Der Norweger Joakim Jensen war Teil des Weltrekord-Spiels zwischen Storhamar und Sparta vor zwei Jahren. Nach 217 Minuten (!) traf der Stürmer in der 8. Overtime um 2:32 Uhr zum entscheidenden 2:1. Gemeinsam mit uns blickt er auf diese unglaubliche Partie zurück.
SRF Sport: Joakim Jensen, was kommt Ihnen als Erstes in den Sinn, wenn Sie an das Rekordspiel zurückdenken?
Joakim Jensen: Die Schmerzen!
Können Sie sich noch daran erinnern, wie Sie sich gegen Ende der Partie gefühlt haben?
Wir absolvierten an einem Abend vier Spiele – dafür kann man nicht trainieren. Irgendwann ist der Körper leer. Ich litt an Krämpfen und Dehydration.
Was war die grösste Schwierigkeit in diesem fast vierstündigen Match?
Die grösste Herausforderung in den ersten 7 Dritteln war es, irgendwie frisch zu bleiben. Danach waren wir vor allem mental gefordert. Wir mussten wach bleiben und durften den Fokus nicht verlieren. Es war ein wichtiges Spiel für beide Mannschaften, in der Serie stand es 2:2 unentschieden.
Die Verpflegung war auch speziell …
In der Tat! Wir beziehen unsere Mahlzeiten vor und nach den Spielen von einem lokalen Restaurant. Um 22 Uhr lieferten sie Pizza, um 1:00 Uhr früh gab es Spaghetti Carbonara …
Was passierte nach dem Match in der Garderobe?
Wir merkten sofort, dass etwas Spezielles geschehen war. Aufgrund des Weltrekord-Spiels war das Interesse der lokalen und internationalen Medien riesig, ich gab zig Interviews. Es war 5 Uhr morgens, als ich schliesslich meine Haustüre öffnete.
Wie haben Sie sich am nächsten Morgen gefühlt?
Ich war fix und fertig! Ich hatte nur etwa zwei Stunden geschlafen, mein Telefon klingelte ununterbrochen. Von Europa bis nach Nordamerika wollten alle etwas von mir. Ich war mir bewusst, dass es eine einzigartige Situation war. Ich habe deshalb versucht, so viele Interviewwünsche wie möglich zu erfüllen. Im Nachhinein war das vielleicht nicht die beste Entscheidung. Aber Sie müssen verstehen: Das norwegische Hockey stand für einen Moment im Mittelpunkt. Ich wollte die Gunst der Stunde nutzen und habe versucht, unser Team und unseren Sport so gut wie möglich zu promoten.
Auch auf Kosten des nächsten Matches?
Wir verloren das nächste Auswärtsspiel. Kein Wunder, es fand nur 36 Stunden nach dem «11-Drittel-Match» statt. Die Qualität des Spiels war alles andere als gut.
Welche Anekdoten verbinden Sie mit diesem Rekordspiel?
Da gibt es einige! Einer unserer grössten Fans war zu Beginn der Partie geschäftlich in Deutschland unterwegs. Er verfolgte das Spiel im Flugzeug und im Zug via Livestream. Als er zuhause ankam und es sich im Wohnzimmer gemütlich machte, lief das Spiel immer noch. Da entschied er sich, ins Stadion zu kommen. Unglaublich aber wahr: Er erlebte das entscheidende Tor tatsächlich live vor Ort! Ich hätte auch noch eine andere Anekdote …
Sehr gerne!
Die Stände im Stadion waren alle ausgeschossen, es gab nichts mehr zu kaufen. Meine Schwiegermutter, die im Stadion war, machte sich kurzerhand auf den Weg nach Hause und kam mit Brot und Käse zurück. Die Fans freuten sich riesig über die kleine Stärkung! Ausserdem gingen bei der Polizei zahlreiche Vermisstmeldungen ein. Diese sah sich zu einer öffentlichen Stellungnahme gezwungen und verwies darauf, dass die Angehörigen womöglich live im Stadion sind …
Das klingt nach sehr speziellen Erinnerungen …
Auf jeden Fall! Aber ganz ehrlich: So schön es auch war, Teil dieser Geschichte zu sein – ich hoffe, ich werde nie mehr so etwas erleben!
Das Gespräch führte Svenja Mastroberardino
Sendebezug: SRF zwei, sportlive, 21.03.2019, 19:45 Uhr