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Kunst Ein Roboter stiehlt Künstlern die Schau

Roboter können staubsaugen und rasenmähen – aber malen? Für die Künstler unter den Robotern gibt es neu den Wettbewerb «Robot Art». Algorithmen machen Kunst: Hat das überhaupt mit Kreativität zu tun?

e-David ist ganz schön gross. Neun Quadratmeter Fläche beansprucht der Malroboter, der an der Uni Konstanz im Fachbereich Informatik und Informationswissenschaft entwickelt wurde.

Der Malroboter e-David
Legende: e-David ist nicht doof: Er kann Farbspritzer als Fehler erkennen und diese korrigieren. e-David/Uni Konstanz

Feine Striche, Schicht um Schicht

e-David kann malen, weil Professor Oliver Deussen und sein wissenschaftlicher Mitarbeiter Thomas Lindemeier es ihm über Jahre beigebracht haben. So tupft er zum Beispiel in 10 bis 15 Stunden mittels eines Roboterarms eine impressionistisch angehauchte Hafenszene am Bodensee in rot und gelb auf die Leinwand.

Vorbild ist immer ein Foto, aber das Ergebnis ist malerisch, weit weg von den fotorealistischen Abbildern, die Malroboter bisher produzierten. e-David setzt feine Striche Schicht um Schicht auf die Leinwand, erklärt Thomas Lindemeier, der seine Dissertation über e-David schreibt.

Malroboter reagiert flexibel auf Störungen

Wettbewerb

Box aufklappen Box zuklappen

Am 15. Mai wurde zum ersten Mal der Wettbewerb «Robot Art» durchgeführt. Er zeichnet die besten Kunstwerke aus, die Roboter gemalt haben. Gewonnen hat der Roboter Taida der Nationaluniversität Taiwan – er malte unter anderem ein Stillleben sowie ein Porträt von Albert Einstein.

e-David kennt also das ABC der Malerei. Speziell an e-David ist, dass er über eine Kamera seinen Arbeitsprozess kontrolliert. Farbspritzer zum Beispiel erkennt er als Fehler und behebt sie. e-David ist nicht doof und passt seine Arbeitsschritte flexibel gewissen Störungen an.

Dieser Feedbackprozess ist zukunftsträchtig, denn er ist auch auf andere Roboter übertragbar: solche, die staubsaugen oder rasenmähen. Thomas Lindemeier: «Für die Zukunft ist es wichtig, dass Roboter nicht nur stur ihrer Aufgabe nachgehen, sondern auch simple Entscheidungsprozesse durchlaufen können, je nachdem, wie sich die Situationen ändern.»

Kreativität war (noch) nicht das Ziel

Wenn e-David nicht stur sein vorprogrammiertes Ding durchzieht, sondern Entscheide fällt – ist er dann auch kreativ? Die Frage nach der künstlerischen Kreativität ist die heisse Kartoffel in der Diskussion. Könnten einst Roboter übernehmen, was ur-menschlich zu sein scheint, nämlich künstlerisch tätig zu sein?

Porträt von Isaac Asimov, gemalt von e-David
Legende: Mit diesem Porträt des Biochemikers und Autors Isaac Asimov nimmt e-David am Wettbewerb «Robot Art» teil. RobotArt

Thomas Lindemeier stockt. «Das mit der Kreativität ist ein schwieriges Thema. Kreativ ist die Maschine noch nicht. Aber sie befindet sich auf der Stufe, wo man anfangen könnte, Dinge zu produzieren, die ein Betrachter dann als kreativ bezeichnen würde.» e-David, so Lindemeier weiter, sei noch nicht kreativ, und zwar weil er gebaut wurde, um den Malprozess an Algorithmen zu delegieren. Es war nicht das Ziel, die kreativen Vorgänge im Kopf von Künstlerinnen und Künstlern nachzuahmen.

Reproduzieren ja, abstrahieren nein

e-David kann also nicht abstrahieren. Das tun Künstlerinnen und Künstler andauernd – wenn Rembrandt zum Beispiel einen Helm malte, entschied er, welche Elemente des spiegelnden Helms er wie darstellte, welche er vereinfachte und welche er wegliess. Die Kreativität, die es braucht, etwas wegzulassen, die besitzt e-David nicht.

e-David kann auch nicht im Stil Rembrandts malen. Er würde versuchen, ein Bild des niederländischen Malers im Rahmen seiner Möglichkeiten zu reproduzieren. Er kann sein ABC nicht weiterentwickeln.

Die Grenzen eines Malroboters sind nicht nur Defizite: Sie zeigen auf, wo die Forschung in Zukunft hingehen wird. Diese Grenzen sind auch Balsam für besorgte Seelen. Malroboter wie e-David zeigen auf, wo Menschen noch nicht durch Algorithmen zu ersetzen sind.

Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur kompakt, 12.5.2016, 7.20 Uhr.

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