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Musik Jazz-Pianist, Tausendsassa, Inferno: Christoph Baumann

Mit einem Paukenschlag beginnt die lange Karriere von Christoph Baumann. 1978. Das «kochende Inferno». Der Pianist ist seit über 35 Jahren mehrgleisig unterwegs: als Instrumentalist, Bandleader, Konzepter, Komponist für fast alle Gelegenheiten. Immer mit ernsthaftem Witz!

Besser kann man eine Künstlerkarriere kaum beginnen: 1978 tourte ein Musiktheater namens «Jerry Dental Kollekdoof» durch die Lande und alle Medien berichteten: Die anarchistische Lust am Blödeln, der Witz und die Selbstironie gepaart mit musikalischer Qualität; der schiere Aufwand, eine Küche auf der Bühne aufzubauen, in der wirklich gekocht wurde für einen einsamen Gast, der mitten im Publikum thronte – das alles hatte man bisher nicht erlebt.

Kopf der Truppe, als Komponist, Pianist, Dirigent, Schauspieler, Regisseur und Ideengeber war der 24-jährige Wettinger Christoph Baumann. Das Fernsehen zeichnete die Produktion damals auf, eine LP wurde aufgenommen, und viele, die dabei waren, auf der Bühne oder im Publikum, erzählen noch heute von dieser unbändigen Lust, alles auf den Kopf zu stellen.

Denkverbote gibt's nicht

«Das Kochende Inferno», so der Name der Produktion war ein erstes Statement Christoph Baumanns. Viele weitere sollten folgen, und das gemeinsame Merkmal aller Baumann‘schen Arbeiten ist wohl fehlender Respekt. So gesehen ist im «Kochenden Inferno» schon der ganze Baumann drin. Die Musik changiert zwischen Frank Zappa, dem Willem Breuker Kollektief (daher der Name!) und Nino Rota, und das Sich-Hinwegsetzen über musikalische Denkverbote, die Lust an Spartenübergreifendem mit Musik und Theater, Klamauk und ernsthafter Auseinandersetzung mit Dramaturgie ist bis heute Teil von Christoph Baumanns Schaffen.

Der Hunderttausendsassa

Portrait Christoph Baumann
Legende: Christoph Baumann ist mehr als ein Grenzgänger zwischen den Genres, er ist grenzenlos. SRF

So liefen in den vergangenen fast vier Jahrzehnten in seiner Arbeit immer verschiedene Stränge nebeneinander her.

Zum Beispiel der Jazz: Christoph Baumann würde sich selber wohl als Jazzmusiker bezeichnen, – Jazz als Sprache, Improvisation als Ausdrucksmittel und Freiheit als Prinzip. Während der ganzen Zeit übrigens waren es immer wieder dieselben Kollegen, mit denen er spielte. Der Bassist Hämi Hämmerli, früher der Saxophonist Urs Blöchlinger, der Schlagzeuger Tony Renold. Christoph Baumann ist ein treuer Mensch.

Eine zweite Schiene ist die Latin-Musik. Seit den 80er-Jahre schrieb und spielte Christoph Baumann Afrokubanische Musik, auch diese natürlich gerne abenteuerlich und gegen den Strich gebürstet. Nicht zufällig hiess eine seiner Formationen «Latin Adventures».

Kein Stein bleibt auf dem Anderen

Nur im scheinbaren Gegensatz dazu steht die Auseinandersetzung mit dem schweizerischen musikalischen Erbe. Denn auch hier bleibt bei Baumann kein Stein auf dem anderen. Grossen Anteil an dieser Seite dürfte der Innerschweizer Autor Franz-Xaver Nager haben. Mit ihm zusammen schrieb Christoph Baumann vier Sprechopern. Von «Attinghausen» 1993 bis zu «Wysel» 2012, wo die fiktive Geschichte der Erfindung der Schweizer Ländlermusik erzählt wird. Das Theater, die Bühne, die Leinwand auch, begleiten Christoph Baumann seit den frühen Tagen des «Kollekdoof.»

Bei einem, der so vieles macht, dem vieles auch ziemlich leichtfällt, kommt schnell der Verdacht eines Hans-Dampf-in-allen-Gassen auf, der – weil er‘s eben kann – schnelle Konfektion liefert. Allerdings: Wenn er es noch wollte, würde dies Christoph Baumann kaum gelingen. Denn eine Konstante zieht sich ebenso durch seine künstlerische Vita: Wenns normal und voraussehbar wird, wenn die Wiederholung von etwas schon Dagewesenen droht, verweigert sich Christoph Baumann. Denn: Langeweile kann er nicht ausstehen.

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