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Gesellschaft & Religion Kinderschreck war gestern: Ein guter Hauswart löst viele Probleme

Ein guter Hauswart ist mehr als ein versierter Handwerker, er vermittelt auch bei Konflikten. Für die Siedlung und die Verwaltung ist ein guter Hauswart Gold wert, zeigt eine Studie des ETH Wohnforums. Aber gute Hauswarte sind Mangelware.

«Mich fasziniert die Vielseitigkeit des Berufes: ich habe Kontakt zu Handwerkern und Mietern, ich kann selbst zupacken und geniesse eine grosse Autonomie.» Man spürt sofort: Marcello Keller liebt seinen Beruf als Hauswart. Seit fünf Jahren ist der 27-Jährige mit Haut und Haaren Hauswart im Bullingerhof im Zürcher Kreis 4. Dabei entspricht der gross gewachsene junge Mann mit dem blond gefärbten Haar ganz und gar nicht dem Bild des grimmigen Hauswarts, vor dem sich die Kinder fürchten. Wenn Marcello Keller die Siedlung durchquert, winken ihm die Kinder freudig zu.

Guter Hauswart, gute Atmosphäre

Der 27-Jährige ist täglich von halb acht bis acht Uhr in seinem Büro anzutreffen. Mit «Hauswart» ist der Briefkasten draussen angeschrieben. Diese klare Präsenz sei für die Mieter wichtig, sagt Marcello Keller. Und prompt klingelt das Telefon. Frau A. möchte die Küchenlampe ersetzt haben. Marcello Keller packt eine Neonröhre und klemmt sich eine Leiter unter den Arm. In der Dreizimmer-Wohnung der alleinerziehenden Mutter ist die Lampe rasch kontrolliert und die Neonröhre ersetzt. Frau A. ist zufrieden: «Es ist sehr gut, dass es bei Problemen einen Ansprechpartner gibt. Das schafft eine gute Atmosphäre. Sonst gäbe es sicher mehr Konflikte.»

Mieter und Verwaltung müssen zufrieden sein

Auf dem Rückweg ins Büro fallen dem Hauswart zwei kaputte Velos auf. «Die müssen dringend entsorgt werden. Darauf muss ich den Mieter aufmerksam machen», sagt Keller. Das Schwierigste an seinem Job sei, eine Lösung zu finden, mit der sowohl Mieter als auch die Verwaltung zufrieden seien, ergänzt der junge Hauswart. Wenn er Handwerker engagieren müsse, sei er immer dabei. So lerne er viel und wisse Bescheid über «seine» Siedlung.

«Hauswarte leisten in Wohnsiedlungen eine extrem wichtige Arbeit. Ohne Hauswarte würden Siedlungen auseinander fallen.» Zu diesem Schluss kommt Ignaz Strebel vom ETH Wohnforum. Während die Forschung sonst die Architekten und Mieterinnen unter die Lupe nimmt, hat sich Ignaz Strebel für die selten beachtete Arbeit von Hauswarten interessiert. Hauswartung sei mehr als das Ersetzen von Teilen und das Instandhalten von Liegenschaften – in der Hauswartung erkennt Ignaz Strebel ein kreatives Potenzial. So könne ein guter Hauswart einen wesentlichen Beitrag zur Lebensqualität in einer Siedlung leisten.

Ein guter Hauswart ist Gold wert ...

Ignaz Strebel ist überzeugt, dass ein guter Hauswart buchstäblich Gold wert ist: «Eine gute Hauswartung mit einem gut funktionierenden Betrieb und einer persönlichen Note führt zu weniger Mieterwechsel, was dann für die Liegenschaftsverwaltung finanziell interessant ist.»

Und trotzdem entscheiden sich viele Liegenschaftsverwaltungen, den Hauswartdienst an eine Firma zu vergeben. Warum? Für Ignaz Strebel hat das Outsourcen mit einer Hilflosigkeit zu tun. «Liegenschaftsverwaltungen haben oft eine sehr nachhaltige Vorstellung einer Hauswartung. Aber sie finden für diese anspruchsvolle Arbeit keine geeigneten Leute.»

... und er ist Mangelware

Gute Hauswarte sind also Mangelware. Das bestätigt auch der Schweizerische Fachverband der Hauswarte (SFH), der 4000 Mitglieder zählt. Wie viele Hauswartinnen und -warte in der Schweiz tätig sind, weiss selbst der SFH nicht. 1990 wurde die Fachprüfung für Hauswarte eingeführt. 4900 Hauswartinnen und -warte haben einen Fachausweis in der Tasche. «Der Beruf hat sich enorm gewandelt und ist gerade für junge Menschen attraktiv, weil man eine Lehre machen kann», sagt der junge Hauswart Marcello Keller.

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