In der Hotellobby in Adelboden nimmt er mit einem Lächeln das Geschenk eines wartenden Fans entgegen: eine Packung Basler Läckerli. Der Mann mit dem klingenden Namen Leif Kristian Nestvold-Haugen ist mittlerweile bekannt im Ski-Zirkus – und ein Hoffnungsträger. Sein Beschenker habe auf einen Podestplatz des Norwegers beim Riesenslalom vom Samstag gewettet, wird ihm eröffnet.
Dass der grossgewachsene Wikinger an diesem Punkt seiner Karriere überhaupt noch regelmässig auf den Skiern steht, war lange alles andere als gewiss. «Ich habe definitiv nicht den normalen Weg gewählt», blickt er lachend zurück. Aber der Reihe nach.
Europacup – USA – Weltcup – Europacup
Als Nestvold-Haugen als knapp 20-Jähriger merkte, dass er im Europacup nicht mit den Besten mithalten konnte, entschied er sich zu einem für Skifahrer eher ungewöhnlichen Schritt: Er ging in die USA studieren und parallel für sein College Skifahren.
Dort nahm der Norweger auch an den in Amerika überaus beliebten NCAA Ski-Meisterschaften teil – und dies durchaus erfolgreich. 2009 wurde er gar ins Weisse Haus zum damaligen Präsidenten Barack Obama vorgeladen. «Das war natürlich eine ganz coole Erfahrung!»
Bald kam er zu seinen ersten Auftritten im Weltcup, die Erfolge blieben aber aus. Es folgten weitere Abstecher in den Europacup. «Ich war einfach noch nicht gut genug», so Nestvold-Haugen.
Vom WM-Podest zum Windeln wechseln
Und dann kam 2017: In Kranjska Gora fuhr er im Riesenslalom als Dritter seinen ersten Podestplatz heraus, zudem gelang ihm an der WM in St. Moritz mit der Bronzemedaille ein veritabler Exploit. «Es war ein grossartiges Gefühl, nach so vielen Jahren», blickt der heute 32-Jährige zurück.
Schon an der Haustür übergab mir meine Frau unseren Sohn, damit ich seine Windeln wechsle.
Mit ein Grund für den plötzlichen Erfolg seien seine mittlerweile zwei Kinder gewesen: «Als Vater hat man andere Perspektiven, das Skifahren ist nicht mehr alles. Ob ich ein gutes oder ein schlechtes Rennen habe: Wenn ich nach Hause komme, ist das einfach nicht mehr so wichtig. Meine Frau drückt mir manchmal in der Tür schon meinen Sohn in die Arme, um ihn zu Wickeln – dann merke ich jeweils: Ich bin ein Rennfahrer, aber auch ein Vater.» (lacht)
Seine Kinder machen Nestvold-Haugen schneller, sagt er selbst: «Mein Sohn sagt mir schon: ‹Papa, es muss im Ziel grün aufleuchten!› Ich will auch immer Vollgas fahren für meine Kinder, damit sie stolz sein können auf mich.»
Als nächstes kann er seine Kinder in Adelboden stolz machen, wo er am Samstag im Riesenslalom zu den Podest-Anwärtern gehört. «Ich will um die Spitzenplätze mitkämpfen. Meine Form auf jeden Fall stimmt.»
Sendebezug: SRF zwei, «sportaktuell», 09.01.2020 22:15 Uhr