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Mensch Mit Holzbalken den Untergang der Maya verstehen

Der Kalender der Maya beginnt am Tag, als die Welt erschaffen worden sein soll: am 13. August 3114 vor Christus, sagen manche Fachleute. Andere setzen den Termin hunderte Jahre früher. Oder später. Ein Team mit Schweizer Beteiligung beendet diese Debatte – mit Analysen hölzerner Reliefs.

1877 sägte der Basler Forschungsreisende Gustav Bernoulli mehrere grosse Holzbalken aus Tempeln der Maya-Stadt Tikal auf der mexikanischen Halbinsel Yucatan. Einige dieser Prunkstücke sind heute im Basler Museum der Kulturen ausgestellt. Auf den Balken sind wichtige Ereignisse in der Maya-Geschichte dargestellt. Und: das Datum der Ereignisse im System des Maya-Kalenders.

Altertumsforscher gehen davon aus, dass die Tempel gebaut wurden, kurz nachdem die Ereignisse geschahen, die auf den Holzbalken vermerkt und datiert sind. Im Holz der Balken steckt somit auch die Antwort auf die Frage, wann ein solches Ereignis in unserer Zeitrechnung über die Bühne ging: Um sie zu finden, muss «nur» das Alter des Holzes möglichst genau bestimmt werden.

Wie alt waren die Holzbalken wirklich?

Die Radiokarbon-Datierung

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Das Verfahren macht sich zunutze, dass die Menge an gebundenen radioaktiven C14-Atomen in abgestorbenen Organismen gemäss dem Zerfallsgesatz abnimmt – und damit berechenbar. Anwenden lässt es sich auf Zeiten vor 300 bis etwa 60000 Jahren. Die Methode wurde 1946 von Willard Frank Libby entwickelt, der dafür 1960 den Nobelpreis für Chemie bekam.

Die Holzbalken wurden ein erstes Mal in den 50er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts datiert – mit der damals entwickelten «Radio-Karbon-Methode». Aus heutiger Sicht waren deren Resultate sehr ungenau. Und liessen darum auch keine präzise Umrechnung der Maya-Daten in unseren Kalender zu.

2012 nahm sich ein internationales Forscherteam die Holzbalken, die Bernoulli 1877 in Tikal abmontiert hatte, nochmals vor und untersuchte sie mit derselben Methode – aber nach dem heutigen Stand ihrer Technik, der wesentlich präziser ist. Die Resultate sind jetzt als «Nature Scientific Report» nachzulesen: Laut den Analysen wurden die Bäume zwischen den Jahren 658 und 696 unserer Zeitrechnung gefällt, zersägt und mit den Reliefs versehen. Damit schwankt der Maya-Termin für die Erschaffung der Welt «nur» noch um plus oder minus 19 Jahre – und nicht mehr um Jahrhunderte.

Offene Fragen nach Einfluss des Klimas

Aus der Schweiz war unter anderem der Paläoklimatologe Flavio Anselmetti von der Universität Bern an dem Projekt beteiligt. «Die Maya-Zivilsation gilt als ein Paradebeispiel dafür, wie die Entwicklung einer Gesellschaft mit den Veränderungen des Klimas zusammenhängen kann», erklärt er, «wenn wir diese Zivilsationsgeschichte in einen Zusammenhang mit den Klimaaufzeichnungen bringen wollen, die wir auf Yucatan in Seesedimenten, Baumringe oder Stalagmiten finden, müssen wir den Maya-Kalender mit unserem synchronisieren können.«

So könnte man schliesslich verstehen, wie die in der Natur festgehaltene Wetter- und Klimageschichte die Entwicklung der Maya-Zivilsation beeinflusste. Warum die Mayakultur um das Jahr 950 unserer Zeitrechnung kollabierte und die Bevölkerungszahl dramatisch abnahm, ist nämlich umstritten: Verschiedene Theorien geistern durch die Fachwelt.

Warum ging die Welt der Maya unter?

Die einen Forscher erklären den Verfall der Maya-Kultur mit sozialen Veränderungen, andere mit Krankheiten oder Kriegen. «Es hat sich in letzter Zeit herauskristallisiert, dass das Klima wahrscheinlich tatsächlich einen grossen Einfluss hatte», sagt Anselmetti. In der letzten Phase der Maya-Kultur, die nun unter anderem durch Anselmettis Untersuchungen genauer datierbar ist, häuften sich schwere Dürreperioden. Sie könnten der Zivilisation, die bereits durch andere Faktoren geschwächt war, vollends den Lebensnerv durchschnitten haben.

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