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Mensch 70 Jahre Tropeninstitut: Von Warzenschweinen und Erdferkeln

Vor 70 Jahren hat ein charismatischer Basler das Schweizerische Tropeninstitut gegründet. Mit viel Elan, Charme und Schalk hat er nicht nur die Untersuchung von Tropenkrankheiten als Forschungsgebiet aufgebaut, sondern in Afrika Pionierarbeit in Sachen Entwicklungshilfe geleistet.

1944 wurde in Basel das «Schweizerische Tropeninstitut» gegründet. Gründer und erster Direktor war einer der bekanntesten Basler Bürger überhaupt: Rudolf Geigy. Der studierte Zoologe, Spross der einflussreichen Chemie-Dynastie Geigy, hat sich zum Ziel gesetzt, den aufkommenden Tropenkrankheiten wie Malaria oder der Schlafkrankheit zu Leibe zu rücken.

Video
Tropeninstitut: 70 Jahre gegen Parasiten und Würmer
Aus Einstein vom 15.05.2014.
abspielen. Laufzeit 6 Minuten 57 Sekunden.

Geigy war eine einnehmende Figur, ein Forscher und Abenteurer zugleich, ein passionierter Jäger. Er begründete eine Ära von Tropeninstituts-Direktoren, die durch viel Charisma einiges bewegen konnten und so etwas wie die Botschafter des Unternehmens wurden. Es gehört bis heute zum Credo des Instituts, sich persönlich und vor Ort für die Sache zu engagieren – bis in die Chef-Etage.

Ein Erdferkel wird zum PR-Coup

Rudolf Geigys Kalkül und Abenteurergeist zeigte sich schon früh in einer Anekdote um die erste grosse Expedition der Schweizer Tropenforscher nach Tansania (damals hiess es noch « Tanganyika») nach dem Zweiten Weltkrieg: 1949 hat Geigy nämlich werbewirksam ein Erdferkel eingefangen und in den Basler Zolli gebracht. Diese Aktion hat für viel Aufsehen gesorgt und war damals ein logistisches Bravourstück.

Geigy jagte auch Warzenschweine, weil er deren Höhlen als eigentliche Reservoire für Zecken betrachtete, welche das sogenannte Rückfallfieber (Borrelia Recurrentis) übertragen können. Er suchte den Krankheitserreger in den Hirnen der Warzenschweine, homogenisierte diese und spritzte sie Mäusen. Die Einheimischen gaben Geigy aufgrund dieser Arbeit den Übernamen «Bwana Ngiri» – Herr Warzenschwein. In Tansania sind solche Spitznamen als Ehrentitel zu verstehen.

Vom Tropeninstitut zur allgemeinen Gesundheitsversorgung

Seit der Gründung suchte Geigy direkt dort nach den Erregern, wo die Krankheiten am stärksten wüteten: in Afrika. Im Ort Ifakara, in Tansania, legte er den Grundstein für eine bis heute andauernde medizinische Forschung und Ausbildung auf dem Gebiet der Tropenkrankheiten auf dem schwarzen Kontinent.

Rudolf Geigy

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Legende: Schweizerisches Tropeninstitut

Gründer und Direktor des Schweizerischen Tropeninstituts (1944-72). Später auch Rektor der Uni Basel. 1995, mit 92 Jahren, beging er aufgrund der körper- lichen Verfassung seiner Frau mit ihr zusammen Suizid; mithilfe einer Sterbehilfe-organisation, was in der Schweiz eine Debatte auslöste.

1956 wurde ein einfaches Feldlabor eingerichtet. 1961 gründete Geigy in Zusammenarbeit mit der Tansanischen Regierung das «Rural Aid Centre», in welchem schon früh vor Ort sogenannte «Barfussärzte» ausgebildet wurden, die einfache Dienste in Dispensarien ausführen sollten. Es entwickelte sich parallel zum Forschungs- ein Entwicklungshilfeprogramm. Aus diesem Zentrum erwuchs das heutige «Ifakara Health Institute», eine renommierte Forschungsstation unter anderem für Malaria und HIV, die 2008 gar Trägerin des Prinz-von-Asturien-Preises im Bereich Internationale Zusammenarbeit war. Das Institut wurde 1991 erfolgreich an den Tansanischen Staat übergeben.

Im Fokus der Arbeiten standen lange die Tropenkrankheiten: Malaria, Schlafkrankheit oder Borreliose-Erkrankungen wurden in unterschiedlichsten Stadien erforscht – in Afrika und in Basel. Dabei ging die Forschung und die Ausbildung fachkundiger Kräfte vor Ort Hand in Hand. Mit den Jahrzehnten hat sich das Institut dann verändert und seinen Namen geändert in «Swiss Tropical and Public Health Insititute»: Weg von der reinen «Kolonialmedizin» um Tropenkrankheiten, hin zu Lösungen und Anwendungen auch für die Gesundheitsprobleme der Nord-Hemisphäre: Herzkreislauf-Erkrankungen, Fettleibigkeit, Umwelteinflüsse oder Diabetes.

Seit rund 20 Jahren wird auch die Entwicklung von Medikamenten und Impfstoffen vorangetrieben. Auch an einem Malaria-Impfstoff wird gearbeitet. Was seit Rudolf Geigy immer weitergeführt wurde, ist die Tradition umtriebiger Institutsleiter, die noch heute als Aushängeschilder des Instituts um die Welt reisen. Wie unsere Bildergalerie über die insgesamt lediglich vier Direktoren in 70 Jahren Institutsgeschichte zeigt.

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