Angenommen, 20 Eishockey-Experten hätten vor dem 3. Playoff-Halbfinal-Spiel zwischen Zug und den Lakers am Stammtisch ihren Tipp abgegeben. Wie viele von ihnen hätten wohl auf Rapperswil-Jona gesetzt? Einer, vielleicht zwei, höchstens drei.
Viel hatte nach dem 2:4 in Spiel 2 am vergangenen Dienstag nicht mehr für den Underdog gesprochen. Zu gross war der betriebene Aufwand, zu klein der Ertrag. Die Lakers schienen die Zitrone ausgepresst zu haben. Doch der ganze Saft, er genügte nicht, um diesen EVZ zu besiegen.
Ruhe bewahrt, Chance genutzt
Es sollte sich aber – einmal mehr – als Trugschluss erweisen, das Team von Coach Jeff Tomlinson vorzeitig abzuschreiben. Wieso? Weil der Glaube der Lakers an die nächste Sensation weiter intakt ist und immer intakt war.
Warum sollte er es auch nicht sein? Schliesslich hat Rapperswil-Jona überhaupt nichts zu verlieren. Die Erwartungen der Fans, der Sponsoren und der Klubführung wurden längst übertroffen. Spieler und Trainer haben aber noch nicht genug. Sie spüren, dass in diesem Team viel Charakter steckt und eine riesige Solidarität herrscht.
Dank dieser Tugenden haben es die St. Galler am Donnerstag geschafft, die Zuger in Schach zu halten. Es war kein letztes Hurra, kein «auf Teufel komm raus».
Rapperswil-Jona blieb auch mit dem Rücken zur Wand jenem Spielsystem treu, welches es überhaupt erst in den Halbfinal gebracht hatte. Defensiv möglichst solid stehen und offensiv zuschlagen, wenn sich die Chance bietet. Erwischt dann auch noch Goalie Melvin Nyffeler einen guten Tag, können auch 17 Torschüsse (bei 32 von Zug) zum Sieg reichen.
Wie fällt die Reaktion der Zuger aus?
Nun ist auf dem Papier wieder alles in der Reihe. Mit einem weiteren Sieg am Samstag könnten die Lakers eine «Halbfinalissima» erzwingen. Ein Szenario, welches der EVZ um jeden Preis verhindern möchte. Dafür braucht es in Spiel 4 aber eine deutliche Leistungssteigerung im Vergleich zum Auftritt am Donnerstag, als die Zuger sich vielleicht selber schon mit einem Bein im Playoff-Final wähnten.
Erreicht der EVZ wieder sein gewohntes Niveau, stellt sich schon die Frage: Kann Rapperswil-Jona noch einmal dagegenhalten? Man ist zumindest angehalten, die Lakers nicht wieder voreilig abzuschreiben. Wer weiss, vielleicht ist die Zitrone doch noch nicht komplett ausgepresst.