Marc-André ter Stegen ist als Weltklasse-Goalie beim FC Barcelona in der 4. Saison die unangefochtene Nummer 1. Für Deutschland bestritt der 27-Jährige in 5 Partien der aktuellen EM-Kampagne noch keine einzige Minute. Nach Knieproblemen musste er zuletzt gegen die Niederlande (2:4) und Nordirland (2:0) von der Bank aus zusehen, wie Manuel Neuer das Tor hütete.
Total steht Ter Stegen bei 22 Einsätzen für die Nationalelf. Konkurrent Manuel Neuer (33) überflügelt ihn mit 90 Länderspielen.
Seine jüngste Nomination begründete der Bundestrainer Joachim Löw wie folgt: «Gegen Nordirland setzte ich auf Neuer, um nach diversen Ausfällen das Team nicht auch noch auf der Torhüter-Position zu verändern.» Nach der Partie in Belfast stellte der Coach seinem Schützling aber noch für dieses Jahr Einsätze in Aussicht.
Erst der Seitenhieb, dann der Nadelstich
Ter Stegen ist trotzdem verstimmt. Mit unmissverständlichen Aussagen entfachte er im Nachbarland eine Debatte. «Es ist nicht leicht, eine Erklärung zu finden», sagte er über seine Reservistenrolle. Er versuche alles, «um im Tor zu stehen. Aber diese Reise war für mich ein schwerer Schlag.»
Neuer wies den Störenfried prompt öffentlich zurecht. «Ich bin Mannschaftsspieler und denke immer an das Wohl des Teams», schildert der Bayern-München-Rückhalt seine eigene Haltung. Seine Schlussfolgerung aus der Polemik: Er wisse nicht, ob diese förderlich und hilfreich sei.
Ruhig Blut bewahren
Und wie beurteilen andere verdienstvolle Grössen im deutschen Fussball das Vorpreschen Ter Stegens? Bodo Illgner, in den 1980er- und 1990er-Jahren selbst Nationaltorhüter, fordert in der Tageszeitung Die Welt ein rasches Einschreiten von Löw. Für den heute 52-Jährigen kommt sogar infrage, Ter Stegen als Nummer 2 abzusetzen.
Beide Torhüter haben mit Sicherheit ihren Anspruch auf die Nationalmannschaft, bringen hervorragende Leistungen. Nun sind die Trainer gefordert, ein Gleichgewicht zu finden.
Ich finde es prinzipiell gut, wenn Spieler Ansprüche äussern, spielen zu wollen.
Der langjährige BVB-Schlussmann mit 61 Länderspielen äusserte gegenüber Sky90 auch einen klaren Favoriten in diesem Duell. Jens Lehmann: «Wenn beide 100 Prozent spielen, dann ist Neuer besser. Er ist komplett und hat alle Argumente auf seiner Seite.»
In den Augen von Ottmar Hitzfeld darf man Ter Stegens Kritik nicht überbewerten. «Das ist eine menschliche Reaktion.» Und natürlich sei es für ihn bitter, in die gleiche Generation wie Manuel Neuer zu fallen. «Dass Löw nun an ihm festhält, ist ein logischer Schritt.»
Gelassen geht übrigens der DFB-Coachingstab mit dem Knatsch um. Einzig Bundes-Torhüter-Trainer Andreas Köpke äusserte sich bislang.
Ich habe kein Problem damit, denn da ist nichts unter der Gürtellinie.
EURO-Qualifikation
Sendebezug: SRF zwei «sportaktuell» , 09.09.2019 22:35 Uhr