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Film & Serien Wes Craven brachte Generationen zum Zittern im Kino

Wes Craven schockte. Das tat er am liebsten, aber nicht nur. Er schuf Klassiker des Horros, Alpträume für Generationen von meist jugendlichen Kinogängern, die sich dem immer wieder gerne aussetzten: von «Nightmare On Elm Street» bis zu «Scream». Mit ihm hörten wir auf, ruhig zu schlafen.

Ein Ehepaar foltert und tötet die Vergewaltiger ihrer Tochter. Das war 1972, «The Last House on the Left», Wes Cravens zweiter Spielfilm und ein ebenso einschlägiger wie bis heute notorischer Schockauftritt. Sex und Gewalt gehörten zur Formel des damaligen Exploitation («Ausbeutungs»)-Kinos, Vergewaltigung und Rache war eine der Formeln.

Portrait Wes Craven
Legende: Er blieb unberechenbar, war immer für eine Überraschung gut. Den Horror nahm er zeitweise selbst nicht ganz ernst. Keystone

Die Produzenten dieser Filme setzten gezielt darauf, dass eben gerade die Nicht-Freigabe für ein breites Publikum ein umso zahlreicheres globales Nischenpublikum generierte, zuerst in den Grindhouse-Kinos, den meist in der Nähe der Sexkinos angesiedelten Billig-Schuppen, und ab Ende der 70er Jahre dann via Video.

Wes Craven hatte allerdings mehr Ambitionen, mehr Intelligenz und mehr Können vorzuweisen, als die Dutzendregisseure seiner Zeit. Das Drehbuch von «The Last House on the Left» war nach Cravens eigenen Angaben inspiriert von Ingmar Bergmans Schwarzweissdrama «Die Jungfrauenquelle» von 1960. Auch dramaturgisch war der Film viel mehr als bloss eine Abfolge von Schockmomenten.

Bis heute verboten

Die ungekürzte Originalfassung des Films ist in etlichen Ländern bis heute verboten. Wer die DVD in die Schweiz importiert, riskiert noch immer eine Strafanzeige. Seit 2009 gibt es übrigens (wie von etlichen der 70er Jahre Horror-Klassiker) ein auf die heutigen US-Zulassungsverhältnisse zugeschnittenes Remake des Films.

Mit «The Hills Have Eyes», einem Hinterwäldler-Kannibalen-Drama schuf Wes Craven 1977 noch einen weiteren einschlägigen Genre-Klassiker, bevor ihm 1984 der ganz grosse Hit gelang, jene Franchise, die bis heute nachwirkt: «A Nightmare on Elm Street».

«Nightmare on Elm Street»

Die Filmfigur Freddy Krueger: Halbverwestes Gesicht, Lederhut und Messerfingern.
Legende: Der Teenagerreim des Grauens: «Eins, zwei, drei - Freddy kommt vorbei» Reuters

Das Erfolgsrezept von «Nightmare» ist so einfach wie genial: Im Zentrum stehen genau jene Teenager, welche seit Beginn der 80er Jahre den Grossteil des kommerziell interessanten Horrorfilmpublikums stellen, Pubertierende, welche gemeinsam im Kino (oder heute auch Zuhause) den Nervenkitzel und die Mutprobe suchen, ein Ventil für ihre Ängste und Veränderungssorgen.

Diese Teenager, die im Original alle an der Elm-Street wohnen, einer Art US-Lindenstrasse, werden im Traum von Freddy Krueger heimgesucht, dem halbverwesten Killer mit den Messerhänden. Wer im Traum nicht überlebt, überlebt auch nicht in Wirklichkeit. Wachbleiben ist die einzige Strategie, um Freddy wenigstens eine Weile zu entgehen. Was passt besser zum Teenager-Leben mit den durchdiskutierten und durchgefeierten Nächten und all den Ängsten, die im Kollektiv besser zu ertragen sind?

Die «Nightmare on Elm Street»-Reihe gehört zu den langlebigen Horror-Franchisen, sowohl die Schreckensfigur Freddy Krüger wie auch sein Darsteller Robert Englund wurden zu Kultfiguren. Wes Craven hat das einschlägige Teenager-Publikum um Jahre hinweg im Auge behalten. Nach einer ganzen Reihe von anderen, weniger erfolgreichen Horror-Filmen gelang ihm 1996 der Nachfolge-Erfolg «Scream».

Und dann noch «Scream»

Die «Scream»-Reihe richtet sich an ein Publikum, das mit Freddy Krueger und Konsorten aufgewachsen ist, an die nächste Teenager-Generation, welche schon früh dem Ruf des einschlägigen Horrors gefolgt ist und darum alle Regeln des Genres kennt. Die Teenager in «Scream» wissen, dass man vor Verfolgern nicht in den oberen Stock eines Hauses flüchtet. Sie wissen auch, dass es keine gute Idee ist, die schützende Gruppe zu verlassen. Und sie wissen, dass auf den Satz «Ich bin gleich zurück» das todsichere Ende folgt. Und trotzdem werden sie alle dahingemetzelt, von ebenso horrorfilmgebildeteten Altersgenossen. Zum Beispiel.

Die «Scream»-Filme gehören wie etliche andere zum Subgenre der Horror-Parodien, Filme, die das Lachen und den Humor perfekt mit dem Horror und dem Grusel mischen und den Teenagern einmal mehr einen einschlägig brauchbaren Spiegel vorhalten.

Das Publikum bekommt das, was es will

Audio
Michael Sennhauser zum Tod von Wes Craven
04:41 min
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 41 Sekunden.

Wes Craven gab seinem Publikum immer wieder, was es wollte. Und gleichzeitig sorgte er dafür, dass er sich selber nicht zu langweilen begann, in dem er seine Arbeit und seine Erfolge analysierte und konstruktiv verwertete. Und er versuchte sich in anderen Genres.

Mery Streep verdankt Wes Craven einer ihrer zahlreichen Oscar-Nominationen, für ihre Rolle als Brooklyn-Ghetto-Musiklehrerin in «Music oft he Heart» von 1999. Und mit «Red Eye» bewies Wes Craven 2005, dass er auch einen veritablen Action-Thriller ohne über (oder unter-) sinnlichen Horror inszenieren kann – und dies erst noch mit einer Frau -- Rachel McAdams -- in der Hauptrolle.

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