In kaum einer Sportart wird der gegenseitige Respekt dermassen gross geschrieben wie im Schwingsport. In kaum einer Sportart liegen Sieg und Niederlage so nahe beisammen. Und keiner vereint diese beiden Gefühlswelten so wie Christian Stucki.
Es ist wohl der Hauptgrund, weshalb es niemanden gibt, der dem 34-jährigen Hünen den Triumph nicht gönnen mag:
- Blick: «Mein Gott Stucki. Was hat das Land mit diesem liebenswerten Riesen schon gelitten. [...] Kein Mensch, der ihm, diesem kumpelhaften Bären, diese verdiente Ehre nach dieser grossartigen Karriere nicht gönnen würde.»
- Tagesanzeiger: «Auf würdigere Art kann ein Schwinger mit 34 Jahren nicht König werden. Und in die Gilde der Grössten dieses Sport aufrücken.»
- NZZ: «Christian Stucki ist Schwingerkönig. Ein würdiger König, der im Schlussgang triumphierte, der ein beeindruckendes Notenblatt vorzeigen kann und tatsächlich der Beste des Wochenendes ist. Einer, den man schweizweit mag, weil er eben ein ‹Gmögiger› ist.»
Dass ihm dieser vom Kampfgericht «gestohlen» wurde, ist nicht von der Hand zu weisen.
Nur wegen seiner «gmögigen» Art hat sich Stucki den Königstitel aber nicht verdient. Die Einteilungen des Kampfgerichts hatten es in sich – besonders für den Seeländer:
- Südostschweiz: «Er stellte die vier jungen Topfavoriten Samuel Giger, Pirmin Reichmuth, Armon Orlik und Joel Wicki in den Senkel. Reichmuth besiegte er am Anfang, Wicki am Schluss. Dazwischen stellte er am Sonntagmorgen kurz nacheinander gegen Wicki und Orlik. Alle übrigen aus dem Quintett der Stärksten, zu dem Stucki halt auch gehört, trugen höchstens zwei Kämpfe untereinander aus, Stucki aber vier. Wer die Arbeit des Einteilungskampfgerichts als seltsam oder gar einseitig bezeichnet, hat gute Argumente.»
- Bote der Urschweiz: «Zumindest die Einteilung kann es dieses Mal nicht gewesen sein, die den Innerschweizer Erfolg vermiest hat. Stucki traf am Sonntag in den Gängen fünf und sechs auf Wicki und Armon Orlik. Die bis dato stärksten zwei Schwinger des Festes.»
Während die Einteilung der Gänge nicht gerade als Vorteil für Stucki ausgelegt werden kann, wird über deren Benotung aber zumindest diskutiert – insbesondere im Lager der Geschlagenen:
- Bündner Tagblatt: «Die Wenigkeit eines Viertelpunkts fehlte Armon Orlik zur erneuten Schlussgang-Qualifikation. Dass ihm diese vom Kampfgericht «gestohlen» wurde, ist nicht von der Hand zu weisen. Darüber zu diskutieren, ist aber müssig. Man muss das Verdikt akzeptieren.»
- Bote der Urschweiz: «Ein anderer Aspekt, welcher jedoch für den Berner Hünen lief, war die Notengebung. Zwei Mal erhielt er für die beiden gestellten Gänge eine 9.00. Beide Male wäre eine 8,75 mehr als gerechtfertigt gewesen.»
Am Ende erübrigt sich aber jede Diskussion. Denn der einstige «Sieger der Herzen» ist auch in den Augen des Bündner Tagblatts «ein würdiger Schwingerkönig». Oder in den Worten der Basler Zeitung : «Die Rolle des Prinzen war für Stucki nie vorgesehen» – in diesem Sinne: lang lebe der König!
Sendebezug: SRF zwei, sportlive, 25.08.19, 07:30 Uhr