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Was bringt ein Museumsbesuch mit Twitter in der Hand?
Aus Kultur kompakt vom 30.05.2013.
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 41 Sekunden.
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Gesellschaft & Religion «Tweetup» – wie Museen junge Besucher begeistern wollen

Kultureinrichtungen entdecken das Web und Social Media langsam für sich: Das Historische Museum Basel lud zu einem «Tweetup» ein. Ein Museumsbesuch der anderen Art.

Es war tatsächlich kein ganz normaler Museumsbesuch, insofern dass ganz zu Anfang der Führung der Hinweis kam, bitte die «Smartphones» und vor allem die Kameras der Handys zu benutzen. Man dürfe alles fotografieren und solle es auch. So begrüsste das Historische Museum Basel (HBM) die Besucher zu seinem ersten «Tweetup» bzw. zum #tweevening, wie der «Hashtag» lautete.

Reales und digitales Leben verschmelzen

Die Idee des Abends sei es, während der Führung die aktuelle Ausstellung zu kommentieren – und zwar im Internet, über den Social Media Dienst «Twitter».

«Tweetups» sind auf «Twitter» organisierte Treffen in der realen Welt. Twitterer treffen sich bei einer Veranstaltung und verbreiten ihre Eindrücke und Erfahrungen zeitgleich im Netz. Die deutschen Museen haben «Tweetups» schon etwas länger für sich entdeckt und wollen damit – unter anderem – wieder ein jüngeres Publikum ansprechen.

Thema der Ausstellung «Schuldig» im HBM ist der historische Blick auf die Kriminalität und wie sich Verbrechen und deren Strafen im Laufe der Zeit verändert haben – ein also eher düsteres und auch gruseliges Kapitel, die Guillotine ist eines der ersten Ausstellungsstücke, daneben hängen die Richtschwerter des letzten Henkers von Basel.

Keiner spricht, alle twittern

Die 25 Besucher hatten fast alle ihr Smartphone in der Hand, fotografierten, twitterten und verfolgten auf ihrem Handy-Bildschirm, was die anderen zu schreiben hatten. Ein etwas irritierendes Bild, wenn alle Teilnehmer einer Führung stumm über ihre Handys gebeugt sind, und die Diskussion des gerade Gesehenen und Gehörten parallel im Internet stattfindet.

Ein unkoordinierter Live-Ticker mit Charme

Leinwand mit Twitter-Nachrichten, davor eine Statue.
Legende: Auf einer Leinwand wurden die «Tweets» projiziert. Historisches Museum Basel

Wobei: Diskussion ist in diesem Fall vielleicht zu viel gesagt. Es sind kuriose Details, die auffielen, oder kommentierte Schnappschüsse, die getwittert wurden - eine Art unkoordinierter Live-Ticker, der von mehreren Autoren verfasst wird, die allerdings zusammen agieren und aufeinander reagieren können.

Konkret sah das dann so aus: «Der Fall Sandweg & Velte kostete 1934 8 Menschen das Leben. Die Totenmasken wirken skurril, nicht?». Oder: «nur 15% der hingerichteten waren Frauen, zumeist Kindsmörderinnen, geschwängert von Männern, die sich verpisst hatten», dazu entsprechend makabre Fotos von Skeletten und Schädeln.

Noch blieben die Museen unter sich

Der Grossteil der «Tweets» kam allerdings vom Twitteraccount des Museums selbst, bzw. von den dessen Mitarbeitern – oder anderen Museen, die das erste Schweizer Museums-«Tweetup» mit Neugier verfolgten. Aktive Twitterer der Museums-«Community» waren zum Beispiel @museumstag oder @MuseumTweetup.

Ihre Reaktionen waren wohlwollend bis begeistert. «Toll, dass Ihr so viele Fotos macht», «War sehr spannend. Ist unbedingt weiter zu verfolgen. Viele gute Gespräche im Nachhinein» oder auch «der #tweevening liest sich echt gut: makaber, aber ziemlich spannend und informativ. Grüsse aus München».

Ein Anfang mit Potential

Für das HMB war der Abend ein Erfolg, die Veranstalter waren mit der Anzahl Besucher zufrieden. «Ein Ziel der Veranstaltung war es, jüngeres Publikum anzulocken», sagte Sprecherin Eliane Tschudin. «Meistens haben wir Schulklassen und dann wieder Familien als Besucher. Bei den 18- bis 35jährigen haben wir eine Lücke.» Die konnte mit dem «Tweetup» kurzfristig geschlossen werden, das Durchschnittsalter an der Führung war Anfang 30.

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«Twitter, Tweetups und Tweevening» von Kathi Lambrecht
aus Kultur kompakt vom 30.05.2013.
abspielen. Laufzeit 12 Minuten 8 Sekunden.

Fazit: Das «Tweetup» des HMB ist zum jetzigen Zeitpunkt noch etwas selbstreferentiell. Der virale Faktor, die Verbreitung im Netz durch andere Nutzer, ist gering. Aber dass Kulturinstitutionen nicht nur Facebook nutzen, sondern einen Schritt weiter gehen und auch «Twitter» für sich entdecken, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Das HMB hat die Zeichen der Zeit erkannt und hat die Chance, durch ähnliche Veranstaltungen ein jüngeres Publikum für ihre Ausstellungen zu gewinnen.

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