Für einmal liess sich Joachim Löw aus der Reserve locken. Nach dem 2:1 am Samstag in Kiew – dem ersten Sieg Deutschlands überhaupt in der Nations League – setzte der ansonsten besonnene Bundestrainer zu einem gut 4-minütigen Monolog an. «Kritik ist okay, kann jeder gerne tun! Aber wir haben unsere Linie, wir haben unseren Plan», sagte Löw.
Wer im Fussball tätig ist - egal ob bei einem Klub oder beim DFB -, muss auch den Fussball exklusiv in den Mittelpunkt stellen
Der für löwsche Verhältnisse emotionale Ausbruch hatte diverse Gründe. Seit dem Ausscheiden als Titelverteidiger in der Vorrunde an der WM 2018 in Russland sieht sich der Bundestrainer immer wieder mit Kritik konfrontiert.
Prominente Kritiker
Zuletzt hatte sich Bastian Schweinsteiger, Löws Vorkämpfer auf dem Weg zum WM-Titel 2014, kritisch zu den Geschehnissen rund um die Mannschaft und den DFB geäussert. «Man kann sich nicht mehr zu 100 Prozent identifizieren mit der Nationalmannschaft, das ist schade», sagte ARD-Experte Schweinsteiger.
Karl-Heinz Rummenigge übte in einem Interview mit der Bild am Sonntag harsche Kritik am Verband. «Wer im Fussball tätig ist – egal ob bei einem Klub oder beim DFB –, muss auch den Fussball exklusiv in den Mittelpunkt stellen», sagte der Vorstandvorsitzende von Bayern München. Dies sei beim Verband momentan nicht gegeben.
Das «grosse Ganze» im Fokus
Auch sportlich läuft es für den 4-fachen Weltmeister harzig. Der 2018 eingeleitete Umbruch kommt für viele nur schleppend voran. Gegen die Ukraine gelang zumindest der erste Sieg in diesem Jahr, nachdem die DFB-Auswahl sowohl gegen Spanien (1:1), die Schweiz (1:1) und die Türkei (3:3) Führungen aus der Hand gegeben hatte.
Vor dem Duell gegen die Schweiz in Köln verwies Löw noch einmal auf den Blick auf «das grosse Ganze». Die Resultate gegen die Ukraine und die Schweiz seien wichtig, «aber auch die Entwicklung», sagte der 60-Jährige, der in seinem 15. Jahr als Bundestrainer steht.
Kroos vor dem 100. Einsatz
Bei einem Einsatz gegen die Schweiz steigt Toni Kroos als 15. deutscher Spieler in den Club der Hunderter auf. «Es ist eine schöne Zahl, eine runde Zahl. Trotzdem werde ich mich damit nicht lange aufhalten», betonte der Mittelfeld-Regisseur von Real Madrid. Es gehe ihm um die Europameisterschaft.
Neben Kroos könnte auch Joshua Kimmich ein Jubiläum feiern: Der 25-Jährige steht vor seinem 50. Einsatz für Deutschland.