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Bühne Ein Clownstück sinniert über den Preis der Sicherheit

«Nichtsnutz», das neue Stück von Ueli Bichsel und Silvana Gargiulo, handelt vom ewigen Wunsch nach Sicherheit. Das Clownduo spielt ein ungleiches Paar, das sich und seine Besitztümer schützen will – und dadurch seine Freiheit verliert. Der Plot ist vorhersehbar. Aber die stillen Momente überzeugen.

Ein Mann und eine Frau sitzen in einem Wäschezuber, sie hält einen Schirm in der Hand.
Legende: Aussteigen oder sitzenbleiben? Mit dieser Szene beginnt «Nichtsnutz». Bernhard Fuchs

In einem alten Waschzuber kommt das Clownpaar auf die Bühne gefahren wie in einem zu kleinen Boot. Mit neugierigen Gesichtern und den obligaten roten Nasen äugen sie ins Publikum. Sollen sie aussteigen oder besser sitzen bleiben? Und wenn aussteigen, wer zuerst?

In weisser Unterwäsche und mit schwarzem Frack, beziehungsweise mit einer Fliegermütze wirken die beiden wie aus der Zeit gefallen. Doch ihr Verstand arbeitet realitätsnah und messerscharf. Als ein Paar Gartenhandschuhe von der Bühnendecke fällt, ist die Botschaft schnell erfasst: Es riecht nach Arbeit.

Einsilbig und mehrdeutig

Bald stellt sich heraus, dass das Clownpaar eine Parzelle gewonnen hat. Frontal vor ihnen befinden sich die neuen Nachbarn – das Publikum. Auch die Zukunft ist auch schon da: in Form von fünf rostigen Armierungseisen steht sie an der Wand und wartet darauf, montiert zu werden. Mit Meterstab und viel Hintersinn basteln die beiden aus dem rostigen Schrott ein Zuhause. Da die verbale Kommunikation nicht ihre Stärke ist, müssen sie sich mit Blicken, Gesten und viel Körpereinsatz behelfen. Kein Effort scheint ihnen zu gross.

Audio
Kritik zu «Nichtsnutz» im Theater Ticino in Wädenswil
03:53 min
abspielen. Laufzeit 3 Minuten 53 Sekunden.

Freiwillig in den Käfig

Während der Clown mit jeder Entscheidung hadert und sogar das undichte Dach schön redet, ist die resolute Clownin ganz ihren undurchschaubaren Launen verpflichtet. Im subtilen Zusammenspiel des ungleichen Paars kommt die ganze emotionale Bandbreite zwischen Paradies und Hölle zum Ausdruck – und das fast ohne Worte.

Liebenswürdig und skurril sind die Figuren in ihrer unerbittlichen Mühe, einen sicheren Ort zu gestalten. Dass sie sich einschliessen und abschotten, scheint sie nicht zu stören. Sie haben einander, und das ist genug.

Bisweilen verliert sich der rote Faden des Programms auf der Bühne des Ticino Theaters in Wädenswil in Absehbarkeiten und das Ausspielen von Gags wirkt auf die Dauer repetitiv (Regie: Anna Frey). Überzeugend und berührend sind die stillen Momente. Wenn nichts geschieht auf der Bühne und die Bilder im Kopf des Zuschauers entstehen. Etwa wenn das Clownpaar am Schluss durch das rostige Gitter schaut und schauerlich zu singen beginnt.

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