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Gesellschaft & Religion Was es heisst, auf der Flucht zu sein

Eine ungeheuerliche Zahl: Mehr als 65 Millionen Menschen befinden sich weltweit auf der Flucht. In Zukunft werden es noch mehr sein, so die Prognose. Was es heisst, auf der Flucht zu sein, will die Ausstellung «Flucht» im Landesmuseum in Zürich erlebbar machen. Mit fünf fiktiven Fluchtbiografien.

  • Die Ausstellung ist ein ambitionierter Versuch, das schwierige Thema Flucht und Migration in allen möglichen Facetten aufzuzeigen.
  • Gezeigt werden fünf exemplarische und fiktive Schicksale von Flüchtlingen.
  • Ihrer Fluchtroute folgt man durch verschiedene Schauplätze wie Notunterkünfte, Flüchtlingscamps und Baracken – bis in die Schweiz.

Alles liegt in Trümmern: Im Landesmuseum empfangen einen abgebrochene Treppenstufen und andere Teile zerbombter Häuser. Mitten darin steht eine Leinwand – und von dort springen einen erschütternde Bilder an: Bombardierungen syrischer Städte und Interviews mit Menschen in Camps, welche solche Erlebnisse in die Flucht getrieben haben.

Filmtipp

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Das Video der Installation von Mano Khalil auf Youtube.

Diese Aufnahmen hat der Berner Filmemacher Mano Khalil zusammengetragen. Ein Kind erzählt in die Kamera, wie es Menschen kentern und ertrinken gesehen hat, eine Frau berichtet unter Tränen von ihren Ängsten vor dem Ungewissen. Aufwühlend ist das, erschütternd.

Fünf exemplarische Schicksale

Die Ausstellung «Flucht» ist ein Gemeinschaftsprojekt der Eidgenössischen Migrationskommission (EKM), des Staatssekretariats für Migration (SEM), des Flüchtlingskommissariats der Vereinten Nationen (UNHCR) und der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA).

Ausgehend von solch echten Fluchtgeschichten haben die Ausstellungsmacher fünf exemplarische und fiktive Schicksale von Flüchtlingen herausgearbeitet. «Wir haben Menschen ausgesucht aus Regionen, die momentan den grössten Anteil an Flüchtlingen stellen», sagt Walter Leimgruber, Präsident der Eidgenössischen Migrationskommission, und einer der Kuratoren der Ausstellung, «das ist Ostafrika, Syrien und Afghanistan.» Und: Man habe ebenfalls darauf geachtet, dass Männer, Frauen, Kinder und Jugendliche vorkommen.

Ausstellungshinweis

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Die Ausstellung «Flucht» ist bis zum 5. März 2017 im Landesmuseum in Zürich zu sehen.

Notunterkünfte und Baracken

Ihnen und ihrer Fluchtroute folgen wir durch einen schmalen dunklen Gang. Wir betreten verschiedene Schauplätze wie Notunterkünfte, Flüchtlingscamps und Baracken. Es gibt viel Interaktives: Mittels Touch-Screens erfahren wir Details aus den Biografien; wir bestimmen vier Gegenstände, welche auf die Flucht mit dürfen.

Dazu gibt es Zahlen, Fakten, Karten, Statistiken. Viel Information ist das, manchmal fast zu viel. Doch Walter Leimgruber relativiert. Die Ausstellung sei ein Angebot. Man könne sich das Passende herausgreifen. Wer nicht allem sondern nur einem Schicksal folgen möge, lerne bereits viel über Flüchtlinge.

Eine ambitionierte Ausstellung

Die Ausstellung ist ein ambitionierter Versuch, das schwierige Thema Flucht und Migration in allen möglichen Facetten aufzuzeigen.

Auf der Fluchtroute im Landesmuseum wird die Ausbeutung von Flüchtlingen nicht ausgeklammert: Sex gegen Essen zum Beispiel. Auch die seelische Verfassung der Geflüchteten ist ein Thema: unverarbeitete Foltertraumata, Versagensängste oder Scham.

Schliesslich erreicht man mit den Flüchtlingen die Grenze und betritt durch eine schmale Öffnung die Schweiz. Jetzt ist Asyl Thema. Wer bekommt es? Wer nicht?

Ein wichtiges Thema fehlt

Hier zeigt sich jedoch, dass die Ausstellung doch nicht alle Facetten aufzeigt. Kein Wort zu den untergetauchten Abgewiesenen, den illegal Einreisenden, den Sans-Papiers. Warum?

«Man habe die Möglichkeiten für Menschen im Rahmen des nationalen und internationalen Rechts aufzeigen wollen», sagt Walter Leimgruber, stellvertretend für die Ausstellungsmacher. «Die beteiligten Organisationen konnten sich nicht in Gebiete begeben, die juristisch nicht abgedeckt sind.»

Die eigene Aktion beginnt am Schluss

Somit fehlt ein emotionales und kontroverses Thema in der jedoch wichtigen und richtigen Ausstellung. Beeindruckend ist die Schau vor allem in den persönlichen und spielerisch umgesetzten Momenten.

Sie endet mit der Gewissheit, dass nun die passive Betroffenheit aufhören und die eigene Aktion beginnen muss: Beim tatkräftigen Integrieren der Menschen, die zu uns geflüchtet sind.

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