Die Young Boys sorgten gegen den Bundesliga-Spitzenklub Bayer Leverkusen dank dem 4:3-Sieg für eine kleine Fussball-Sternstunde – und doch: Selten hatte wohl ein Schweizer Sieg in einer europäischen K.o.-Phase direkt nach dem Spiel einen so faden Beigeschmack. Der Ärger über die vergebene bessere Ausgangslage hatte bei den Beteiligten direkt nach dem Spiel Oberhand.
Jeder geht etwas weniger konsequent in die Duelle, weil man sich aufgrund des 3:0-Vorsprungs wohl fühlt.
«Der Sieg fühlt sich gar nicht mal so gut an», so das Fazit von YB-Trainer Gerardo Seoane, nachdem er der Mannschaft ein grosses Kompliment für eine grandiose erste Halbzeit ausgesprochen hatte. Vom 3:0 über 3:3 zum 4:3 – es war ein Spiel mit zwei völlig unterschiedlichen Hälften.
«Zu wohl gefühlt» nach dem Pausentee?
«Wenn man 3:0 führt, will man den Sieg heimbringen», konstatierte auch Christian Fassnacht. Die Berner wurden nach der Pause überrannt, Leverkusen traf zwischen der 47. und 63. Minute gleich dreimal ins Schwarze. Dies, nachdem YB dem Bundesligisten zumindest in den ersten 30 Minuten eine Fussball-Lehrstunde erteilt hatte. «Jeder geht etwas weniger konsequent in die Duelle, weil man sich aufgrund des 3:0-Vorsprungs wohl fühlt», so Fassnacht.
Immerhin: YB fing sich wieder – und es kam noch besser. Jordan Siebatcheu sorgte mit dem Lucky Punch in der 89. Minute doch noch für YB-Jubelstürme. «Ich bin froh, haben wir den Tritt wieder gefunden», so Fassnacht. Und Captain Lustenberger ergänzt: «Das gibt uns trotzdem ein gutes Gefühl für das Rückspiel in Leverkusen.»
Leverkusen hatte nach der Pause in der Verteidigung umgestellt, womit sich YB schwer tat. In der Offensive fanden die Deutschen plötzlich den Weg zum Tor, spielten ihre Schnelligkeit aus. Der zweifache Berner Meistertrainer erklärt: «Es war aber nicht nur das System. Wir waren auch nicht mehr rechtzeitig bei den Gegnern dran.»
Frust bei Bosz
Leverkusen-Coach Peter Bosz tauchte nach dem Spiel zum Interview auf – und war sichtlich bedient und genervt. «Der Frust sitzt deutlich in der 1. Halbzeit, in welcher wir sehr schlecht waren. Alles, was man falsch machen kann, haben wir in der ersten halben Stunde falsch gemacht. Das war meine Verantwortung.»
Während der ersten Hälfte hatte sich der Leverkusen-Coach frustriert den eigenen Notizblock vollgeschrieben und sich zu allem Überfluss auch noch den Kopf an der Bank-Überdachung angeschlagen. Auf die Nachfrage, ob zumindest die 3 Tore in der 2. Halbzeit für etwas bessere Stimmung gesorgt haben, antwortete Bosz kurz und bündig: «Ne. Total nicht.»