellen Unsicherheit, ob man dann überhaupt schwingen darf oder nicht, konnten wir das Risiko nicht eingehen.»
Um den Aufwand für das Schutzkonzept möglichst gering zu halten, finden in Ibach (SZ) gleich vier Schwingfeste statt: Das Innerschweizerische, das Schwyzer Kantonalfest, der Stoos-Schwinget und der Rigi-Schwinget.
Trotz allen Unsicherheiten und zusätzlichem Aufwand – die Sportveranstalter in der Schweiz sehen «Licht am Ende des Tunnels», wie Ruedi Kunz sagt. «Wir leben für den Sport und hoffen einfach, dass wir das alle gut überstehen – auch dieses Jahr.»