Ihre «gelingsicheren» Rezepte sind legendär, kaum ein Schweizer Haushalt, in dem nicht ein Kochbuch von ihr steht: ein Ringheft, oft verfleckt, viel benutzt. Betty Bossi ist bis heute eine Ikone der Schweizer Esskultur, eine perfekte Superhausfrau am helvetischen Herd.
Betty Bossi: Fake und erfolgreich
Doch Betty Bossi gab es nie, sie war fake, erfunden von der Zürcher Werbetexterin Emmi Creola-Maag (1912–2006). Sie sollte die Produkte einer Speiseölfirma vermarkten.
Dafür kreierte sie nach amerikanischem Vorbild eine fiktive Kochberaterin. Den Vornamen entlehnte sie der amerikanischen Kunstfigur Betty Crocker, den Nachnamen fand sie im Telefonbuch. Betty Bossi. Gut aussprechbar und gmögig.
Rollenbilder und weibliche Selbstbestimmung
Der Film «Hallo Betty» erzählt von den schwierigen Anfängen: Emmi Creola muss sich in einer männerdominierten Welt durchsetzen, muss in der Werbeagentur darum kämpfen, dass ihre Stimme gehört und ihre Idee wahrgenommen wird. Sie muss sich gegen Neid und Missgunst ihrer Kollegen wehren und im sexistischen Gegenwind bestehen.
Gespielt wird Emmi Creola von Sarah Spale («Platzspitzbaby», «Wilder»): «Ich finde spannend an ihr, dass sie nicht eine Kämpferin gewesen ist für die Emanzipation, sondern einfach emanzipiert gelebt und durch das gewirkt hat.»
Ein emanzipiertes Leben
Emmi Creola-Maag war verheiratet, hatte drei Kinder und war berufstätig. Das war in den miefigen 1950er-Jahren unüblich modern, entsprechend eckte sie an. Ihre Mutter sei aber trotz stressigem Spagat zwischen Beruf und Familie liebevoll und fürsorglich gewesen, sagt die heute 79-jährige Ines Diacon, die ältere Tochter von Emmi Creola. Ihre Mutter führte ein ganz anderes Leben als ihre perfekte Kunstfigur.
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Bild 1 von 3. «Was essen Schweizer Männer am liebsten?»: Emmi Creola-Maag 1958 in der Wohnung, in der sie mit einem Koch zusammen Rezepte für die «Betty Bossi Post» entwarf. Bildquelle: Betty Bossi Verlag.
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Bild 2 von 3. Betti-Bossy-Schöpferin Emmi Creola gibt viel von sich in ihre Kunstfigur. Auch die Unterschrift unterm Betty-Bossi-Bild stammt von ihr. Bildquelle: Betty Bossi Verlag.
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Bild 3 von 3. Mehr als nur Rezepte: Die Zeitung «Betty Bossi Post» begeisterte auch mit Lifestyle-Tipps und Lebensberatung. Bildquelle: Betty Bossi Verlag.
«Bevor Besuch gekommen ist, haben wir oft noch alles unter die Betten geschoben, was hat verschwinden müssen», erzählt Ines Diacon lachend. «Meine Mutter wäre wahrscheinlich gerne eine perfekte Hausfrau gewesen, aber der Beruf war ihr wichtiger. Sie hatte die Aufgabe, die Frauen an ein Produkt zu binden und hat das auf eine psychologisch sehr geschickte Art rübergebracht.»
Der Film zeigt mit Schalk: Creolas Idee schlägt ein, Betty Bossi wird schon bald zur Hausfrau und Köchin der Nation. Die Zeitung «Betty Bossi Post» begeistert die Schweiz mit schnellen und einfachen Rezepten, mit Haushalts- und Lebenstipps. Und Betty erhält jede Menge Fanpost.
«Für meine Mutter war das mehr als Werbung», so ihre Tochter, «sie wollte auch Lebensberaterin sein. Und hat manchmal unser Privatleben miteinfliessen lassen. Wir Kinder waren ihre Inspirationsquelle.»
Ein gelingsicheres Rezept
«Hallo Betty» ist eine Emanzipationsgeschichte, nah am wahren Leben von Emmi Creola.
Der Film kommt in der Machart zwar etwas altbacken und bieder daher, macht aber dennoch Spass. Denn die Geschichte von Emmi und Betty ist ein gelingsicheres Rezept für einen Kinohit.
Kinostart: 20.11.2025