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Anghel Iordanescu.
Legende: Coachte Rumänien schon an der WM 1994 Anghel Iordanescu. Keystone
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UEFA EURO 2016 «Iordanescu ist Armeegeneral, das sagt alles»

Gheorghe Craioveanu war einst Zimmerkollege von Rumäniens Assistenzcoach Viorel Moldovan. Mit Trainer Anghel Iordanescu hatte er das Heu aber oft nicht auf der gleichen Bühne.

Gheorghe «Gica» Craioveanu, in Rumänien sagt man, dass die aktuelle Generation die spielerisch schwächste der letzten Jahrzehnte ist. Stimmen Sie dem zu?

Craioveanu: Ich glaube, dass wir eine sehr gute Verteidigung haben. Aber es fällt uns schwer, das Spiel zu diktieren. Typen wie früher Lupescu, Popescu oder Galca fehlen zurzeit. Wenn Rumänien in Rückstand gerät, hat es Mühe.

Auf Nicolae Stanciu muss die Schweiz besonders aufpassen.

Gegen Frankreich hat das Team aber auf einen Rückstand reagiert. Waren Sie überrascht von der Leistung?

Ja, ich und ganz Rumänien. Aber bei solch einem Spiel schaut halt die ganze Welt zu. Da braucht man keine Extra-Motivation. Ich zweifle aber daran, ob es Anghel Iordanescu gelingen wird, die Mannschaft am Mittwoch richtig einzustellen.

Sie kennen Iordanescu bestens. Ist er der richtige Trainer für diese Mannschaft?

Das ist schwierig zu sagen. Er war 8 Jahre lang weg vom Fenster (nach dem Abgang bei al Ain, die Red.). Die Skepsis war gross, als er das Team 2014 übernahm. Er ist halt kein Trainer, der begeistert. Wenn man primär verteidigt, überlässt man meiner Meinung nach dem Gegner zu viel Platz. Aber die Resultate geben ihm eigentlich recht. Also müssen alle den Mund halten (lacht).

Ist Iordanescu wirklich so streng, wie man sagt?

Er ist General der Armee. Das sagt alles.

Er hat Sie 1994 nicht an die WM mitgenommen, obwohl Sie Topskorer in der rumänischen Liga waren.

Er wollte, dass ich auf der 9er-Position spiele. Das passte mir nicht. Ich habe ihm versucht, das sehr respektvoll beizubringen. Er hat mich dann angeschnauzt: «Ich sage, wo du spielst.» Niemand hätte gedacht, dass er mich zuhause lässt. Der renommierteste Sportjournalist des Landes titelte damals: «Die Königin lässt er zuhause, die Ziegen nimmt er mit.»

Erzählen Sie noch ein bisschen.

Wir haben 1993 in Sion ein Testspiel bestritten und dieses verloren. Die waren amtierender Schweizer Meister, also keine schlechte Mannschaft. Iordanescu war trotzdem so sauer, dass er uns um 7 Uhr morgens eine Stunde lang joggen liess. Dann ging es direkt zum Flughafen weiter und nach Hongkong an ein Turnier.

Obwohl ich spindeldürr war, hat er mir das Brot beim Frühstück weggenommen.
Autor: Craioveanuüber Iordanescu

Klingt ziemlich streng.

Ich war 75 kg schwer und spindeldürr. Trotzdem nahm er mir jeweils beim Frühstück das Brot weg. Ich trage ihm heute auch nichts mehr nach. Er liess uns dann und wann schon auch an der langen Leine. Wir hatten eine gesunde Einstellung und waren gar nicht an Partys interessiert.

Mit seinem Assistenten Viorel Moldovan haben Sie noch zusammengespielt.

Viorel und ich haben uns sehr gut ergänzt, auch neben dem Platz. Wir teilten uns fünf Jahre lang das Zimmer. Er ist ein toller Typ.

Trauen Sie ihm eine Trainerkarriere zu?

Ich verfolge seinen Werdegang, obwohl ich seit 21 Jahren in Spanien lebe. Dass er jetzt Assistent ist, ist sicher kein Zufall.

Wer ist am Mittwoch Favorit?

Ich schätze die Chancen auf 50:50. Die Teams werden einander viel Respekt entgegenbringen. Die Schweiz hat schon drei Punkte. Ein Unentschieden wäre also gefährlich für uns, denn dann müssten wir gegen Albanien mit offenem Visier antreten.

Auf welchen Spieler müssen die Schweizer besonders aufpassen?

Auf Nicolae Stanciu von Steaua Bukarest.

Sendebezug: Laufende Berichterstattung zur EURO 2016

Zur Person

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Zur Person

Gheorghe Craioveanu (48) bestritt für Rumänien 25 Länderspiele und nahm an der WM 1998 teil. 1994 und 1995 wurde er in Rumänien Torschützenkönig. Er spielte danach in der Primera Division u.a. für San Sebastian und Villarreal. Heute arbeitet er in Spanien als Radio- und TV-Experte. Aktuell dreht er gerade einen Werbespot für das rumänische DigiTV.

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