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Mit Leeds im Höhenflug Alioski: «Mein Weg hierhin war schwierig»

Ezgjan Alioski mischt derzeit mit Aufsteiger Leeds die Premier League auf. Der Nordmazedonier mit Schweizer Vergangenheit hatte in seiner Profi-Karriere einige Rückschläge zu verkraften. Im Interview spricht er darüber, was in ihm vorgeht, wenn er zurückblickt. Und er erklärt die Fussball-Faszination in England und wie sein Trainer Marcelo Bielsa so tickt.

Ezgjan Alioski

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Die Profikarriere von Ezgjan Alioski (28) begann 2010 bei den Berner Young Boys. Nach mehreren Leihen zum FC Schaffhausen schloss sich der Mittelfeldspieler dem FC Lugano an, wo er zur Attraktion der Super League avancierte. Im Sommer 2017 wechselte der Nordmazedonier zu Leeds United in die Championship, der zweithöchsten englischen Liga. Im Sommer 2020 stieg der Traditionsklub in die Premier League auf. Am 16. Dezember 2020 hat Alioski seinen ersten Premier-League-Treffer erzielt. Im Nationalteam konnte er kürzlich die erste EM-Qualifikation der Geschichte bejubeln.

SRF Sport: Ezgjan Alioski, Sie haben vor wenigen Tagen Ihr erstes Tor in der Premier League erzielt. Ist das so etwas wie der Abschluss einer persönlichen Entwicklung, die Sie in dieser Saison durchgemacht haben?

Es geht nicht nur um das Tor, sondern um die Leistung, die die Mannschaft bringt. Die Tore kommen dann von selbst. Wichtig ist, dass wir uns in jedem Spiel konzentrieren. Wenn es dem Team läuft, läuft es auch dem einzelnen Spieler.

Trotzdem werden Sie sich für immer an dieses erste Tor erinnern.

Klar, ich habe das T-Shirt mit nach Hause genommen, als Souvenir. Es ist ein tolles Gefühl, wenn ich daran denke, woher ich kam – und dass ich jetzt in der besten Liga der Welt spiele.

Welche Trikots haben Sie sonst noch zu Hause?

Ich habe jenes von YB, obwohl ich da nicht die grösste Rolle gespielt habe. Aber ich feierte in Bern mein Profi-Debüt. Auch die Shirts von Schaffhausen und Lugano habe ich noch.

In dieser Saison kamen Sie von Beginn weg nicht häufig zum Einsatz. Zuletzt haben Sie sich aber deutlich gesteigert. Wie haben Sie den Verlauf wahrgenommen?

Es war schön, aufzusteigen. Das war der grösste Erfolg meiner Karriere. Jetzt spielen wir gegen die ganz Grossen in England und da realisiert man, dass im Fussball alles möglich ist, wenn man daran glaubt und immer dafür arbeitet.

Unter Marcelo Bielsa kannst du jeden Tag etwas Neues lernen, als ob du noch nie Fussball gespielt hättest. Das Team gehört praktisch ihm, er entscheidet, wie wir spielen.

Sind Sie bereits komplett in der Premier League angekommen?

Nein, man ist nie richtig angekommen. In jedem Spiel kann alles passieren, jede Mannschaft hat super Spieler. Wir als Mannschaft müssen Spiel für Spiel nehmen.

Schauen Sie vor bedeutungsvollen Duellen bewusst auf Ihren Werdegang zurück? Der war ja ein sehr spannender.

Es ist gut, daran zu denken, woher man kommt. Mein Weg hierhin war tatsächlich schwierig. Mein erster Traum war es, in der Super League zu spielen. Aber ich wollte mehr, ins Ausland. Mein grösster Wunsch war es, in England zu spielen. Als Leeds sich meldete, war ich überzeugt, dass dort ein sehr gutes Projekt mit grossen Ambitionen besteht. Über Umwege habe ich es hierher geschafft und es ist wichtig, sich die Entwicklung vor Augen zu führen. Denn im Fussball kann es sehr schnell gehen. Du kannst schnell hoch aufsteigen, aber es kann noch schneller wieder runtergehen.

Ezgjan Alioski.
Legende: Machte nicht nur rosige Zeiten durch Ezgjan Alioski. Keystone

Welche Bilder steigen in Ihnen auf, wenn Sie an die Zeit ganz unten denken?

Als ich mal zwei Monate ohne Klub da stand. In solchen Momenten bangt man um seinen Kindheitstraum, und auf einmal bist du niemand mehr. Zum Glück hat mich da meine Familie unterstützt. Und ich habe den Glauben nie verloren.

In solchen schwierigen Momenten haben Sie gemerkt, wer bedingungslos hinter Ihnen stand.

Genau. In diesen Momenten hatte ich nur noch die Eltern, die mich unterstützten. Sie haben mir nie gesagt, dass ich aufhören soll, Fussball zu spielen. Ich werde meinen Eltern immer dankbar sein.

Maurizio Jacobacci ist einer der besten Trainer der Schweiz, taktisch sehr gut und das sieht man bei Lugano. Es ist nicht der attraktivste Fussball, aber er ist erfolgreich und zielführend.

Haben Sie das Ihren Eltern auch mal so mitteilen können?

Ich habe es versucht. Aber zum Glück habe ich Eltern, die die Unterstützung als selbstverständlich betrachten. Nach meinem Transfer zu Leeds habe ich ihnen ein schönes Auto gekauft. Geld würden sie nie annehmen. So habe ich mich bei ihnen bedankt.

Können Sie Ihren Klub Leeds und dessen Strahlkraft ein bisschen erklären?

Die Leute sind von klein an Leeds-Fan. Es gibt hier nur den Fussball und sie lieben den Klub über alles. Klar, es gibt auch Kritik, aber die Unterstützung ist riesig. Im Stadion sorgen die Fans 90 Minuten für Gänsehaut. Als Spieler willst du ihnen dann etwas zurückgeben.

Der Zauber von Leeds hängt sicher auch mit dem Trainer Marcelo Bielsa zusammen. Wie nehmen Sie ihn wahr?

Unter ihm kannst du jeden Tag etwas Neues lernen, als ob du noch nie Fussball gespielt hättest. Das Team gehört praktisch ihm, er entscheidet, wie wir spielen. Wir glauben an seine Arbeit, an sein Projekt. Wir wissen: Wenn wir das machen, was er will, werden wir Erfolg haben. Er macht uns als Mannschaft stark, aber verbessert auch jeden einzelnen.

Blicken wir noch schnell nach Lugano. Dort hat Maurizio Jacobacci derzeit grossen Erfolg. Er war zu Schaffhausen-Zeit Ihr Trainer.

Bei ihm muss ich mich bedanken. Er ist einer der besten Trainer der Schweiz, taktisch sehr gut und das sieht man bei Lugano. Es ist nicht der attraktivste Fussball, aber er ist erfolgreich und zielführend. Es macht mich glücklich, wenn er Erfolg hat. Ich hoffe, er kann mit Lugano die Meisterschaft gewinnen.

Mit der Nationalmannschaft haben Sie einen grossen Erfolg feiern können: die EM-Qualifikation mit Nordmazedonien. Was hat das in Ihnen ausgelöst?

Das war gleich zu Beginn der Corona-Zeit: Und ich hatte zwei grosse Wünsche: mit Leeds aufzusteigen und mich mit der Nationalmannschaft für die EM zu qualifizieren. Das war der grösste Erfolg des Landes. Es war der nächste Traum, der für mich in Erfüllung ging. Schade, konnten wir nicht zusammen feiern, aber die Leute gingen trotzdem auf die Strasse.

Das Gespräch führte Jeff Baltermia.

SRF zwei, Super League Goool, 20.12.20, 18:05 Uhr ; 

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