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Gesellschaft & Religion Keine Mohammed-Karikaturen: Zensur an der Basler Fasnacht?

Nach den Attentaten in Paris und Kopenhagen wurden Karnevalanlässe geändert oder ganz abgesagt. Nur in Basel heisst es: «Die Fasnacht braucht es jetzt erst recht!» Wieso eigentlich? Und warum erhebt das Fasnachtskomitee trotzdem eine Zensur auf Mohammed-Sujets?

Die Anschläge in Paris und Kopenhagen waren auch Anschläge auf die Satire. Karnevalsanlässe sind deshalb geändert oder abgesagt worden – zuletzt in Braunschweig. Warum ist eine Absage in Basel nur schwer vorstellbar?

Michael Luisier: Es liegt an der Art und Weise, wie in Basel Fasnacht «gemacht» wird. Es ist keine Karnevalveranstaltung, sondern ein Satireanlass. Die Basler Fasnacht ist weltweit die einzig grosse Fasnacht mit einem reformierten Hintergrund. Es geht nicht darum, auf den Putz zu hauen, bevor die Fastenzeit kommt. Es geht auch nicht ums Feiern, ums Trinken oder um nackte Haut – also um Dinge, die pietätlos wirken könnten. Es geht darum, der Obrigkeit einmal im Jahr mit Satire die Meinung zu sagen. Wenn etwas Schlimmes passiert, wie kürzlich in Paris, ist darum die natürliche Reaktion in Basel keine Absage, sondern im Gegenteil: Dann braucht es die Fasnacht erst recht.

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Schnitzelbangg (1991): «Die beschti Waffe gege d'Macht, isch weme offe drüber lacht»
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Das tönt sehr überzeugt. Ist diese Haltung auch umstritten in Basel?

Sehr umstritten sogar. Es kommt immer wieder zu heftigen Diskussionen, wie zum Beispiel nach dem Chemie-Unfall in der Schweizerhalle 1986. Damals entschieden sich einige Fasnächtler keine Fasnacht zu machen – immerhin schrammte die Stadt haarscharf an einer Katastrophe vorbei. Beispielsweise das Zytigs-Anni, eine der beliebtesten und besten Basler Schnitzelbängglerinnen, wollte nicht teilnehmen. Andererseits gab es Leute, die sagten, man solle das Zytigs-Anni als Hexe verbrennen. Die Diskussion wurde vehement geführt – und gehässig.

Gab es solche Diskussionen auch in jüngerer Zeit?

Während des ersten Golfkriegs 1991 gab es erneut heftige Diskussionen – als alle deutschen Karnevals abgesagt wurden. Und auch nach Fukushima. Nur passierte die Katastrophe in Japan damals an dem Sonntag vor der Fasnacht. Da war keine Zeit zu reagieren. Erneut setzte sich die Haltung durch, dass es die Fasnacht gerade jetzt braucht.

Zur Person

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Michael Luisier ist aktiver Fasnächtler und Literatur-Redaktor bei SRF 2 Kultur. Er führt durch den «Querschnitt durch die Basler Fasnacht» (27. Februar, 20 Uhr, Radio SRF 2 Kultur).

Das letzte Mal wurde die Fasnacht während des Zweiten Weltkriegs abgesagt. Damals war jedoch nur die Strassenfasnacht betroffen.

Es muss schon sehr, sehr viel passieren, dass die Basler Fasnacht nicht stattfindet. Deshalb wurde auch damals nicht die Fasnacht, sondern nur die Strassenfasnacht verboten. Sie fand also noch in Sälen und Theatern statt.

Dieses Jahr wurden Karnelvalveranstaltungen abgesagt, wegen der Angst vor islamistischen Anschlägen. In Basel hat das Fasnachtscomité die Aktiven aufgerufen, auf Pointen über den Islam oder Mohammed zu verzichten. Lösen die Basler das Problem mit Zensur?

Das ist keine Zensur, sondern eine Empfehlung. Das Basler Comité appelliert an die Eigenverantwortung. Es gibt eine grosse Anzahl von ungeschriebenen Gesetzen, die die Basler Fasnacht hat. Da gehört dazu, dass man sich nicht über zentrale Glaubensinhalte von Religionen lustig macht – und da hält man sich dran.

Wenn wie jedes Jahr Witze über den Papst gemacht werden, dann zielt das auf die Person, nicht auf den Glauben?

Bei solchen Witzen greift man nicht Jesus, sondern den Papst an, weil er der Vertreter einer weltlichen Macht, der Kirche, ist. Und deshalb darf man sich über ihn lustig machen.

Sendung: Kultur Kompakt, 20. Februar 2015, 17:40 Uhr.

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