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Kinderautor aus Wut Schriftsteller Peter Härtling ist tot

Nach kurzer, schwerer Krankheit ist der Schriftsteller Peter Härtling im Alter von 83 Jahren verstorben.

Eine von Peter Härtlings Spezialitäten war es, die Vergangenheit in die Gegenwart zu holen. Wer in seinen zahlreichen Künstlerbiographien liest, glaubt, den Dichtern und Musikern vergangener Jahrhunderte leibhaftig zu begegnen – Schubert, Schumann, Verdi, E.T.A. Hoffmann, Hölderlin.

Kein Geist am kulturellen Firmament war Peter Härtling zu gross, als dass er sich nicht literarisch an ihn herangewagt hätte. Dabei vermied es Härtling, Gemälde von künstlerischen Titanen zu zeichnen. Er zeigte sie als Menschen.

Dafür pflegte er vor dem Schreiben über seine historischen Protagonisten intensiv zu recherchieren. Und die Leerstellen, die zwingend blieben, füllte er behutsam mit Empathie.

Flucht vor der Armee

Härtling wäre in diesem Herbst 84 Jahre alt geworden. Er wurde im November 1933 in Chemnitz geboren und erlebte damit in früher Kindheit die Schrecken des Zweiten Weltkriegs. Prägend für ihn sei die Flucht vor der vorrückenden Armee gewesen, sagte er einmal, auch weil er damals, als 11-Jähriger, erstmals die Kraft der Kunst und der Musik erlebt habe.

Nach dem Zweiten Weltkrieg übersiedelt Peter Härtling nach Westdeutschland. Er arbeitet als Journalist und als Lektor, und treibt gleichzeitig die Schriftstellerei voran. Der Durchbruch gelingt ihm 1964 mit dem Roman «Niembsch oder der Stillstand», einem Künstlerroman über den Dichter Nikolaus Lenau, der allmählich dem Wahnsinn verfällt.

Rhythmische Erzählung

In diesem Werk zeigt Härtling erstmals seine Gabe, einen historisch-biographischen Stoff mit der für ihn typischen Mischung von Empirie und Fiktionalität in die Gegenwart zu transportieren.

Zu seinem ersten Meisterwerk gerät zwölf Jahre später dann der Roman «Hölderlin», auch dieses Mal über einen Dichter, dessen Genialität mehr und mehr vom Irrsinn überschattet wird. Härtlings Hölderlinbuch sticht durch seine sprachliche Musikalität heraus.

Neben seinen Künstlerromanen, seiner Lyrik und seinen zeitkritischen Essays schreibt Peter Härtling auch für Kinder. Aus Wut heraus, wie er einmal sagt. Weil die Kinderliteratur so furchtbar schlecht gewesen sei, damals in den 1970er-Jahren.

Jeder Kinderbrief wurde beantwortet

Sie hätten nichts zu tun gehabt mit der Sprache junger Menschen. Mit Werken wie «Hirbel» oder «Ben liebt Anna» und vielen späteren Werken erreicht Härtling schnell auch das junge Publikum. Dies ist bis heute so geblieben. Bis zuletzt erhält er von Kindern «Berge von Post». Härtling soll alle Briefe stets beantwortet haben. Bis heute.

Er starb im Alter von 83 Jahren nach kurzer schwerer Erkrankung. Man trauere «um einen langjährigen Autor und Freund» und «verneige sich vor dessen literarischen Lebensleistung», teilte sein Verlag Kiepenheuer & Witsch mit.

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