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Montpellier-Goalie im Gespräch Sind Sie die unbestrittene Nummer 1, Jonas Omlin?

Als Jonas Omlin am 22. Juli beim furiosen 5:0-Sieg gegen St. Gallen mit einer Oberschenkel-Verletzung ausgewechselt wurde, war dies seine letzte Partie für den FC Basel. Der 26-jährige Goalie wechselte kurze Zeit später nach Frankreich zu Montpellier. Mit dem Team aus dem Département Hérault hat Omlin Grosses vor.

Erholt von seiner Verletzung und mit soliden Französisch-Kenntnissen ausgestattet ist der vielleicht beste Goalie der vergangenen Super-League-Saison für neue Aufgaben gerüstet. Der Sarner hat noch etwas Schonfrist. Zwar beginnt die neue Ligue-1-Saison bereits am Freitag, Montpellier steht aber erst am 29. August erstmals im Einsatz.

SRF: Jonas Omlin, wir erreichen Sie in Montpellier. Wie gut haben Sie sich bereits eingelebt? Wie gefällt Ihnen die Stadt?

Jonas Omlin: Derzeit wohne ich noch im Hotel, aber ich habe mich gut in Montpellier eingelebt. Es ist alles noch sehr neu, auch in den Trainings. Die Eindrücke von der Stadt sind sehr positiv. Es ist nicht die grösste Stadt, aber es hat alles, was man braucht: schöne Läden, gute Restaurants. Es gibt einen modernen und einen altehrwürdigen Stadtteil. Montpellier ist sehr abwechslungsreich.

Ich habe mein Hotel direkt am Meer und kann den Strand geniessen, wenn ich nicht gerade auf dem Fussballplatz stehe. Meine Freundin ist auch hier. Natürlich entscheidet sie mit, wenn wir uns nach einem Haus umsehen.

Wie steht es um Ihr Französisch?

Am Büffeln bin ich jedenfalls noch nicht, weil es noch einige andere Dinge zu erledigen gibt. Mit meinem Französisch komme ich bislang aber gut durch. Überraschenderweise verstehe ich ziemlich viel, es funktioniert gut. In der Schule legte ich zwar nie viel Wert auf Französisch. Ich dachte mir immer, das würde ich sowieso nie brauchen. Und jetzt bin ich schon zum 2. Mal in einem Klub, bei dem Französisch gesprochen wird (lacht) . Bei Le Mont blieb ein wenig hängen, das kann ich nun brauchen.

Ich musste noch kein Liedchen trällern.

Wie sind die ersten Eindrücke von Ihrem neuen Klub? Wurden Sie gut aufgenommen?

Die Eindrücke sind durchwegs positiv. Das Trainingsgelände ist sehr modern und von der Aussenwelt etwas abgeschottet. Wir haben hier eine coole Mannschaft mit guten Spielern. Das Tempo ist sehr hoch, es sind technisch sehr versierte Akteure, das Training macht Spass so. Ich werde in der nächsten Zeit bestimmt auch sportlich viele Fortschritte machen können.

Aufnahmeritual gab es bislang keines. Ich musste kein Liedchen trällern. Vielleicht kommt das noch, zum Beispiel im ersten Trainingslager. Montpellier ist ein sehr familiärer Klub. Die Stimmung ist mannschaftsintern sehr gut. Das kann sich auch auf dem Platz positiv auswirken, da kann man über sich hinauswachsen. Ich erwarte eine megacoole Saison mit dieser Mannschaft.

Jonas Omlin

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Der Obwaldner lancierte seine Karriere bei Kriens und Luzern. Von 2015 bis 2016 absolvierte er leihweise 16 Spiele für Le Mont. 2018 folgte der Wechsel zum FC Basel, wo er einmal Cupsieger wurde. Seit November 2018 gehört der 26-Jährige zum Kader der Schweizer Nati, wo er jedoch noch zu keinem Einsatz kam. Nun will er mit Montpellier für Furore sorgen. Omlin ist mit Janice van Eck, der Tochter von FC-Luzern-Legende René van Eck, liiert.

Wie sieht der Umgang mit Corona in Montpellier aus?

Es herrscht ein sehr strikter Umgang, in Frankreich allgemein. Es gilt überall Maskenpflicht, in geschlossenen Räumen sowieso, teilweise aber auch in der Innenstadt. Im Klub gibt es wöchentlich Corona-Tests. Es wird sehr genau aufgepasst. Wir haben aktuell einen Fall im Team. Deshalb mussten wir uns umgehend alle testen lassen. Wir teilen uns auf verschiedene Kabinen auf und haben auch in der Garderobe Maskenpflicht. Meine Angst, mich anzustecken, hält sich daher in Grenzen.

Eine Spielverschiebung gab es bereits. Gibt es da Bammel, dass das Ganze wie ein Kartenhaus in sich zusammenfallen könnte?

(Überlegt) Ich bin gespannt, wie es wird. Ich glaube, da arbeiten kompetente Leute an Lösungen und entscheiden, ob und wie es weitergeht. Glücklicherweise muss ich diesbezüglich keine Entscheidungen treffen, sondern einfach im Tor stehen und Bälle halten. Diese Dinge kann ich nicht beeinflussen, sie gehören zurzeit einfach dazu.

Nach dem Medizincheck und den ersten Gesprächen war für mich die Entscheidung klar.

Wie sieht es auf der Goalie-Position mit Konkurrenzkampf aus? Wurde kommuniziert, dass Sie die klare Nummer 1 sind?

Das wird ja grundsätzlich nicht kommuniziert. Aber aus einem Grund gibt ein Team ja eine bestimmte Menge Geld für einen neuen Goalie aus. Das gibt mir schon ein wenig Sicherheit. Ich muss mich gegen zwei junge Kontrahenten mit viel Potenzial durchsetzen. Es herrscht als Goalie immer Konkurrenzkampf. Ich muss Leistung bringen, um spielen zu dürfen und dann meine Leistung hochhalten, um den Stammplatz zu behalten. Geschenkt wird einem gar nichts.

Wie kam der Wechsel zustande? Wieso ausgerechnet Montpellier?

Ich hatte ein sehr gutes Bauchgefühl. Montpellier hat sich seit längerer Zeit um mich bemüht. Sie wollten unbedingt, dass ich in ihr Team komme. Das gibt einem gewisses Vertrauen, welches ich bei anderen Klubs, die um mich warben, nicht so gespürt habe. Nach dem Medizincheck und den ersten Gesprächen war für mich die Entscheidung klar. Eine coole Sache, ein cooler Klub.

Montpellier wurde 2011/12 überraschend Meister. Danach landete das Team jeweils im Mittelfeld. Welche Perspektiven bieten sich aktuell?

Als im Vorjahr die Saison abgebrochen wurde, lag Montpellier nur einen Punkt hinter den europäischen Rängen. Das Potenzial ist fraglos vorhanden. Momentan ist es gegen PSG natürlich für alle schwierig, um den Meistertitel zu spielen. Die Ambitionen sind dennoch gross, das Ziel für nächste Saison ist das Erreichen der internationalen Plätze.

Wie schätzen Sie Montpellier als Karrierestation ein? Ist es ein Sprungbrett oder ging es darum, die Komfortzone zu verlassen?

Es ist eine Challenge, die ich annehmen muss – in einem fremden Land mit einer fremden Sprache. Die Ligue 1 ist eine super Liga, auch wenn sie in der Deutschschweiz nicht so verfolgt wird. Es gibt extrem gute Klubs, es wird eine Herausforderung für mich. Weiter denke ich noch gar nicht. Ich muss mich zuerst hier durchsetzen und Leistung bringen.

Gab es vor dem Wechsel einen Austausch mit ehemaligen Schweizer Spielern in der Ligue 1? Der Dialog mit Alex Frei hätte sich beispielsweise angeboten …

Nein, mit Alex Frei habe ich nicht gross darüber gesprochen. Im Nachhinein haben mir viele ehemalige Spieler der Ligue 1 zum Wechsel gratuliert. Etwa Daniel Gygax, der meinte: «Viel Spass, es ist eine super Liga.» Das stimmt zusätzlich positiv.

Sie verliessen Basel zu turbulenten Zeiten. Was sagen Sie zu den Unruhen im Klub?

Man bekommt das Geschehen mit, ich stehe noch mit ehemaligen Mitspielern in Kontakt. Schlussendlich kann ich mich nicht gross dazu äussern. Es geht mich nichts an. Aber ich hoffe, dass Basel sich wieder gut neu aufstellen kann und Ruhe reinbringt.

Das Gespräch führte Daniel Bossi.

SRF zwei, sportflash, 12.08.2020, 20 Uhr ; 

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